Jagd auf den Mittelstand. Wie in anderen Marktsegmenten, haben auch die Server-Hersteller die mittelständische Klientel ins Visier genommen. Doch dem stark steigenden Absatz stehen nur moderate Umsatzzuwächse entgegen.
IBM hat die hoch-leistungsfähigen i5-Server 520 und 570 speziell für den Mittelstand entwickelt.
Foto: IBM
Mit Servern lassen sich in Deutschland wieder Geschäfte machen. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres deuten hier zu Lande die Zeichen auf Sturm: Im mittleren Segment (x86-Server) wuchs der Stückzahl-Absatz laut IDC um sage und schreibe 31,5 Prozent auf 78017 Einheiten.
Diese Steigerungsraten mussten sich allerdings einige Anbieter mit niedrigen Preisen erkaufen, weshalb der Umsatz im gleichen Zeitraum nur um 14,7 Prozent zunahm. Vor allem Dell, aber auch Fujitsu-Siemens und IBM drehten an der Preisschraube. "Ursache für die sinkenden Preise ist der Dollar-Verfall. Dadurch ist der Durchschnittsverkaufspreis stark gefallen. FSC orientiert sich an der Marktentwicklung. Wir legen großen Wert auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis.", erklärt Bernhard Brandwitte, Business Manager Server Systeme bei Fujitsu Siemens Computers.
Marktführer Hewlett-Packard indes konnte seine Position weiter auf einen Marktanteil von 37 Prozent ausbauen und legte auch im Umsatz überdurchschnittlich um 22,4 Prozent zu. "Neueste, unabhängige Studien haben ergeben, dass die aggressive Preispolitik beispielsweise von Dell keine nachhaltige Kundenzufriedenheit beziehungsweise -bindung garantiert. Danach spielt der Produktpreis keine dominierende Rolle bei der Kaufentscheidung. Vielmehr kommen gerade in komplexeren Anwendungsumgebungen Nutzenargumente wie umfassendes und durchgängiges System-Management sowie berechenbare Entwicklungsstrategien der Hersteller zum Tragen", betont Andreas Grewing, Hewlett-Packard Manager ISS Product Marketing.
Zwar erwartet der Großteil der Server-Anbieter, dass sich die Preisentwicklung nun stabilisiert. Dies allerdings steht in Widerspruch zu dem Trend, verstärkt kleine und mittlere Unternehmen zu adressieren. Hewlett-Packard beispielsweise hat in diesem Jahr seine Produktpalette im Bereich der x86-Server erheblich ausgeweitet. Die Strategie ist bei fast allen Herstellern, dem Mittelstand die Standards von Großrechnern zu erschwinglichen Preisen anzubieten. Trotz des dadurch stattfindenden Preis-verfalls offensichtlich ein Konzept, das sich auszahlt.
Bernhard Brandwitte, Business Manager Server Systeme bei Fujitsu Siemens Computers: "Ursache für die sinkenden Preise ist der Dollar-Verfall".
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Denn die Ansprüche an Datennetze und Speicherkapazitäten sind in jüngster Zeit rapide gestiegen - und das Ende ist noch lange nicht erreicht. Neue Gesetze schreiben immer strengere Regelungen für die Dokumentation und Aufbewahrung von Geschäftsvorgängen und E-Mail-Verkehr vor. Die Gewährung von Bankkrediten wird zunehmend davon abhängig gemacht, ob ein Unternehmen eine funktionierende IT-Infrastruktur vorweisen kann. Schließlich können Totalausfälle über eine längere Zeit hinweg zum geschäftlichen Ruin führen.
Deshalb müssen nach Jahren der Investitionszurückhaltung nunmehr auch mittelständische Unternehmen Geld in die Hand nehmen, um die elektronische Datenverarbeitung auf soliden Untergrund zu stellen. Natürlich gilt auch hier weiterhin die Devise: So preisgünstig wie möglich. Und gerade in diesem Bereich kommen die Anbieter den Kunden weitestgehend entgegen, nicht nur, was den Kaufpreis anbelangt, sondern auch in Bezug auf den Return on Investment. Dieser bietet sich den Kunden durch bessere Ausnutzung vorhandener Speicherkapazitäten, durch höhere Flexibilität der Systeme und geringeren Wartungsaufwand.
IBM hat sich die Entwicklung der neuen, exakt für den Mittelstand konzipierten e-Server i5 ganze 500 Millionen Dollar kosten lassen. Eine Express Edition für Unternehmen ab fünf Mitarbeitern ist für einen Startpreis von 9990 Euro erhältlich. Die i5s sind mit dem 64-Bit Mikroprozessor Power5 ausgestattet. Dieser Chip besitzt zwei Prozessorkerne und kann damit bis zu vier Anwendungsschritte gleichzeitig abarbeiten, was die Zeit zur Erfüllung einer Rechenaufgabe beträchtlich verringert. "Damit liegen wir in dieser Klasse im oberen Bereich", urteilt Andreas Heincke, IBM-Produktmanager.
Ein Alleinstellungsmerkmal der i5-Server ist laut Heincke die Virtualization Engine, die bisher nur im Mainframe-Bereich eingesetzt wurde. Diese komplexe Technologie ermöglicht die effektivere Ausnutzung vorhandener Ressourcen. Durch Partionierung laufen verschiedene Betriebssysteme gleichzeitig auf demselben Server, was vor allem Hardwarekosten spart. Die Logische Partionierung (LPAR), also das Zuschalten zusätzlicher Ressourcen ohne den Rechner runterzufahren, ist seit 1999 bekannt. Der i5 allerdings erkennt selbsttätig hohe Datenbelastungen und schaltet automatisch die Partionierung hinzu.
Quelle: IDC Quarterly Server Tracker, 2004
Frank Stöcker, Maxdata Product Manager: »Bei Servern arbeiten wir fast ausschließlich nach dem BTO-Prinzip.«
Foto: Maxdata
"Kunden setzen heute ihr Investment sinnvoll ein. Die Unternehmen wollen nur bezahlen, was sie auch benötigen. Deshalb stellen wir Kapazitäten auch on demand zur Verfügung", berichtet Heincke weiter. Der i5-Server 570 wird mit "schlafenden" Prozessoren ausgeliefert, die bei hohem Datenaufkommen, beispielsweise zum Jahresabschluss, mit einem Software-Schlüssel scharf gestellt werden können. Dabei braucht der Kunde die Kapazitäten nicht großartig zu bestellen: Den Software-key hat er gleich dazu gekauft, die Informationen über die Nutzungszeiten werden übers Internet weitergegeben.
"Entscheidend für die flexible und effiziente Nutzung einer IT-Infrastruktur im mittleren Segment sind heute schon Mechanismen zur automatisierten Bereitstellung von Serverkapazität. Einen Schlüssel hierzu stellt das HP Rapid Deployment Konzept dar", fügt HP-Manager Grewing hinzu. Hiermit lassen sich sowohl herkömmliche Serverarchitekturen als auch Blade Server schnell für spezifische Aufgaben einsetzen. HP bietet zudem automatisierte Hardwareüberwachung und präventive Fehlervermeidung sowie Versionskontrolle und -aktualisierung mit dem Systems Insight Manager an.
Auf Computer, die mitdenken, setzt auch FSC mit FlexFrame, einer speziellen Lösung für mySAP. Das System ist vergleichbar mit Prozessen im menschlichen Körper: Gibt es eine Wunde, so wird diese durch Selbstheilungsaktivitäten wieder verschlossen. Die FlexFrame-Technologie ermöglicht dem Rechner, sich selbst zu kontrollieren und Fehler zu beseitigen. Oder bei Überbelastung weitere Ressourcen automatisch dazu zu schalten. "Damit kann man IT-Kosten von bis zu 25 Prozent einsparen. FlexFrame wird schon von mehr als 20 Kunden eingesetzt. Es wird hohen Ansprüchen gerecht", sagt Brandwitte.
Ein weiteres Thema sind bei FSC Blade Server, die sich für den gehobenen Mittelstand eignen. Der Primergy BX 600 bietet sich - bei hohen Ansprüchen an die IT-Infrastruktur - schon bei Unternehmen ab 200 Mitarbeitern an. "Ein wichtiges Argument für die Kunden ist, dass die Blades enorm Platz sparend sind. Außerdem sollen die Systeme möglichst autark sein, sprich: wenig Wartungsaufwand, und wenn doch, dann möglichst einfach zu lösen", so Brandwitte.
Auch bei HP herrscht die Ansicht, dass Blade Architekturen aus der "nice to have"-Ära herausgewachsen sind. Zunächst hatten sich die superdünnen und hoch modularen Server über Nischenanwendungen wie beispielsweise im Telekommunikationsbereich den Weg ins Rechenzentrum geebnet. Mittlerweile sind für viele Anwender die flexible Erweiterbarkeit von Serverkapazität und intelligente Deployment- Mechanismen bezüglich Betriebssystemen und Anwendungen, die zeitabhängig unterschiedliche Nutzung vorhandener Ressourcen ermöglichen, unverzichtbar. "HP hat dieser Entwicklung mit der Ankündigung spezieller Lösungen wie der ProLiant LC Serie Rechnung getragen", sagt Andreas Grewing.
"Vor zwei Jahren gab es in Deutschland eine Rieseneuphorie wegen der Blade Server", erinnert sich Peter Dümig, Produktmanager Server bei Dell. "Anfangs aber waren viele Produkte nicht kompatibel. Man kaufte ein Chassis und die nächste Generation passte nicht mehr hinein. Und technische Probleme sowie die hohen Preise verhinderten den Einsatz. Aber demnächst werden die Blades der ganz normale Standard sein, ähnlich wie es bei den Flachbildschirmen war."
Konkurrenz könnten die etablierten Hersteller künftig von dem taiwanesischen Konzern Tatung bekommen. Das sieben Milliarden Dollar Jahresumsatz schwere Unternehmen ist in Deutschland noch wenig bekannt, weil seine IT-Produkte hier zu Lande bislang übers OEM-Geschäft vertrieben wurden. Unter anderem mit Blade Servern wollen die Taiwaner jetzt den Deutschen Markt erobern und dabei den Umsatz von null auf 50 Millionen Euro hochschnellen lassen. Garant dafür soll der ehemalige Intel-Manager Martin Böttner sein, der vor allem auf ein attraktives Servicekonzept setzt.
Auch Maxdata setzt darauf, den Kunden nur zu verkaufen, was sie wirklich benötigen. "Im Serverbereich produzieren wir fast ausschließlich Build to Order. Der Kunde kann ganz individuell seinen Server zusammenkonfigurieren", so Maxdata Product Manager Germany Frank Stöcker. Eine Taktik, die sich auszuzahlen scheint. Denn Maxdata verzeichnet zwar nur ein Stückzahlwachstum von 8,6 Prozent, allerdings ist der Umsatz um 17,3 Prozent gestiegen.
Dabei vertreibt Maxdata ausschließlich über den Fachhandel. Der bekannte Direktvermarkter Dell hingegen fertigt ebenso Build to Order, sieht jedoch durch die Aussparung des Fachhandels einen Vorteil: "Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Advanced Systems Group, eine spezielle Consulting Truppe. Sie hat direkten Zugriff auf alle unsere Ressourcen. Das haben Fachhändler nicht. Außerdem bekommt der Kunde immer bestes Know-how aus erster Hand. Diese Besonderheit ist langanhaltend. Produktneuerungen überholen sich innerhalb kürzester Zeit", so Dell-Manager Dümig.
"Wir haben eine enge Partnerschaft mit Intel. Allerdings schauen sich unsere Spezialisten zudem auf dem Markt um."
Peter Düming, Produktmanager Server bei Dell
Intel legt nach
Bleibt die permanente Gretchenfrage der Server-Industrie: Intel oder AMD. Immerhin setzt der Gigant HP neben Intel auch auf die Opteron Technologie von AMD. Einerseits, um nicht in Abhängigkeit von einem Prozessor-Hersteller zu geraten, andererseits bietet Opteron schon heute den Vorteil, auf einer Plattform sowohl einfache 32-Bit als auch anspruchsvolle 64-Bit Applikationen zu konsolidieren. "AMD hat mit den Opteron Serien 200 und 800 attraktive Prozessoren zur Verfügung gestellt, die derzeit insbesondere hinsichtlich Stromverbrauch, Rechen- und I/O-Leistung eine interessante Alternative zu aktuellen Xeon-CPUs darstellen. Auch wenn Intel bereits wesentlich leistungsfähigere Nachfolger in Aussicht gestellt hat", so Grewing.
Und auch bei Dell scheint nicht das letzte Wort gesprochen. "Wir haben eine enge Partnerschaft mit Intel. Allerdings schauen sich unsere Spezialisten zudem auf dem Markt um", verrät Dümig.