Jahresendgeschäft: Systemhäuser rechnen fest mit Umsatzwachstum. Steigende Auftragseingänge lassen Systemhäuser und IT-Dienstleister auf ein gutes Geschäft im zweiten Halbjahr hoffen. Angesichts des nur leicht wachsenden ITK-Markts in Deutschland werden wohl nur wenige IT-Häuser mit zweistelligen Wachstumsraten glänzen können. Die Talsohle aber ist durchschritten, der Optimismus wieder zurückgekehrt.
Einer Faustregel zufolge erzielen Systemhäuser im zweiten Kalenderhalbjahr rund 55 Prozent ihres Jahresumsatzes. Traditionell ist dabei das Schlussquartal der umsatzstärkste Abschnitt, da Geschäftskunden ihre bis dahin noch nicht ausgeschöpften IT-Budgets verstärkt für Investitionen nutzen. Vor allem kurzfristige Hard- und Softwareanschaffungen werden dann realisiert, längerfristige Projekte wie Storagelösungen sind davon nahezu ausgenommen. Verlassen kann man sich auf diese Faustregel aber nicht, denn beispielsweise können Lieferprobleme der Hersteller den Vertriebspartnern das Jahresendgeschäft gründlich vermasseln.
Beispiel Cancom: Das Apple-Systemhaus hat in der zweiten Jahreshälfte 2003 lediglich 46 Prozent seines Jahresumsatzes erzielt. Dies lag nur zum Teil an einer schwachen Nachfrage. Europas größter Apple-Händler machte vielmehr die Lieferschwierigkeiten des neuen Mac-Rechners G5 für seinen schwächeren Geschäftsverlauf verantwortlich. In diesem Jahr soll es vor allem in der zweiten Jahreshälfte aber wieder aufwärts gehen. Die Schwaben spüren, dass sich der Investitionsstau bei den Kunden aufzulösen beginnt und rechnen folglich mit einer guten Umsatzentwicklung in der zweiten Jahreshälfte. CEO Klaus Weinmann geht wieder von einem zweistelligen Plus beim organischen Wachstum aus. »Reibungsloser Verkauf bei G5-Rechnern und auslaufende Microsoft-Lizenzverträge« bestärken ihn, den Vorjahresumsatz von 192 Millionen Euro in diesem Jahr »um zehn bis 15 Prozent« zu steigern.
Zweistellige Wachstumsraten wie bei Cancom dürften aber die Ausnahme in der deutschen Systemhaus-Branche sein. Der ITK-Markt hierzulande zeigt sich zwar wieder robust, und es gibt Anzeichen für einen nachhaltigen Aufschwung. Die Perspektiven für ein Wachstum sind allerdings bescheiden. So rechnet der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in seinem jüngsten Branchenbarometer mit einem Umsatzplus von 2,5 Prozent in diesem Jahr auf ein Marktvolumen von 131 Milliarden Euro. Nach einer Nullrunde in 2003 und einem mehr als bescheidenen gesamtwirtschaftlichem Wachstum in Deutschland von geschätzten 1,7 Prozent für 2004 kann man die Freude des Bitkom-Präsidenten Willi Berchtold allerdings verstehen: »Die ITK-Branche bleibt auf dem Wachstumspfad.«
Optimismus schöpft Berchtold aus den Auftragseingängen. Sie wüchsen schneller als die Umsätze. »Ein gutes Zeichen für das Restjahr«, interpretiert Berchtold. Der bereits im Juni registrierte Aufschwung setzt sich also fort: »Der Nachfrageschub aus dem Frühjahr war kein Strohfeuer. Alles spricht dafür, dass sich der Investitionsstau im ITK-Sektor tatsächlich auflöst.«
Markttreiber sind vor allem Mobilfunkdienste, neue Medien und digitale Consumer Electronics (CE). 75 Prozent der Anbieter von Mobilfunkdiensten rechnen in diesem Jahr mit einem Umsatzplus. Bei der IT-Hardware, lange Sorgenkind der Branche, ist die im Frühjahr verkündete Wende nachhaltig: Knapp 53 Prozent der Hersteller rechnen 2004 mit einem höheren Gesamtumsatz als 2003, weitere 21 Prozent mit einem stabilen Geschäft. Für Software liegen die entsprechenden Werte bei 62 Prozent (Wachstum) und 24 Prozent (Stabilisierung), für IT-Services bei 54 Prozent und 19 Prozent. Ein echter Ausreißer nach oben sind nach Bitkom-Angaben die Anbieter von Telekommunikations-Infrastrukturen. Dieses Segment lag drei Jahre in Folge im Minus, jetzt berichten wieder 71 Prozent dieser Firmen von steigenden Auftragseingängen.
Eine Aufbruchstimmung wie in den besten Jahren der IT-Branche ist zwar nicht zu spüren, die Talsohle haben aber die meisten Systemhäuser und IT-Dienstleister in Deutschland tatsächlich hinter sich gelassen. »Computer Reseller News« befragte im August die größten IT-Häuser hierzulande nach ihren Umsatzerwartungen, und die sind bei den rund 100 teilnehmenden Firmen durchweg optimistisch ausgefallen. Knapp zwei Drittel der Unternehmen rechnen mit einem leichten Wachstum, 14 Prozent sogar mit deutlich besseren Umsätzen als im Vorjahr. Nur 17 Prozent gehen von stagnierenden Erlösen, lediglich drei Prozent von Umsatzrückgängen aus.
Mit ein Grund für den Optimismus ist die wieder gestiegene Ausgabenfreudigkeit der Geschäftskunden, die im vergangenen Jahr noch aus Kostengründen ihre Projekte verschoben oder IT-Budgets sogar massiv gekürzt hatten, wie unsere Schwesterzeitschrift »Informationweek« in der März-Ausgabe 3/4 berichtete. Jede dritte deutsche Firma will in diesem Jahr mehr Geld für IT und Telekommunikation ausgeben als in 2003. Diesen positiven Trend bestätigen nicht nur die von CRN befragten Systemhäuser, sie stellen bei mehr als der Hälfte ihrer Kunden sogar eine höhere Investitionsbereitschaft fest als noch zu Jahresbeginn. Einem guten Jahresendgeschäft steht somit eigentlich nichts im Wege.