Kooperation Bemi: Skandale und Turbulenzen sind passé

2. September 2004, 0:00 Uhr |

Kooperation Bemi: Skandale und Turbulenzen sind passé. Die Fachhandelskooperation Bemi steht mal wieder mitten in einer Aufbauphase. Schritt für Schritt sollen Partnerzahl und Dienstleistungen wachsen. Zentralregulierung kommt demnächst, über eine Eigendistribution wird nachgedacht.

Kooperation Bemi: Skandale und Turbulenzen sind passé

»Wir nehmen Bemi nicht wahr. Was machen die überhaupt?« Der Mann, immerhin Geschäftsführer einer großen Fachhandelskooperation, kennt den Verbundgruppenmarkt sehr gut, weiß, was um ihn herum passiert. Doch beim Stichwort Bemi reagiert er wie viele seiner Kollegen: Bemi war in der Vergangenheit allenfalls für Skandale und Turbulenzen gut. Und davon gab es seit der Gründung der Gruppe 1986 mehr als genug.

Robert Hartel sieht diese Diskussion leidenschaftslos. »Ich bin seit knapp zwei Jahren dabei und absolut überzeugt, dass Bemi wieder top wird.« Der 31-jährige Geschäftsführer der Bemi Computer Marketing GmbH in München lächelt nur, wenn er mit den Äußerungen seiner Mitbewerber konfrontiert wird. »Wir sind präsent, uns nimmt man wahr, wenn man uns wahrnehmen will«, kontert er. Und um beim Gesprächspartner gar nicht erst Zweifel aufkommen zu lassen, zeigt er auf eine Anzeigenseite in einer auflagenstarken Computerzeitschrift: »Wir schalten da regelmäßig Anzeigen, zeigen unsere aktuellen Produkte und führen außerdem unsere Partner auf.« Neu ist diese Marketingform nicht, trotzdem bleibt die Frage: Spielt Bemi in der Kooperationsszene überhaupt noch eine Rolle?

Für Hartel hat diese Frage keine Relevanz, denn seine Gruppe habe alle Voraussetzungen, die langfristiges Wachstum garantierten. Natürlich wisse er um die Turbulenzen, denen Bemi und vor allem deren Partner vor seinem Amtsantritt im September 2002 ausgesetzt waren. Die Gründer Becker und Mirre ? daher der Firmenname Bemi ? übergaben das Unternehmen 1990 an Carsten Frank, der noch heute etwa drei Prozent an der Bemi hält. Damit war die Kooperation mit dem Braunschweiger Distributor Frank & Walter liiert. Fünf Jahre später stieg Hans-Richard Reiners bei Bemi ein. Die Gruppe wurde 1999 auf etwa 400 Partner ausgebaut. Bis im Folgejahr IPC Archtec die Kooperation übernahm: Von da an ging es richtig rund: Bemi zog von Braunschweig nach Olching um, mit ihr die vor allem auf Komponentenvertrieb spezialisierte IT-Com. Zwischen Reiners und IPC-Chef Hermann Krassler flogen die Fetzen, Reiners wurde geschasst, als der ehemalige Chefeinkäufer des Rewe-Konzerns, Alexander Schneider, bereits auf den Bemi-Chefsessel gehoben worden war. Parallel dazu gab es noch ein paar Ungereimtheiten bei der Bemi-Mutter IPC Archtec. Unter anderem wurden Mitte 2002 etwa 40.000 HP-Drucker vermisst. Eingangs- und Ausgangsbelege stimmten nicht überein.

Als Robert Hartel im September 2002 zu der Kooperation kam, lag die Gruppe ziemlich am Boden. Kaum mehr als 50 Partner gehörten der Bemi an. Hartel ließ sich davon nicht beirren, wie er im Gespräch mit CRN sagt. Der ehemalige Marketingleiter bei PC Spezialist habe sich ziemlich schnell von IPC Archtec freischwimmen können. Obwohl IPC nach wie vor etwa 74 Prozent an Bemi hält, plus etwas über 20 Prozent der Hongkong IPC, »können wir völlig autark arbeiten«. Gleichwohl schränkt er ein, dass der größte Teil der Administration über den Mehrheitsteilhaber abgewickelt wird. »Deshalb brauchen wir hier in der Zentrale sieben Mitarbeiter, davon drei Vertriebler, die für Außendienst, Betreuung und Partnergewinnung zuständig sind sowie einen Mitarbeiter für den Einkauf«, begründet Hartel die Organisationsstruktur.

Stolz ist der Geschäftsführer auf die neu hinzugewonnenen Partner. »2002 hatten wir rund 80 Bemi-Partner. Ende vergangenen Jahres waren es schon 120 und bis Ende 2004 rechne ich mit 170 bis 180 Mitgliedern.« Mittelfristig kann er sich einen Mitgliederzuwachs bis zu etwa 1.000 Partner vorstellen. Doch wichtiger sei ihm ? aber das sagen alle Kooperations-Chefs ? die Qualität der Partner. Bei Bemi betreiben etwa 65 Prozent der Mitglieder ein Ladengeschäft, 25 Prozent bezeichnet Hartel als Systemhäuser und der Rest verteile sich in verschiedene Handelsformen, so beispielsweise auch Internethändler. Zurückhaltend hingegen verhält sich Hartel bei der Umsatz-Frage bei Bemi. Offener hingegen reagiert er auf Details der Partner. Demzufolge würden alle Partnerbetriebe zusammen über 500 Mitarbeiter verfügen. Den Außenumsatz seiner Mitglieder schätzt er auf netto 120 Millionen Euro.

Neben dem kontinuierlichen Ausbau der Partnerzahl will Hartel Schritt für Schritt das Dienstleistungsangebot erweitern. Das erscheint durchaus sinnvoll. Zwar werden gängige Leistungen wie Rechtsberatung, Versicherungspakete, Finanzierungs- und Leasingangebote für Endkunden, Beratung und Unterstützung bei Finanzierungsfragen für die Partner, Projektunterstützung und natürlich Werbeflyer mit Partneraufdruck angeboten. Doch auf eine Zentralregulierung müssen die Bemi-Partner mindestens noch bis zum nächsten Jahr warten. »Wir arbeiten dran und 2005 wird es soweit sein«, fügt Hartel hinzu. Parallel dazu werden Lösungen für den Zahlungsverkehr über EC-Cash erstellt. »Ab kommenden Jahr kann nur noch über spezielle Geräte mit EC-Karten beim Händler gezahlt werden. Das ist eine EU-Verordnung. Dafür bieten wir unseren Partnern bereits Lösungen an.«

Das alles kostet natürlich den Partnern Mitgliedsbeiträge. Hartel nennt als Einstiegsgebühr 49 Euro, die allerdings weder Vertriebsunterstützung, noch Marketing und Rechtshilfe beinhaltet. »Ab 99 Euro gibt es dann die richtige umfassende Unterstützung«, fügt er hinzu. Wer allerdings nicht nur Fullservice, sondern auch regelmäßig mehrere tausend Flyer mit persönlichem Eindruck benötigt, erreiche schnell eine Beitragshöhe, die deutlich über eintausend Euro liegt. »Aber da sind so viele Werbemaßnahmen dabei, dass sich diese Investition auf jeden Fall rentiert.«

Der Bemi-Geschäftsführer ist »absolut davon überzeugt, dass es bei uns keinen Partnerschwund mehr geben wird«. Denn bei Neumitgliedern legt er Wert darauf, dass sie das Handelsgeschäft bereits kennen, vielleicht sogar schon einen Laden oder ein Systemhaus betreiben. Um konkurrenzfähig sein zu können, bietet Bemi den Mitgliedern vor allem attraktive Produkte rund um den PC an. Dazu gehört auch die Eigenmarke »chiligreen«. »Außerdem verpflichten wir niemanden, nur bei Lieferanten zu bestellen, die wir gelistet haben. Wenn ein Partner bei einem anderen Anbieter bessere und günstigere Produkte findet, soll er ruhig dort einkaufen.«

Das kann sich unter Umständen mal ändern. Denn Hartel hat bereits jetzt Pläne für eine Eigendistribution in der Schublade. »Wenn wir 400 Partner haben, dann rechnet sich so etwas.« Vor den Risiken und Kosten für die Logistik hat der Bemi-Chef keine Angst. Schließlich würde er auch da auf die IPC-Organisation zurückgreifen.

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INFO

Bemi Computer Marketing GmbH
Bodenseestraße 29, D-81241 München
Tel. 089 897366-100, Fax 089 897366-200
www.bemi.de


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