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Kopfnuss

Lehrreich: Bildungsinhalte neu erfunden

Faul, unflexibel, überbezahlt und von Berufs wegen rechthaberisch: Das schlechte Sozialprestige deutscher Lehrer wird lediglich vom noch negativeren Image des Journalisten übertroffen.

Autor:Redaktion connect-professional • 17.10.2007 • ca. 1:20 Min

Dass der Beruf des Lehrers in der Öffentlichkeit so schlecht ankommt, ist psychologisch völlig nachvollziehbar. Die Pädagogen trifft die späte Rache aller Gepeinigten und Geschundenen, die früher wegen mathematischer oder sprachlicher Unzulänglichkeiten von den Paukern in die Mangel genommen wurden und sich nun, da sie überraschenderweise dennoch zu was gekommen sind, um Bildungsinhalte sorgen. Die einstigen Pennäler sind heute Marketingleiter, Verbandsfunktionäre oder beides zusammen und fordern in Summe nichts anderes als die Unterwerfung der allgemeinen Bildung unter spannende Herausforderungen unserer Zeit.

»Deutsch, Mathe, Englisch, Klimaschutz«, so wirbt nicht etwa Greenpeace für ein neues Unterrichtsfach, sondern der Mineralölkonzern BP. Und da die Lehrer bekanntlich faul sind, liefert der Ölmulti eine CD-ROM, auf der alles rund um das Thema Klimaschutz didaktisch sauber aufbereitet ist. Der Tenor: Es gibt immer noch viel größere CO2-Dreckschleudern als das Auto. Der Standby-Modus bei Fernsehern und Computern gehört dazu.

Das ist natürlich blöd, weil der ITK-Branchenverband Bitkom dazu aufruft, das Unterrichtsfach Informatik an allen Schulen zu etablieren – gleichberechtigt neben den traditionellen Fächern. Dazu braucht man mehr Computer und – Microsoft sei Dank – Excel, damit man nicht etwa den Stromverbrauch aller deutschen Rechenzentren ermitteln, sondern die CO2-Emission des deutschen Autoverkehrs errechnen kann.

Apropos Emissionen: Die Europäische Union der Hörgeräteakustiker e.V. will auch ihr Unterrichtsfach an Schulen eingeführt wissen und setzt sich massiv für das bislang leider noch völlig unterbewertete Thema Zuhören als Kernfach in Schulen ein. Man kann Schülern schließlich nicht früh genug lehren, dass es heute bereits binaurale Hörsysteme gibt nach dem Konzept: zwei Ohren, zwei Geräte, ein Nutzer. Ein hoch spannendes, zukunftsweisendes, ja existenzielles Thema, vor allem für MP3- Gerätehersteller. Wer – außer Apple – weiß denn schon, dass man für die übernächste Generation von iPods ein Abspielgerät für das linke und eines für das rechte Ohr braucht? Lehrer jedenfalls nicht, denn sie sind ja faul, unflexibel, rechthaberisch – und Zuhören war noch nie ihre Stärke.