Lenovo baut das Partnerprogramm um
Lenovos Channelgeschäft läuft gut, vor allem wegen Windows 11. Der neue Channel-Chef will aber auch den Datacenter-Bereich voranbringen. Zum neuen Geschäftsjahr gibt es deshalb eine einschneidende Veränderung im Partnerprogramm, auf die sich die Partner vorbereiten müssen.
Mit Michael Neuhold hat Lenovo seit Juli 2025 einen neuen Verantwortlichen für das Partnergeschäft. Der Channel ist für den neuen Head of Channel Germany & Austria kein Neuland. Neuhold war bisher für den indirekten Vertrieb in Österreich verantwortlich und kennt Lenovos Partner-Landschaft gut, wie er im Gespräch mit connect professional berichtet.
Sein Ziel sei es, die Partnerbasis auch weiter zu verbreitern. Schließlich sei Lenovo ein Vollsortimenter, der „from pocket to Cloud“ die ganze Bandbreite von Smartphones, über Workplace und Infrastruktur bis zur Cloud behrrsche. Vor allem will der Hersteller künftig noch mehr Dienstleistungen und Services anbieten. Denn das sei „sticky business“, das die Kunden langfristig an den Hersteller binde.
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Steigender Service-Anteil
Dabei wolle Lenovo aber keinesfalls das Geschäft seiner Partner kannibalisieren, betont Neuhold, sondern es vielmehr „veredeln“. Das sei auch im Sinne der Partner, von denen immer mehr anfragen, ob der Hersteller nicht standardisierte Services, beispielsweise Hardware-nahe Dienstleistungen für sie übernimmt, damit sie sich auf komplexe Lösungen konzentrieren können. „Es gibt immer wieder Partner, die sagen, ich muss nicht mehr jeden Teil der Dienstleistungskette selbst erfüllen. Ich habe teilweise die Ressourcen gar nicht, ich möchte meine Consultants, meine Serviceleute auf die wirklich komplexen und technologisch fortschrittlichen Projekte ansetzen“, erläutert Neuhold.
Bei Lenovo macht sich der steigende Service-Anteil inzwischen tatsächlich bemerkbar. „Vor zehn, fünfzehn Jahren habe der größte Teil des Geschäfts noch aus „Boxmoving“ von Hardware-Produkten bestanden. „Mittlerweile wird unser Geschäft immer immaterieller. Das bedeutet, dass die Beratungsleistung, die von Kunden aber auch von Partnerseite gefordert wird, mehr Relevanz bekommt“, berichtet der Channel-Chef.
Heute erwirtschafte der Konzern fast 50 Prozent seines weltweiten Umsatzes mit Dienstleistungen und Infrastrukturlösungen. Die andere Hälfte trägt aber immer noch das PC-Geschäft bei.
Anreize für „Cross Portfolio Selling“
Wie bei einigen anderen Herstellern mit großem Portfolio liegt auch Lenovo seit Jahren am Herzen, dass seine Partner aus möglichst vielen Produktbereichen verkaufen.
Die meisten Partner kommen traditionell aus dem einst von IBM übernommenen Workplace-Geschäft mit PCs und Notebooks. Sie sollen aber auch die Datacenter-Lösungen verkaufen. Um das stärker zu incentivieren zieht Lenovo zum Beginn des neuen Geschäftsjahres die Stellschrauben an:
Ab dem 1. April 2026 werden die Partner-Vorgaben für Workplace und Infrastruktur zusammengelegt. Partner können dann ihren Status nicht mehr allein für einen der beiden Bereiche erwerben, beispielsweise sich als Platin-Partner für Workplace-Systeme zertifizieren.
Die Umsätze aus beiden Produktbereichen werden dann addiert. In den obersten Partnerstufen wird es zudem Mindest-Thresholds geben, berichtet Neuhold.
Auch die Rückvergütungen werden entsprechend angepasst. Die höchsten Boni gibt es künftig, wenn Partner in beiden Bereichen Geschäfte machen. Noch sind nicht alle Details ausgearbeitet. Die Partner wurden zur Jahresmitte aber bereits über den Akkreditierungskatalog informiert. Sie können sich jetzt bis Jahresende auf die neuen Vorgaben bei Umsatz und Kompetenzen vorbereiten, bevor diese dann am 1. April für die neue Einstufung wirksam werden.
Standard-Server in zehn Tagen
Lenovo komme aus einer Marktstellung mit starken PC-Fokus, so Neuhold. „Aber wir haben den klaren Anspruch, auch bei Infrastruktur die Nummer eins zu werden“.
Im Datacenter-Bereich hat der Hersteller deshalb schon einige Anstrengungen unternommen, um das Geschäft voranzutreiben. Die jüngste Maßnahme heißt „Top Choice Express“. Das neue Go-to-Market-Modell für den Datacenter-Bereich zielt darauf, den Partnern standardisierte Produkte zur Verfügung zu stellen.
„Wir haben früher sehr auftragsbezogen gefertigt und hier auch oft sehr lange Lieferzeiten gehabt“, so Neuhold. Ein großer Teil des Bedarfs ließe sich aber standardisieren und in Lenovos europäischer Fabrik in Ungarn vorhalten. Bestellungen für solche Produkte mit bevorrateten Komponenten ließen sich so künftig innerhalb von maximal zehn Tagen von Bestelleingang bis zur Auslieferung beim Endkunden abarbeiten.
Mehr Experimentierfreude bei AI
AI ist auch bei Lenovo das Top-Thema der kommenden Jahre. Und über mangelndes Interesse kann sich Neuhold auch nicht beschweren. Es gebe aber auch noch viel Unsicherheit bei Partnern wie Kunden. „Wir haben noch nie so viele Anfragen bekommen, wie jetzt nach Unterstützung bei AI-Projekten.
Deshalb habe Lenovo auf dem Partner-Kickoff im Mai auch das neue „AI Fast Start“-Programm gestartet, um erste Schritte mit den Partnern in die neue Technologiewelt zu gehen. Die Resonanz darauf sei sehr gut.
Viele Kunden seien bei AI allerdings noch in der Findungsphase und würden vor allem Bestandsanalyse machen. Aber dabei dürfe es nicht bleiben, appelliert Neuhold. Es fehle nicht an technischen Kompetenzen, aber der Channel müsse deutlich experimentierfreudiger werden. „Bei AI gibt es kein fertiges Produkt. Das ist eine Grundlagentechnologie, die immer weiterentwickelt wird.“ Er fordert die Partner deshalb auf, mutiger an AI heranzugehen: „Wir brauchen mehr Mut im deutschen Channel, auch mit unfertigen Produkten an die Kunden zu gehen und diese auf die Reise mitzunehmen.“