Letzter Versuch bei COS Österreich

3. Juni 2004, 0:00 Uhr |

Letzter Versuch bei COS Österreich. Die COS Gruppe greift hart durch. Bis zum Jahr 2005 sollen alle Gesellschaften auf Vordermann gebracht werden. Besonders die Distribution in Österreich. Dort muss mehr als die Hälfte der Mitarbeiter, mit ihnen Geschäftsführer Walter Lampel, gehen. Die Lieferantenzahl wird auf 30 Hersteller reduziert.

Letzter Versuch bei COS Österreich

Die COS Computer Systems AG in Baden, Schweiz, kommt nicht zur Ruhe. Während die deutsche Distributionstochter in Linden über »eine gute Position im Distributionsmarkt verfügt und die COS Memory [mir] ausgesprochen viel Freude bereitet«, ist Distributions-Chef Peter Becker mit der Entwicklung in Österreich überhaupt nicht zufrieden. »Wir müssen die Verlustquellen anpacken und mit dem richtigen Schritt wieder profitabel werden«, fordert er.

Das muss Becker, der im Konzern als Leiter des Geschäftsbereichs Distribution den Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz vorsteht, noch in diesem Jahr gelingen. Denn mit dem Großhandelsgeschäft steht und fällt die COS-Gruppe. Mehr als 90 Prozent des Gesamtumsatzes von 652 Millionen Euro werden durch die Distribution erwirtschaftet. Die anderen Geschäftsbereiche wie Systemintegration und der Online-Shop Avitos spielen deshalb in der Bilanz nur eine untergeordnete Rolle. Außerdem hat Konzernchef Kurt Früh vor knapp zwei Monaten bei der Präsentation der Geschäftszahlen 2003 ganz unmissverständlich für das laufende Jahr gefordert: »Wir brauchen eine nachhaltige und robuste Rentabilität des Distributions- und Systemintegrationsgeschäfts.«

Während das Großhandelsgeschäft in der Schweiz langsam wieder in Schwung kommt, hängen die Kollegen in Österreich noch durch. Mit knapp 36 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr belegt der Zwischenhändler in Wien zwar Rang fünf in der österreichischen Distributorenskala, aber Staat ist damit wahrlich nicht zu machen ? immerhin liegt das Umsatzvolumen aller Distributoren in Österreich bei etwa 1,2 Milliarden Euro (CRN 21/2004, Seite 8). Die beiden Marktführer, Tech Data und Ingram Micro, erwirtschaften jeweils über 200 Millionen Euro. Mehr noch: 2002 lag der COS-Umsatz in der Alpenrepublik wenigstens noch bei etwa 65 Millionen Euro. Der Einbruch um gut 44 Prozent und eine ebenfalls negative Entwicklung bei der Bruttomarge lasten schwer auf dem Grossisten in Wiener Neudorf, dem die SAP-Einführung noch immer schwer im Magen liegt.

Als Konsequenz zogen im April vergangenen Jahres Distributions-Chef Becker und der damalige CEO Roland Apelt die Notbremse: Geschäftsführer Rigo Hess musste gehen, Becker übernahm kommissarisch die Leitung, bis im August dem altgedienten österreichischen COS-Prokuristen Walter Lampel die Geschäftsführung übertragen wurde. Damals wie heute lobt Becker die Leistungen Lampels »bei der SAP-Umstellung und der Reorganisation«.

Dieses Guthaben nutzte aber nichts. Am Dienstag vergangener Woche war alles nur noch Makulatur. Walter Lampel musste gehen. »Der Personalbestand wird von heute 38 Mitarbeitern um rund 20 Stellen gekürzt«, heißt es offiziell. Gleichzeitig wird die operative Leitung der Gesellschaft an Gunnar Dörr übertragen. Auf die Frage, ob damit das langsame Sterben der COS in Österreich beginnt, kontert Becker vehement: »Wir müssen alle Einsparpotenziale nutzen, um 2005 wieder ein ausgeglichenes Ergebnis vorweisen zu können.« Deshalb werde Dörr auch nicht die Position eines Geschäftsführers innehaben.

Im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen wird die österreichische COS auch die Lieferantenanzahl auf maximal drei für jede Produktgruppe beschränken. »Mit etwa 30 Lieferanten haben wir alle wichtigen Player im Angebot und können das Vollsortiment aufrecht erhalten«, erläutert er. Gleichzeitig kalkuliert Becker damit, dass man von der geplanten SAP-Einführung bei COS in Deutschland profitieren werde, die wahrscheinlich Anfang kommenden Jahres erfolgen wird. »Dann können wir unser Lager vor Ort in Wien mit dem Komplettlager in Linden ergänzen.«

Unumwunden gibt Becker zu, »dass wir derzeit nicht die erste Adresse für den Handel in Österreich sind«. Er zweifelt aber nicht daran, »dass wir wieder in die Oberliga zurückkehren werden«. Deshalb sei jetzt dieser harte Schnitt nötig, verbunden mit »der Konzentration auf Produkte, die eine angemessene Bruttomarge bieten«.

Zu den Stärken der COS in Wiener Neudorf zählt er das Abhollager. »Etwa ein Drittel unserer Kunden nutzen dies und das kann noch ausgebaut werden.« Was allerdings auch nötig ist, denn die Kundenzahl ist bei COS ebenfalls stark eingebrochen. Lob verteilt Becker an »die qualitativ technisch gute Vertriebsmannschaft«. Deshalb sei er überzeugt davon, mit dem radikalen Sparprogramm die österreichische Gesellschaft wieder in Schwung zu bringen. »Wenn wir keine Chance sehen würden, hätten wir in Wiener Neudorf gleich ganz dicht machen müssen. Aber dafür gibt es überhaupt keinen Anlass,« fügt der Distributions-Chef trotzig hinzu, nachdem er mit den zahlreichen kritischen Kommentaren auf die Online-Meldung zum Stellenabbau im CRN-Channelweb vom Mittwoch vergangener Woche konfrontiert wurde. »Es gibt, wie bei anderen Distributoren auch, immer wieder ehemalige Mitarbeiter, die in solchen Meldungen eine Chance sehen, ihren Frust los zu werden«, kontert Becker und fügt hinzu, dass er damit »auf keinen Fall den Ernst der Situation herunterspielen« wolle.

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INFO

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