Linux bleibt Linux

11. März 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Linux bleibt Linux. Zur Cebit stellen sowohl Sun als auch Hewlett-Packard neue Server vor. Dabei hat sich auch HP entschlossen, auf Intels Opteron zu entwickeln. HPs Itanium-Systeme werden nun aufs Highend fokussiert.

Linux bleibt Linux

Marten Mickos ist CEO des Open-Source-Datenbankspezialisten MySQL AB.

Foto: MySQL AB

Der Rechtsstreit, den SCO gegen die Linux-Anbieter und -Anwender vom Zaun gebrochen hat, dreht sich um Lizenzverträge und letztlich ums liebe Geld. Ähnliche Streitigkeiten werden in der IT-Branche nahezu ständig ausgetragen. Auch sind solche Auseinandersetzungen nicht auf Open-Source-Software beschränkt. Insofern nichts Neues. Diesmal dreht sich alles um die Frage, ob SCO-eigener Code in Linux enthalten ist. Es handelt es sich also um einen Konflikt, der mit den Rechten an kommerzieller Software und deren Geschäftsgeheimnissen verknüpft ist. Wäre der SCO-Code offen und besser dokumentiert, könnte jeder, der wollte, hineinschauen und die Bestandteile auseinanderdividieren. So aber hat den SCO-Code noch kaum ein Außenstehender zu sehen bekommen.

Linus Torvalds, der Vater von Linux, hat unlängst einige der 60 Dateien untersucht, die laut SCO angeblich aus Unix System V stammen und deswegen aus Linux zu entfernen seien. Der Experte kam zu dem Schluss, er habe den Code einstmals selbst erstellt. Aber stolz ist er auf diese Entdeckung nicht. Einige Makros wie toupper und tolower seien derart schlecht geschrieben, dass es ihn amüsiere, wie eine Firma Urheberansprüche ausgerechnet darauf erheben könne.

Starker Aufschwung

Dennoch verunsichern die Querelen um Linux die Anwender. Da hilft es womöglich, sich in Erinnerung zu rufen, dass Linux eine Erfolgsgeschichte ist, die kaum zu erwarten war. Immerhin hat das Betriebssystem, das in kommerzieller Hinsicht nicht einmal als Produkt zählt, seinen Marktanteil binnen eines Jahres verdreifacht. Und die Dynamik setzt sich fort.

Hilfreich kann dabei die Übernahme des Nürnberger Linux-Distributors Suse durch Novell sein. Die Franken hatten bereits zuvor Mut bewiesen. Doch nun stehen ihnen zusätzlich die Vertriebskanäle von Novell zur Verfügung. Jetzt können sie das Geschäft machen, das sie eigentlich schon immer verdient haben.

Außerdem ist nach der Übernahme damit zu rechnen, dass Linux sich zu einer Plattform entwickelt, die mehr als bisher über Netzwerk- und System-Management-Komponenten verfügen wird: namentlich Datei- und Verzeichnisverwaltung, Druckdienste, Web-basierende Messaging- und Kalenderfunktionen sowie diverse Collaboration-Tools sind schon jetzt angekündigt oder bereits verfügbar. Ein weiteres Indiz, das gute Aussichten für Linux erwarten lässt, ist Novells Aufkauf von Ximian und der Software Red Carpet im August des vergangenen Jahres. Bei jener Software handelt es sich um Verwaltungswerkzeuge für Server in Linux-Netzen.

Überdies beabsichtigt offenbar auch Suses größter Konkurrent Red Hat eine entsprechende Ausweitung der Linux-Plattform. Im Dezember 2004 meldete der amerikanische Distributor die Übernahme von Sistina Software, einem Hersteller von Speicher-Software aus Minneapolis. Zugleich kündigte Red Hat an, die übernommenen Produkte als Open Source verfügbar zu machen. Der Marktführer aus dem US-Bundesstaat North Carolina kann ein erfolgreiches Quartal nach dem anderen melden. Ein Hinweis auf die wachsende Kundschaft ist etwa der kostenpflichtige Abonnentendienst Red Hat Enterprise Linux. In den Monaten September, Oktober und November 2003 konnte die Company 33000 Abonnements unter Dach und Fach bringen. In diesem Vierteljahr rechnet die Firma sogar mit einem Anstieg auf 40000 Neuabonnenten. Zugleich zeichnen sich Umsatz- und Gewinnsteigerungen ab. Doch auch die kleinen Distributoren mischen munter mit: zum Beispiel Debian, Gentoo, ASP-Linux und Mandrake. Die Ausbreitung ist offenbar nicht zu stoppen. Linux bleibt dabei Linux und damit Open-Source, selbst wenn SCO Punktsiege erringen sollte oder IBM und Novell Teilurheberschaft nachweisen könnten.

Klare Lizenzierungen

Es erhebt sich die Frage, ob auch anderen Open-Source-Produkten Lizenzstreitigkeiten drohen können oder SCO sogar eine Welle von Anfechtungen losgetreten hat. Generell sind Open-Source-Produkte im Vergleich zu kommerzieller Software nicht schlechter lizenziert, im Gegenteil. Im Fall des Datenbanksystems MySQL kann niemand außer dem Hersteller MySQL AB Ansprüche auf den Code erheben. Hauseigene Entwickler haben ihn erzeugt, er gehört der Firma und das Management entscheidet, wie er lizenziert wird: als kommerzielles Angebot sowie unter der General Public License (GPL), ohne funktionale Unterschiede. Und damit gilt: einmal Open Source, immer Open Source. Selbst wenn der jetzige Hersteller das Produkt nicht mehr unter GPL veröffentlichen wollte, kann ein solcher Beschluss nur zukünftige Versionen betreffen. Den bis zu einem solchen Zeitpunkt entwickelten und freigegebenen Code kann aber jeder andere weiterentwickeln. Kein Grund zur Sorge also.


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