Linux Desktops: Berufsgenossenschaft spart mit Open Source Lizenzkosten

15. Juli 2004, 0:00 Uhr |

Linux Desktops: Berufsgenossenschaft spart mit Open Source Lizenzkosten. Die gesetzliche Unfallversicherung Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) hat sich aus Kostengründen für den Umstieg auf Linux-Desktops entschieden. Das Budget konnte damit bis zu 500.000 Euro pro Jahr entlastet werden.

Linux Desktops: Berufsgenossenschaft spart mit Open Source Lizenzkosten

In einem Unternehmen mit über 2.000 PC-Arbeitsplätzen verursachen die Lizenzkosten für Microsoft-Betriebssysteme, Standard-Bürosoftware sowie die Wartung erkleckliche Summen. Wenn dann das Firmenbudget noch durch proprietäre Applikationen auf einem Mainframe-System zusätzlich belastet wird, sind langfristige Konzepte für einen Wandel der IT-Infrastruktur gefordert, um die Kosten nachhaltig senken zu können. »Vor dieser Herausforderung standen wir vor knapp drei Jahren«, erklärt Dr. Bernd Kieseler, Leiter IT bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Hamburg.

Die gesetzliche Unfallversicherung VBG versichert in erster Linie Angestellte von Dienstleistungsunternehmen wie Banken, Verwaltungen oder IT-Firmen. Auf der Suche nach einer zukunftsweisenden Strategie für eine kostenoptimierte IT-Architektur wurde schnell klar, dass nur der Wechsel auf eine weitgehend hersteller- und plattformunabhängige Infrastruktur zum gewünschten Ziel führen konnte. Der VBG-Vorstand entschied sich daher für einen Umstieg vom Microsoft-Betriebssystem auf Linux. »Dies ist eines der IT-Projekte, die sich aus sich selbst heraus rechnen, weil wir sofort Lizenz- und Wartungsgebühren in Höhe von über 500.000 Euro pro Jahr sparen«, betont Prof. Dr. Ernst Haider, Vorsitzender der Geschäftsführung der VBG. Das Unternehmen geht ferner davon aus, bereits binnen 18 Monaten einen Return-on-Invest verbuchen zu können.

Linux nach Microsoft-Vorbild

Dreh- und Angelpunkt für die Informationstechnologie bei der Versicherung ist die unternehmensweite Anwendung BG/Standard. »Dabei handelt es sich um eine Art SAP für Berufsgenossenschaften«, erläutert Kieseler. »Die Applikation haben wir in enger Zusammenarbeit mit der Firma Entitec speziell für den Einsatz bei Unfallversicherungsträgern entwickelt.« Die Entitec AG war daher auch zum Start des Umstellungsprojektes im Frühjahr 2003 maßgeblich an den Vorbereitungen für den Plattformwechsel beteiligt.

Anders als in vielen Open-Source-Projekten entschieden sich die Verantwortlichen bei der VBG und Entitec zunächst, die Desktop-Systeme auf Linux umzustellen und erst im zweiten Schritt die Mainframe-Infrastruktur zu wechseln. »Wir haben diese Reihenfolge gewählt, weil wir hier mit mehr Problemen speziell von den Anwendern gerechnet haben«, erklärt Kieseler. In der Vorbereitung wurde daher gesteigerter Wert darauf gelegt, die Linux-Oberfläche so weit wie möglich dem gewohnten »Look&Feel« der Microsoft-Umgebungen anzupassen. Dazu haben Kieseler und seine Partner von Entitec die Anwender im Unternehmen schon frühzeitig mit Linux in Kontakt gebracht. Im Juni 2003 startete eine zweimonatige Testphase mit 20 ausgewählten Mitarbeitern. Bedienerfreundlichkeit und Stabilität des neuen Systems sollten dabei ausgiebig geprüft werden. Die überwiegend von Suse stammenden Linux-Komponenten wurden bei der Implementierung dahingehend optimiert, dass die Anordnung von Buttons und Befehlen in den Anwendungen sich am Vorbild von Microsoft orientierten. »Begleitend haben wir unseren Mitarbeitern Schulungen angeboten, um sie mit dem Linux-Desktop vertraut zu machen«, ergänzt IT-Leiter Kieseler. Rund ein Viertel der VBG-Angestellten hat aber gänzlich auf die Trainings verzichtet, speziell der Wechsel auf die Textverarbeitung von Open Office verlief nahezu reibungslos. Da ein Großteil des Schriftverkehrs der Berufsgenossenschaft über BG/Standard abgewickelt wird, haben viele Mitarbeiter vom Wechsel der Textverarbeitung kaum etwas gespürt. Probleme bereitete der Ersatz von Powerpoint durch das Präsentationsprogramm Impress. Die Schwierigkeiten lagen jedoch weniger in der Bedienung der Software als vielmehr bei der Umwandlung bestehender Powerpoint-Dateien in das Impress-Format ? dies gelingt nur eingeschränkt. Kieseler empfahl den Mitarbeitern, ältere Präsentation vorzugsweise komplett neu zu erstellen.

Java ersetzt Windows NT/Cobol

Der Startschuss für den Infrastrukturwechsel fiel im Dezember 2003. Binnen zwei Tagen wurden die rund 2.000 vorhandenen ? hauptsächlich unter Windows NT betriebenen ? Rechner durch neue Linux-PCs von Fujitsu Siemens ersetzt. Die Client-Server-Architektur wurde zudem durch den Wechsel von Tokenring auf Ethernet vereinfacht. An die Stelle von Windows NT/Cobol-Clientsoftware traten Browser-basierte Java-Applikationen.

Am 2. Januar 2004 war die komplette Infrastruktur umgestellt. »Besonders zufrieden waren wir, dass das Anwendungssystem BG/Standard vom ersten Tag an stabil lief«, freut sich IT-Leiter Kieseler. Der VBG blieben dadurch etwaige Produktivitätsausfälle erspart. Das Unternehmen nutzte die Neuorganisation der IT-Landschaft auch für eine Modernisierung der zehn dezentral organisierten Datenarchive. Die bis dato auf optischer Datensicherung mit WORM-Technologie basierende Lösung wurde in ein zentrales Dokumenten-Management-System (DMS) mit schnellen Festplattenspeichern überführt. Rund 12 Millionen Dokumente sind in dem sieben TByte umfassenden Archiv abgelegt.

Aufbauend auf den bisherigen positiven Erfahrungen will die VBG in einem nächsten Schritt den zentralen IBM-Mainframe durch Unix-Server ersetzen, um den Plattformwechsel zu komplettieren.

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Migration auf Open-Source-Plattform Linux

Ziele:
> Kostenreduzierung durch verminderte Softwarelizenz- und Hardware-Kosten
> vereinfachte Netzwerkadministration
> vereinfachte Client-Server-Architektur

Aktuelle Infrastruktur:
> Ca. 2.000 Linux-PCs (Fujitsu Siemens)
> 41 Unix-Server
> IBM Mainframe (OS/390)

Desktop-OS: Linux

Bürokommunikation: Open Office

Mail: Open Exchange

Spezifisches Anwendungssystem: BG/Standard

Middleware: EP-KID (Entwicklung der Entitec AG)

Dokumentenmanagement: IBM/UDB2

Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) betreut rund 500.000 Unternehmen mit 6,6 Millionen Versicherten vornehmlich aus dem Dienstleistungssektor. Die VBG beschäftigt knapp 2.000 Mitarbeiter in der Hauptverwaltung in Hamburg sowie zehn Bezirksverwaltungen und vier Schulungszentren bundesweit.

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INFO

Entitec AG
Deelbögenkamp 4c, D-22297 Hamburg
Tel. 040 514841-0, Fax 040 514841-48
www.entitec.de

Fujitsu Siemens Computers GmbH
Rathausplatz 3, D-61348 Bad Homburg
Tel. 06172 188-00, Fax 06172 188-8258
www.fujitsu-siemens.de

VBG
Deelbögenkamp 4, D-22281 Hamburg
Tel. 040 5146-2525, Fax 040 5146-2255
www.vbg.de


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