Markt für Ethernet-Switches: »Surprise, Surprise«

29. Juli 2004, 0:00 Uhr |

Markt für Ethernet-Switches: »Surprise, Surprise«. Die großen Anbieter im Netzwerk-Markt rücken, gemessen an der Zahl der verkauften Ethernet-Ports, enger zusammen ? so die Kurzfassung der IDC-Zahlen zum Gesamtmarkt für Ethernet-Switches im ersten Quartal 2004 in Deutschland.

Markt für Ethernet-Switches: »Surprise, Surprise«

Geht man etwas über ein Jahr zurück, ins dritte Quartal 2002, und vergleicht die Anteile an der Gesamtzahl der verkauften Ethernet-Ports in Deutschland damals mit denen aus dem ersten Quartal 2004, lassen sich einige relevante Tendenzen ablesen: Große Verlierer sind bei dieser Betrachtung Cisco und 3Com. Der Branchenprimus verlor 8,4 Prozent, 3Com büßte 3,9 Prozent ein. Aufgeholt haben die Firmen, die 2002 noch in der zweiten Reihe standen: Hewlett-Packards Netzwerksparte legte um 2,7 Prozent zu, D-Link um glatte fünf Prozent und Allied Telesyn trat aus der Masse der namenlosen, unter »Andere« zusammengefassten Anbieter, heraus und verbucht nun 7,1 Prozent des Marktes für sich.

Netgears kometenhafter Aufstieg von einer ungeliebten Abteilung bei Nortel Networks zum Top-Player im deutschen Markt war Ende 2002 bereits abgeschlossen: Seitdem stagniert das Unternehmen gemessen am Marktanteil auf hohem Niveau. »Die Marktanteile sind in Deutschland inzwischen relativ stabil«, räumt Marco Peters, Managing Director Central & Eastern Europe bei Netgear, ein. Gleichzeitig verweist Peters jedoch auf einen insgesamt wachsenden Markt. So habe die GfK etwa im März 2004 rund 20 Prozent mehr verkaufte Switches in Deutschland gezählt, als noch im März 2003. »Bei Netgear hat sich auch die Art der verkauften Geräte dramatisch verändert«, berichtet Peters. Die Zahl der Switchports, ohne die in den für Netgear verhältnismäßig wichtigen DSL-Routern, habe vom dritten Quartal 2002 bis zum ersten Quartal 2004 um 80 Prozent zugelegt, die Anfang 2002 bei Netgear erstmals erhältlichen managebaren Switches um 427 Prozent und Gigabit-Ports gar um 1.023 Prozent. Die Kehrseite der Medaille: Für gleich bleibenden Umsatz müssen aufgrund des erheblichen Preisdrucks immer mehr Geräte verkauft werden: So stieg der Umsatz mit Gigabit-Ports bei Netgear etwa im selben Zeitraum lediglich um 136 Prozent.

Kein Wunder, dass fast alle Hersteller bemüht sind, ihre Anteile im weniger preissensitiven und margenträchtigeren Enterprise-Umfeld auszubauen. »3Com hat bestimmte Zielmärkte definiert, in denen das Unternehmen aktiv ist. Diese Zielmärkte weisen hohe Wachstumsraten auf. Dazu gehört auch der Enterprise Markt«, beschreibt etwa Josef Vistola, Marketing Manager Zentraleuropa bei 3Com. »3Com konnte im Enterprise-Geschäft im vergangenen Jahr Marktanteile dazugewinnen. Die Umsatzsteigerung betrug zum Ende des letzten Geschäftsjahrs, am 31. Mai 2004, im Vergleich zum Vorjahr 22 Prozent«. 3Com ist daher trotz rückläufiger Marktanteile wieder besser im Geschäft, als noch ein Jahr zuvor: »Der Gesamtumsatz von 3Com stieg im letzten Jahr um fünf, im letzten Quartal sogar um sieben Prozent.«

Unerwartete Gewinner

Ähnlich will sich auch der zumindest nach den Marktanteilen inzwischen an 3Com vorbeigezogene einstige Exot Allied Telesyn positionieren: »Wir hatten einen guten Start in das Jahr 2004, inklusive einer äußerst erfolgreichen Channel-Promotion und positiven Meldungen zur Cebit für unsere Strategie bezüglich 10 Gigabit Ethernet und IPv6«, fasst etwa James White, Marketing Director von Allied Telesyn International, zusammen. Erste Anzeichen einer erhöhten Akzeptanz der kompletten Produktpalette des einstigen Konverterspezialisten seien ebenfalls auszumachen. »Wir hatten einige hochkarätige Vertragsabschlüsse in verschiedenen vertikalen Märkten wie dem Einzelhandel und dem Bildungs- und Gesundheitswesen«, führt White als Beweis an. Noch liegen die Stärken der Japaner jedoch in anderen Segmenten. Peter Hullemann, Marktforscher bei IDC, resümiert in Bezug auf den europäischen Markt: »Die Fast Ethernet-Lieferungen stiegen im Allgemeinen um 9,6 Prozent. Die meisten Anbieter konnten ihren Marktanteil in diesem Segment erhöhen, aber vor allem das Wachstum bei Allied Telesyn, Cisco und Accton/SMC ist zu erwähnen.«

Auch D-Link meldet Ambitionen im Enterprise-Umfeld an: »Wir haben Anfang des Jahres begonnen, unsere Switchpalette im oberen Bereich auszubauen und dringen nun mit Technologie und Portzahl bis in die Enterprise-Ebene vor«, erklärt eine Sprecherin gegenüber CRN. Ein günstiges Technologie-Preis-Verhältnis soll überzeugen. Begleitend wird die Suche nach neuen Vertriebspartnern sowie die Schulung bestehender Partner intensiviert. »Wir haben unseren Vertrieb um regionale Kundenbetreuer erweitert, die für VARs und Systemhäuser zuständig sind.« Ebenfalls zur Unterstützung der High-End-Produktpalette sollen noch in diesem Quartal neue Service-Konzepte vorgestellt werden.

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Kommentar

Was das »Traumschiff Surprise« für den Kinosommer zu werden verspricht, soll für die Netzwerkanbieter der Traummarkt Enterprise werden: eine Goldgrube. Die Voraussetzungen sind zum großen Teil geschaffen, Produkte sind sowohl bei Hewlett-Packard, Allied Telesyn, D-Link oder 3Com erhältlich. Damit wollen sie Extreme, Foundry, Enterasys und natürlich allen voran Cisco das Fürchten lehren. Anfangserfolge sind normal, die Zahlen ermunternd ? aber bei kleinen Volumen schlägt sich auch eine kleine Steigerung schon in ansehnlichen Prozentzahlen nieder.

Längerfristig könnte, wie im Kino, so auch im Netzwerkmarkt, aus »Enterprise« dann doch ganz schnell wieder »Surprise« werden: Dann nämlich, wenn die Neueinsteiger das Beharrungsvermögen und die Einkaufsstrategien der großen Unternehmen kennen lernen müssen, wenn sie erfahren müssen, dass ? die wie auch immer definierte ? die technisch »bessere« Lösung nicht immer die ist, die auch gekauft wird, wenn es ihnen einfach nicht gelingt, strategisch wichtige Vertriebspartner in diesem Markt auf ihre Seite zu ziehen. Dann gilt es, einen langen Atem zu haben.


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