Massgeschneiderte IT-Services IT-Dienstleister müssen den Prozessoptimierungsbemühungen ihrer Unternehmenskunden mit einer flexibler gestalteten Servicebereitstellung und entsprechenden Leistungsvereinbarungen folgen. Dazu sollten aber beide Partner die entsprechenden Services quantifizieren können. Neue Messverfahren sind deshalb angesagt.
Für IT-Outsourcing reicht es nicht mehr aus, lediglich Vereinbarungen über die angestrebte Verfügbarkeit und Performance von Verbindungen sowie für Server-Antwortzeiten vorzuhalten«, meint Andreas von Meyer zu Knonow, Mitglied im Hauptvorstand von Bitkom. Auch die Einteilung in ein paar Serviceklassen, um einzelne Verkehrsströme wie Sprache und Videokonferenzen bevorzugt zu übertragen, griffen angesichts der in den Unternehmen voranschreitenden Geschäftsoptimierung zu kurz. Denn auch diese Klassen operierten trotz ihres Namens auf der Verbindungs- und nicht auf der Serviceebene, er- klärt er. Leistungsvereinbarungen, die auf die Serviceebene abzielten, würden indes zunehmend von den Unternehmen gebraucht, um die versprochenen IT-Dienstleistungen und die darauf aufsetzenden Geschäftsprozessketten durchgängig abwickeln und deren Erfüllung auch dokumentieren zu können. Zusätzlich macht die Konvergenz über das Internet-Protokoll (IP) den Dienstleistern Druck, für Sprach-/ Daten-/Video-integrierte Anwendungen angemessene Leistungsvereinbarungen anzubieten. »Bei Videokonferenzen, unter Umständen gekoppelt mit Online-Zugriff auf gemeinsame Dokumente, interessiert die Anwender nicht so sehr, ob bestimmte Verbindungen oder Server funktionieren, als vielmehr, ob die gesamte Prozesskette ohne Einbußen steht«, erläutert von Meyer zu Knonow.
Transaktionssimulationen – effizient, aber teuer
Gibt es aber überhaupt verlässliche Methoden, um die Einhaltung der versprochenen IT-Dienstleistung im Wirkbetrieb durchgängig zu messen, so dass aussagekräftige Leistungsvereinbarungen angeboten werden können? »Klassiker wie die Protokollanalyse halten dem Anforderungsprofil nicht mehr Stand. Sie laufen der geforderten Servicedynamik buchstäblich hinterher«, sagt Arnold Schmidt, Manager HP Software Presales Deutschland bei HP. Gemessen werde in diesem Fall erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen sei und wiederum nur an den Netzwerkschnittstellen. Auch Verfahren wie ARM (Application Responsetime Measurement) qualifiziert er für die Dienstleister »als nicht mehr ausreichend«. Dieses Verfahren ist lediglich dazu in der Lage, dem Geschäftsprozess auf infrastruktureller Ebene über Switches, Router, Server und Gateways zu folgen. Verfügbarkeits- und Performance-Einschränkungen, die auf der Serviceebene ihre Ursache haben, werden vom ARM-Verfahren hingegen nicht erkannt«, erklärt er. Das gleiche Manko weise die Methode des Client Capturing auf, das mit seinen Messungen ebenfalls nur auf infrastruktureller Ebene ansetze, indem hier in den einzelnen Komponenten die Start- und Stopp-Zeitpunkte der Transaktionen gemessen werden. »Die einzige Chance für die Serviceanbieter und Servicekunden, bestellte Dienstleistungen zu messen, besteht darin, ausgehend von der Arbeitsstation die Transaktionen von Anfang bis Ende zu simulieren und daran ihre Messungen auszurichten«, unterstreicht Schmidt.
Änderungen oft vorhersehbar
Hans-Heinz Wisotzky, Leiter Competence Center Service-Management bei Materna, pflichtet bei: »Über diese Robotertechnik kann beispielsweise ein kompletter E-Mail-Prozess mit all seinen Teilschritten simuliert und an den richtigen Serviceschnittstellen verlässlich gemessen werden«. Daneben ermögliche diese Technik, Probleme entlang von Prozessketten schneller einzugrenzen, sogar durch Simulation weitgehend auszuschließen. Wisotzky sieht für die Dienstleister zwischen den lokalen Kundennetzen keinen Hinderungsgrund, über diese sukzessiv dynamische durchgängige Services anzubieten, zumal »einige Provider schon heute diese Methode einsetzen, um die Qualität der IuK-Dienstleistungen ihrer Zulieferer zu überprüfen«, wie er hinzufügt. Allerdings sei diese Art, komplette Services oder Transaktionsketten zu simulieren und zu messen, für die Anbieter mit höheren Kosten und mehr Aufwand verbunden. »Die Unternehmen sollten sich darüber im Klaren sein, für welche Geschäftsabläufe sie durchgängige Transaktionsmessungen wirklich brauchen, weil diese ihren Preis haben«, mahnt der Materna-Manager. Deshalb werde man sich in punkto Verfügbarkeit, Performance und Flussqualitäten sowie Servicedynamik oft in der Mitte einigen, damit der externe Dienst für die Unternehmen bezahlbar bleibt, schätzt Wisotzky. »Nichts wird so heiß gegessen, wie es von einigen Markt- und Technologiespezialisten aufgekocht wird«, schränkt auch Ulrich Kemp, beim Dienstleister T-Systems verantwortlich für das Geschäft mit Groß- und Mittelstandskunden, ein. »Viele der Verkehrsschwankungen sind vorhersehbar«. Er nennt als Beispiele zeitlich begrenzte Backups sowie regelmäßige monatliche oder saisonale Schwankungen. »Auch organisatorische Veränderungen«, so Kemp, »kündigen sich in der Regel frühzeitig an«. Entsprechend vorausschauend könnten vom Serviceanbieter die Applikationsservices und die dafür notwendigen Verarbeitungs-, Speicher- und Netzkapazitäten für die Kunden eingeräumt werden.
Wie flexibel müssen Services sein?
Für einen nicht vorhersehbaren Wandel im Servicebezug, beispielsweise aufgrund einer mehr oder weniger zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung, und bei generell hohen Prozessanforderungen bietet T-Systems auf Kundenanfrage hoch dynamische Services mit dazu passenden Leistungsvereinbarungen auf Serviceebene an. Kemp: »Wir haben eine Infrastruktur entwickelt, mit der wir die Geschäftsabläufe unserer Kunden als komplett gemanagte Services anbieten können«. Für diese Bereitstellung vollständiger Services in Form garantierter Sitzungsaufbauzeiten und Performance-Werte innerhalb der Sitzungen simuliert T-Systems von den PCs ausgehend über Musteranfragen das typische Verhalten der Benutzer, um daraus für die Einsatzpraxis die notwendigen Leistungsvereinbarungen auf Serviceebene abzuleiten. Dustin Kehoe, Senior Analyst Telecom Services – Central Europe bei Current Analysis, sieht T-Systems im Segment On-demand Computing, so seine Bezeichnung für hoch dynamische Services, im europäischen Markt in einer Vorreiterrolle. Für Materna-Servicespezialist Wisotzky werden Services, die sich dynamisch und zudem in Quasi-Echtzeit auf den Prozessbedarf der Unternehmen einstellen, doch eher die Ausnahme bleiben. »Dafür wird es keinen großen Bedarf geben«, schätzt er. Außerdem seien eine Bereitstellung von Services, die sich kurzfristig dauernd ändern könnten, und das parallele Messen für den Anbieter und den Anwender kaum durchzuhalten. Er sieht dennoch die Dienstleister unter Druck, ihre Angebote flexibler zu gestalten und die Leistungsvereinbarungen entsprechend anzupassen.
Unbekannte Kostenstrukturen
Auch die Abrechnung muss der höheren Servicedynamik und der neuen Generation an Leistungsvereinbarungen folgen. »Nicht nur hinsichtlich des Servicemanagements und begleitender Messverfahren haben die meisten Serviceanbieter und Anwender noch einen erheblichen Nachholbedarf. Auch um die Abrechnung solcher Services und Leistungsvereinbarungen ist es beim Gros der Dienstleister nicht zum Besten bestellt«, registriert HP-Manager Schmidt. Der servicetechnische Rückstand vieler Dienstleister sei schon deshalb unverständlich, weil mit einer neuen Generation an Servicemanagementsystemen die Basis für eine dynamische Servicebelieferung gelegt sei, zu der auch professionelle Abrechnungswerkzeuge gehörten. Wisotzky sieht einen triftigen Grund, wieso viele Dienstleister für die Abrechnung intelligenterer Services nicht in die Pötte kommen. »Die wenigsten von ihnen haben ihre eigenen Kostenstrukturen im Griff. Sie registrieren weder die einzelnen Kostenfaktoren wie Leitungen, Infrastruktur, Anwendungen und Personal vollständig, noch kennen sie dazu die genauen Deckungsbeiträge«. Stattdessen schielten die Anbieter bei der Preisbildung auf den Wettbewerb. Nur der hat bis auf wenige Ausnahmen den Einstieg in die neue Servicekultur bisher verpasst.
Hadi Stiel ist freier Journalist in Bad Camberg.