Netzwerkgrundlagen: Media-Gateways

Media-Gateways als Brücke zwischen ISDN und VoIP

7. Februar 2008, 9:08 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Call-Routing

Die eigentliche Vermittlungsintelligenz des Media-Gateways steckt in der Call-Routing-Engine eines solchen Geräts. In einen Filialszenario, bei dem die Außenstellen sternförmig über VPN an die Zentrale angebunden sind, muss das jeweilige Ziel per Call-Routing korrekt angesteuert werden können.

Das bedeutet: Wird ein Anruf von der Zentrale aus initiiert, muss er seinen Weg in den richtigen VPN-Tunnel finden und das entsprechende Endgerät erreichen können. Sollte der gewünschte Teilnehmer nicht erreichbar sein, so müssen auch Rückrufinformationen bereitgestellt werden. Nur so ist es dem Angerufenen – wie aus der ISDN-Systemtelefonie gewohnt – möglich, den Anrufer per Rückruftaste am Endgerät zu erreichen.

In einem solchen Fall nimmt das Media-Gateway entsprechend der konfigurierten Call-Routing-Logik Rufnummernmanipulationen vor, um zum Beispiel standortspezifische Rufnummern-Prefixe zu einer Rufnummer hinzuzufügen oder wieder abzuschneiden.

Dabei können auch alternative oder Rückfall-Rufwege angeboten werden, wenn die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Bandbreite für ein IP-Telefonat nicht zur Verfügung steht, der Datenanschluss gestört ist oder der klassische Weg über das Festnetz notwendig ist. Besonders wichtig ist dies im Fall von Notrufen, da hier die Standortlokalisierung, also die Information, von wo der Notruf abgesetzt wurde, unbedingt notwendig ist.


Sprach-Daten-Transkodierung

Teil der Aufgaben eines Media-Gateways ist die Umwandlung von verschiedenartigen Informationen, hier: Sprache zwischen den unterschiedlichen »Medien« ISDN und IP.

Bei professionellen Media-Gateways übernehmen Digitale Signalprozessoren (DSP) die Übersetzung zwischen den Protokollwelten, sie sind speziell für derartige Umrechnungsaufgaben konzipiert. Um den Bandbreitenbedarf der jeweiligen Sprachkanäle weiter zu verringern, sind VoIP-DSPs zusätzlich mit sogenannten Codecs ausgestattet, die durch Komprimierung der Sprachdaten den Bandbreitenbedarf senken.

Außerdem kann ein DSP weitere Funktionalitäten bereitstellen, die die subjektiv empfundene Gesprächsqualität weiter verbessern. Ein Beispiel ist Comfort-Noise-Generation (CNG), also das Einspielen eines »rosa Rauschens« bei Sprechpausen der Gesprächsteilnehmer.

Für die Umwandlung der Signale müssen je nach Anforderung der Skalierbarkeit eines solchen Systems entsprechende Systemressourcen bereit gestellt und frei gehalten werden. Hoch komprimierende Codecs, die eine mit ISDN vergleichbare Sprachqualität erzielen, sind besonders rechenintensiv. Bei ITK-Systemen, die bis zu 60 ISDN-B-Kanäle abbilden, ist bei voller Auslastung eine enorme Rechenleistung notwendig, die mit einer Software auf Basis von Standard-CPUs nicht zu realisieren ist.

Für Unternehmensinfrastrukturen stehen Verfügbarkeit und störungsfreier Betrieb auf der Prioritätenliste immer weit oben. Für den VoIP-Einsatz mit einem Media-Gateway bedeutet dies, dass QoS-Funktionen und Bandbreitenmangement eine besonders hohe Bedeutung für die Akzeptanz der Lösung zukommen. Typische Problemstellungen bei der Übertragung von Sprachdaten sind Verzögerung (Delay), Laufzeitunterschiede (Jitter) und Paketverlust (Packet-Loss).

Diese unerwünschten Effekte können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel konkurrierenden Datenverkehr durch E-Mail, Internet-Download oder Applikationszugriff über VPN-Strecken.

Grundsätzlich ist es für die Verarbeitung von Echtzeitdaten nicht ausreichend, eine reine Datenpriorisierung vorzunehmen, also die Sprachdatenpakete vor dem sonstigen Datenverkehr zu bevorzugen. Vielmehr muss das Media-Gateway gewährleisten können, dass ein kontinuierlicher Datenstrom mit einer hinreichenden Qualität zur Verfügung gestellt wird und somit sowohl VoIP-Daten als auch andere Datenströme gleichmäßig transportiert werden.

Dies kann bei typischerweise asymmetrischen ADSL-Anschlüssen durch eine gezielte Fragmentierung der konkurrierenden Datenpakete erreicht werden. Dabei wird anhand der zur Verfügung stehenden Bandbreite eine optimale Paketgröße berechnet und beim Aufbau des ersten VoIP-Gespräches auf den Nicht-VoIP-Datenstrom fragmentierend angewendet.

Für Voice-over-VPN-Lösungen (VoVPN) sind derartige Mechanismen auch für den Transport der Daten über VPN-Strecken auf der Basis von IPSec zu realisieren, so dass auch hier wohlgeformte Daten den Tunnel passieren.

Media-Gateways bilden derzeit die Brücke zwischen traditioneller TK-Welt und IP und sie stellen klassische Schnittstellen für moderne IP-PBX-Systeme bereit. Somit sind sie sowohl zur Migration als auch zur Integration von Systemlösungen einsetzbar.

Um eine störungsfreie Kommunikation im Unternehmenseinsatz zu gewährleisten, müssen sie fortgeschrittene IP-Routing-Funktionalitäten bereit stellen und einen ausgefeilten Umgang mit Rufnummern und deren Weiterverarbeitung beherrschen. Dann aber ist der Simultanübersetzer, der viele Sprachen gleichzeitig spricht, unersetzlich.

Bernd Büttner ist Product Marketing Manager bei Funkwerk Enterprise Communications.


  1. Media-Gateways als Brücke zwischen ISDN und VoIP
  2. Call-Routing

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