Weltweit blüht der Markt für gefälschte Arzneimittel – mit fatalen Folgen für Gesundheit und Wirtschaft. Mit dem Barcode-System SmartID ist es jetzt möglich, die Echtheit eines Produkts per Smartphone zu prüfen – vorausgesetzt die Hersteller nutzen SmartID.
Jedes zehnte online gekaufte Arzneimittel ist laut einer jüngsten Umfrage der Weltgesundheitsorganisation WHO eine Fälschung. Von Lifestyle-Pillen für die schlanke Taille über Tinkturen für mehr Haarwuchs bis hin zu lebenswichtigen Medikamenten, etwa Mitteln gegen Krebs oder Bluthochdruck, ist alles dabei.
Drei Fraunhofer-Institute (IAP, SIT und FOKUS) haben jetzt gemeinsam ein neuartiges Kennzeichnungssystem entwickelt – SmartID, das für mehr Sicherheit sorgen soll: „Mit SmartID kann jeder in der Lieferkette ein Produkt, das einen SmartID-Code trägt, direkt per Smartphone verifizieren und authentifizieren – offline, also ohne auf eine Datenbank zugreifen zu müssen“, erklärt Dr. Tobias Jochum, der das Projekt koordiniert und am Fraunhofer-Zentrum für Angewandte Nanotechnologie CAN arbeitet. »Wir machen uns dabei die Tatsache zunutze, dass jede Verpackung eine einzigartige, charakteristische Oberflächentextur aufweist – wie bei einem menschlichen Fingerabdruck – und, dass handelsübliche Smartphone-Kameras in der Lage sind, diese Oberflächentextur zu erfassen«, so Jochum.
Wie ein Fingerabdruck
Der Clou an dem System: Die Information über die Textur der Oberfläche wird digitalisiert, in einen Barcode umgewandelt und auf die Verpackung gedruckt. Mit der im Projekt entwickelten SmartID-App wird dann geprüft, ob die Informationen, die im Barcode gespeichert sind, mit den Daten aus der erfassten Oberflächenstruktur übereinstimmen. Es entsteht ein fälschungssicherer Barcode, der darüber hinaus auch weitere Informationen zu dem Produkt enthalten kann. Vorteilhaft für Hersteller ist, dass keine IT-Infrastrukturen aufgebaut werden müssen, denn Verifikation und Authentifizierung finden ausschließlich innerhalb der SmartID-App auf dem Smartphone statt, eine Datenbank braucht es daher nicht. Zudem lässt sich das System einfach in kommerzielle Druckprozesse bei der Herstellung der Verpackung integrieren.
»Eine wichtige Anforderung an das SmartID-Konzept ist, dass der Barcode und die Fläche zum Abgleich der Oberflächentexturen möglichst klein sind. Im weiteren Verlauf des Projekts optimieren wir das System daher hinsichtlich seiner benötigten Fläche und auch seiner Sensitivität. Quantenmaterialien übernehmen hierbei eine Schlüsselrolle. Sie machen es möglich, dass auf kleinerer Fläche deutlich mehr Merkmale der Oberflächentextur detektiert werden können«, so Jochum.
Seit drei Jahren entwickelt das Forscher-Team das Kennzeichnungssystem stetig weiter und erweckt damit Aufmerksamkeit. »Die Interessenten für SmartID kommen aus verschiedensten Industriezweigen, in denen hochwertige Produkte verkauft werden – beispielsweise aus den Bereichen Innenausstattung, Maschinenbau, dem Druckereigewerbe oder auch aus dem Medizinbereich. Hier geht es unter anderem auch um Schutztextilien wie Atemschutzmasken«, erklärt Jochum.
»Aktuell stecken wir zwar noch in der Projektentwicklungsphase, dennoch führen wir bereits erste Lizenzverhandlungen für die SmartID-Technologie«, freut sich Jochum. Ein erster Partner ist die evia research GmbH, sie möchte SmartID in der Modebranche einsetzen.
Auf der MEDICA 2023, die in Düsseldorf vom 13. bis 16. November stattfindet, stellt das Fraunhofer-Team sein fälschungssicheres Barcode-System vor.