Metriken für die Softwarekosten

8. April 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Metriken für die Softwarekosten. Ein universelles Verfahren zur gerechten Kalkulation von Lizenzgebühren gibt es leider nicht. Gleichwohl müssen die Anwender die Kosten für ihre Software-Investitionen zuverlässig ermitteln können.

Metriken für die Softwarekosten

Software wird neuerdings gern mit Strom aus der Steckdose verglichen. Allerdings können mit der gleichen Menge Software beim Anwender Umsätze von Millionen, Milliarden oder auch von null Euro generiert werden. Da ist es nahe liegend, dass manche Anwender die Kosten, die sie mit der Software haben, an ihren Umsatz koppeln wollen. Einige Software-Hersteller machen da mit. Peter Rasp, Geschäftsführer von Computer Associates in Deutschland, kann sich beispielsweise gut vorstellen, die Infrastruktursoftware von CA bei Fluggesellschaften nach der Zahl der abgefertigten Passagiere zu bepreisen. Und SAP bietet schon lange für seine Branchenapplikationen wie SAP Automotive oder SAP Insurance Lizenzmodelle, die sich nach der Zahl der produzierten Autos oder dem Aufkommen an Versicherungspolicen richten.

Es gibt freilich auch anderes. So bietet Sun seit letztem Jahr für sein Applikations-Framework Java Enterprise System auf Wunsch ein Mietverfahren an, dessen Preis sich an der Mitarbeiterzahl des Unternehmens orientiert. Das ist besonders für solche Firmen interessant, die deutlich mehr Kunden als Mitarbeiter haben. Das gilt etwa für Telekomanbieter, Energieversorger, Versicherer, Medienunternehmen und Behörden. Die Anwendungskontexte von Software diversifizieren immer mehr. Außerdem ist der Wettbewerb hart, so dass die Anbieter mit immer wieder neuen Lizenzeinfällen bei den Anwendern punkten wollen.

Mietmodelle sind derzeit nicht nur bei Sun in Mode. Schon vor über drei Jahren hatte Computer Associates sein Lizenzmodell vollständig auf Mietbasis umgestellt. Der finanzielle Charme eines solchen Modells ist in vielen Anwendungsfällen unverkennbar. Ein Anschauungsbeispiel liefert das in Oberessendorf bei Ulm ansässige Systemhaus All for One, das sich auf Outsourcing-Dienstleistungen für mittelständische Anwender spezialisiert hat. Kunden können übers Internet selbst auf das bei All for One eingesetzte Management-Paket Unicenter zugreifen und ihre Systemkomponenten damit verwalten, erzählt Volker Strasser, Teamleiter Professional Services. Dabei werde die Flexibilität des Lizenzmodells von CA an diese Kunden weitergegeben: "Es wird für die Softwarenutzung nur das an Lizenzen fällig, was tatsächlich produktiv läuft. Für unsere Kunden stellt dies einen großen Vorteil dar, da sie unsere Services testen und sich dann für eine Produktivverwendung entscheiden können."

Viele Metriken

Volker Strasser, Teamleiter Professional Services beim Systemhaus All for One: "Die Flexibilität des Lizenzmodells von CA wird an die Kunden weitergegeben."

Foto: All for One

Nicht für alle Unternehmen und Softwareprodukte sind Mietmodelle beziehungsweise Pauschalangebote günstig, so dass praktisch alle Hersteller auch herkömmliche Named-User-Modelle anbieten. Für die betriebswirtschaftliche Standardsoftware mySAP sei das Named-User-Modell "am flexibelsten" und ergebe den "besten Preis" für den Kunden, meint beispielsweise Michael Schäfer, Leiter Sales Operations bei SAP in Walldorf. Für Anwendungen im Web-Umfeld wende SAP mit dem Modell Externe Community User ein angepasstes "preisgünstiges Named User Modell" an, meint Schäfer weiter. Für Infrastruktursoftware wie den Netweaver Applikationsserver gibt es außerdem eine Lizenzierung nach Kapazität (also Prozessoren) und für Portale auch die Berechnungsmethode nach Mitarbeiterzahl im Unternehmen.

Die Softwareschwergewichte Oracle, IBM, Microsoft und Novell bauen ihr Lizenzgebäude ebenfalls auf den Modellen Named User und Anzahl der Prozessoren auf. IBM bietet auch noch ein Lizenzmodell an, das für größere Kunden die Metriken Named User und Kapazität unter dem Begriff Abrechnung nach Werteinheiten konsolidiert. Viele Hersteller von komplexer Infrastruktursoftware haben auf Wunsch der Kunden zusammenfassende Berechnungsverfahren im Portefeuille, auch wenn sie sie vielleicht nicht explizit und öffentlich annoncieren.

Vermittelnde Dienstleister

Fried Saacke, Vorsitzender der Deutschen Oracle Anwendergruppe: "Der Anteil der Lizenzkosten in den Projekten wird größer."

Foto: DOAG

Je nach vorhandener IT-Expertise und Komplexität des Projekts werden Lizenzverträge vom Endanwender oder von einem Dienstleister ausgehandelt und verwaltet. Oft sind das dann die Systemintegratoren, die in das Projekt involviert sind, manchmal auch reine Lizenzhändler. Letztere sind vor allem dann vernünftig einsetzbar, wenn es sich um stark standardisierte Programmpakete wie beispielsweise Windows 2003 oder andere Betriebssystemsoftware geht. Softwaresuiten wie etwa die heutigen Applikations- und Integrationsserver gehören nicht zu diesem Typ Software: "Es ist ein Unterschied, ob man Lizenzen wie Brot und Butter nutzen und damit auch kaufen kann, oder ob es sich um ein erklärungsbedürftiges Investitionsgut handelt", sagt Christian Synwoldt, Supportleiter beim Frankfurter Systemhaus Fogelberg & Partner, das mit Net Phantom einen Spezialserver anbietet, mit dem seit Jahrzehnten laufende Großrechner-Anwendungen (etwa bei Banken und Versicherungen) webfähig gemacht werden. "Ab und an erhalten wir auch Anfragen von Handelsfirmen, die Lizenzen bestellen möchten", berichtet Synwoldt. Die Lizenzhändler könnten sich unter dem Produkt des Systemhauses jedoch nichts vorstellen.

Synwoldts negative Bilanz wollen spezialisierte IT-Dienstleister so nicht gelten lassen. Markus Kirchner, Bereichsleiter Softwarelizenzierung und Lizenzmanagement bei PC-Ware, nennt unter den Dienstleistungen, die seine Firma bietet, "die Analyse der vorhandenen Basis, die konkrete Planung der Produkteinführung, die Installation und die Wartung". Im Übrigen sei die in Leipzig beheimatete Firma PC-Ware ein Systemhaus, das komplette Netzwerke plane und installiere.

Da die Beratungstiefe von Systemhäusern deutlich variiert, ist die Gegenüberstellung beratendes Systemhaus versus verkaufender Lizenzhändler vielleicht künstlich. Zumal die Beratung bei der Auswahl des besten Lizenzvertrags alles andere als einfach ist. Fried Saacke, der Vorsitzende der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (DOAG), kennt die entsprechenden Probleme bei Oracle-Software sehr genau: "Gerade in Hinsicht auf neue Technologien und Lizenz-Migrationen stellen unsere Mitglieder fest, dass Oracle bestimmte Nutzungen neu festlegt, was oft die Lizenzkosten erhöht. Hier ist häufig eine Lizenzberatung mit einer Einzelfallentscheidung angebracht." Das gelte zum Beispiel beim Aufbau von Anwendungen mit Webservices.

Lizenzkosten wachsen

Gerade Internet-Anwendungen wie Webservices benötigen eine Vielzahl teilweise ganz unterschiedlicher Programmpakete und machen den Lizenzerwerb und die Lizenzverwaltung zu einem sehr komplexen Geschäft. Nicht zuletzt erhöhen derartige Anwendungen aber auch den Anteil der Lizenzen an einem Projekt und "dieser Trend wird durch Entwicklungen wie Grid Computing noch einmal verstärkt", meint Saacke. Die Komplexität wird den Erfindungsreichtum der Softwareanbieter bei den Metriken und den Finanzierungsmodellen weiter erhöhen, was für den Endanwender Wahl und Qual zugleich bedeuten kann.

Verfahren der Software-Lizenzierung Modell Beschreibung Beispiel Lizenz pro Arbeitsplatz oder Benutzer (Named User) 1000 Anwender in einem Unternehmen benötigen also 1000 Lizenzen Verteilte ERP-Anwendungen Kapazität Abhängig vom Produkt wird nach der Anzahl der Prozessoren, nach MIPS, nach Speicherplatz oder vorhandenen Speicherplatten lizenziert Web-Anwendungen Kombi-Lizenz Gilt nur für die Einbettung in eine bestimmte Lösung Versicherungsanwendung mit einer Oracle-Datenbank Nutzungsorientierung Lizenzkosten nach produzierten Autos, nach bearbeiteten Versicherungsverträgen etc. SAP-Branchenlösungen Per Transaktion Abrechnung pro Geschäftsvorfall Zahlungsverkehr von Banken Nach Zahl der Mitarbeiter im Unternehmen Jeder Mitarbeiter im Unternehmen (Angaben im Geschäftsbericht) wird mitgezählt Mietmodell der Firma Sun (Java Enterprise System) Nach Einträgen Abrechnung nach den vorhandenen Einträgen (Telefonbuch, Stammdaten etc.) Verzeichnisdienste Testlizenz Lizenz mit Zeitlimit (z.B. 90 Tage), Einschränkung des Produktes Keine speziellen Anwendungen Sonderlizenzen Für Institutionen in Forschung und Lehre. Hier gibt es oft noch die sonst nicht mehr angewandten Lizenzen für mehrere Nutzer (Concurrent Lizenzen) Keine speziellen Anwendungen


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