Mobil auf Draht
Handhelds avancieren zu vollwertigen digitalen Begleitern. Die Hersteller von Server-based-Computing-Lösungen haben sich darauf eingestellt.

Die Art und Weise, Handhelds einzubinden, fällt unter den Herstellern sehr unterschiedlich aus.
Server-based-Computing liegt voll im Trend. So sieht der Analyst Gartner voraus, dass 2008 Fat-Clients nur noch knapp die Hälfte aller Arbeitsplätze in Unternehmen und Behörden stellen werden, bei einer bis dahin jährlichen Verdopplung des Server-based-Computing-Einsatzes. Doch wie steht es um die Einbindung mobiler Clients, allen voran von Handhelds, in dieses Kommunikations- und Verarbeitungsprinzip?
Immerhin reifen die drahtlosen Minicomputer über die zweite (GPRS) und dritte Mobilfunkgeneration (UMTS) langsam, aber sicher, zu vollwertigen Endgeräten. Deshalb erwarten die Benutzer der Handhelds von Microsoft-Terminal-Server, Citrix-Meta-Frame und Tarantella-Secure-Global-Desktop zunehmend die Qualitäten, die sie von ihren stationären Clients gewohnt sind.
Citrix-Offensive
Dr. Daniel Liebisch, Technical-Product-Manager Central Europe, sieht sein Unternehmen auf diese Herausforderung gut vorbereitet. Zumal der Microsoft-Terminal-Server mit RDC (Remote-Desktop-Client) als Anbindungsprotokoll die mit der mobilen Kommunikation der zweiten und dritten Generation einhergehenden Anforderungen allein nicht erfüllen könne. »Der Zusatz Meta-Frame und ICA (Independent-Computing-Architecture), ob in nativer Form oder in Verbindung mit Microsofts ActiveX Control und Browser-Oberfläche, ist dafür viel besser gewappnet«, so Liebisch. Die zweite ICA-Variante entbindet von jeglicher lokaler Software-Installation auf den drahtlosen Clients und erspart den mobilen Handheld-Benutzern zudem eine feste Zuordnung eines Meta-Frame-Servers. Stattdessen wird ihnen beim Start der Sitzung ein Server zur dynamischen Auswahl angeboten. Der Produktmanager listet weitere Vorteile der Citrix-Lösung auf:
- Multiuser-Funktionalität auf den zentralen Meta-Frame-Servern
- keine Eingabe der IP-Adresse oder des Namens des Ziel-Servers
- nach dem Login Bereitstellung (Veröffentlichung) aller berechtigten Anwendungen, statt wie bei der Microsoft-Lösung lediglich Einblendung des zentralen Server-Desktops
- verschlüsselter Server-Zugriff über Citrix-Secure-Gateway, das zudem die komplette Meta-Frame-Umgebung gegenüber der Außenwelt verdeckt hält – gerade im Internet ein wichtiges Sicherheits-Feature
- höherer Bedienungskomfort, weil durch den direkten Applikationsbezug der Benutzer mit seinen Anwendungen so umgehen kann, als lägen sie lokal auf seinem mobilen Client
Daneben führt Liebisch unter dem Oberbegriff Smooth-Roaming zusätzliche Verbesserungsmechanismen auf, welche die Terminal-Server-Lösung von Microsoft allein nicht biete. Er nennt Funktionen für eine weitgehend ruckfreie Darstellung von bewegten Bildern, eine automatische Display-Anpassung auf den jeweiligen Handheld-Typen, Session-Reliability und Auto-Reconnect, samt und sonders Teile des Meta-Frame-Presentation-Servers 3.0.
Session-Reliability reduziert das Time-out- und damit das Sitzungsausfall-Risiko als Folge längerer Delay-Fristen auf Mobilfunkverbindungen. Sie liegen im Schnitt via UMTS bei 400 Millisekunden, via GPRS sogar bei 900 Millisekunden. Dazu stabilisiert Session-Reliability den jüngsten Bildschirminhalt. Auto-Reconnect setzt, sobald die mobile Verbindung wieder steht, den Informationstransfer nahtlos an der Abbruchstelle fort.
Tarantella-Offensive
Allerdings bedarf es bei Citrix für die Einbindung speziell der mobilen Handheld-Nutzer einer komplexen Lösung, die aus vier Komponenten besteht: ICA-Client für das jeweilige mobile Gerät sowie Web-Interface, Secure-Gateway und Meta-Frame-Presentation-Server, alle drei positioniert innerhalb der sicheren DMZ (Demilitarized Zone).
Dass es auch einfacher und herstelleroffener geht, beweist Tarantella mit ihrer Enterprise-Edition von Secure-Global-Desktop in 3-Tier-Architektur. Der Tarantella-Enterprise-Server kann auf einer im Vergleich zu dem Windows Terminal Server besser abgesicherten Solaris- oder Linux-Plattform zum Einsatz kommen. Als Applikations-Server können neben Windows, Linux, Unix in den unterschiedlichen Derivaten sowie AS/400 und OS/390 fungieren. Bei Citrix ist die Einbindung von Applikations-Servern auf HP-UX, IBM AIX oder Sun Solaris jeweils nur über separate Meta-Frame-Lösungen realisierbar. Der Terminal-Service-Kontakt zu den Handhelds wird bei der Tarantella-Lösung über AIP (Adaptive-Internet-Protocol) gehalten. Alternativ kann im Zusammenspiel mit den mobilen Clients ein Standard-Web-Browser zum Einsatz kommen.
Ein separates Secure-Gateway ist nicht erforderlich, weil der Tarantella-Enterprise-Server alle notwendigen Funktionalitäten dieses Gateways integriert. Ebenso wenig bedarf es eines gesonderten Presentation-Servers, denn auch dessen Funktionalität inklusive der automatischen Anpassung auf das Handheld-Display übernimmt der Enterprise-Server. Rainer Giesselmann, Leiter des Geschäftsbereichs Zentraleuropa bei Tarantella, erklärt, die Tarantella-Lösung sei von vornherein auf den Informationstransfer über weniger verfügbare Verbindungen ausgelegt worden. Entsprechend sei die Funktionalität des Enterprise-Servers ausgeprägt, die nun auch dem Informationstransfer über GPRS und UMTS zugute komme. Giesselmann: »Der Administrator kann zentral über Regeln genau vorgeben, wie die Reaktion bei Sitzungsausfall aussehen soll: wie lange warten auf die Verbindung, Programm geöffnet halten oder nicht, Sendung bei Rückkehr der Verbindung komplett oder ab der Abbruchstelle aufsetzen.« Zudem messe der Tarantella-Enterprise-Server permanent die genutzten Bandbreiten und die Latenzzeiten in Echtzeit und könne autark notwendige Anpassungen vornehmen.
Nachteile gibt es dennoch gegenüber der Citrix-Lösung. Von der Tarantella-Lösung werden bisher an Handhelds nur Pocket-PCs mit Windows-Mobile-Software unterstützt. Die Citrix-Lösung eröffnet dagegen ICA-Clients für Windows-Mobile-Software, XP Embedded, EPOC (Psion) und Linux. Nur ein ICA-Client für Palm OS fehlt bisher. Die Citrix-Lösung wartet zudem mit einem 24-Bit-Farbmodell auf, das bis auf ein 4-Bit-Farbmodell reduziert werden kann. Die Tarantella-Lösung beherrscht ein 16-Bit-Farbmodell, herabstufbar auf 8 Bit.
Hadi Stiel, Berater und freier Fachjournalist, Bad Camberg.