»Ehrlich währt am längsten«, heißt es in einem alten Sprichwort, übersetzt vom Titel der 1939er-Filmkommödie von und mit W.C. Fields »You can’t cheat an honest man«.
Doch an diese Weisheit halten sich offenbar immer weniger. Selten laufen sportliche Großveranstaltungen heute noch ohne schlagzeilenträchtige Doping-Skandale ab – egal ob es sich um eine Leithathletik-WM, Olympische Spiele oder die Tour de France handelt. Heute hat sich ein klarer Name für Schummler, abgeleitet aus dem Englischen, etabliert: »Cheater«. Der Drang, sich mit unlauteren Mitteln einen Vorteil zu verschaffen, macht nirgendwo halt. Kommt heute ein neues Computerspiel auf den Markt, finden sich morgen in eigenen Cheater-Foren- und Websites Hunderte von Hinweisen, Kniffen und Programmen, mit denen sich das Regelwerk des Spiels umgehen läßt.
Im Handumdrehen wird aus dem komplexesten Action-Shooter eine dröge Kaffeefahrt mir ohrenbetäubendem Geballere. Wie ich kürzlich einer Pressemittleiung entnehmen musste, hat die »Electronic Sports League«, eine Liga für Computerspiele über das Internet, in sechsmonatiger Arbeit ein spezielles Tool entwickeln lassen, welches das Cheaten als landläufige Plage bei Netzwerkspielen unterbinden soll. Es wird wohl kein ganzer Monat vergehen, bis Profi-Mogler einen Weg finden, um trotz Anti-Cheat-Tool wieder mit unlauteren Mitteln spielen zu können.
Doch Cheater finden sich nicht nur im Sport oder bei Computerspielen. Genau betrachtet, schummeln in und um die EDV-Industrie Tausende. Da gab es Grafikkarten-Hersteller, welche in ihren Windows-Treibern spezielle Routinen einprogrammierten, mit denen sich Benchmark-Tools erkennen und deren Werte positiv verfälschten liessen. Prozessorhersteller wählen stets nur die Messergebnisse für ihre Präsentations-Charts aus, welche die eigenen CPUs am besten dastehen lassen. Unmengen an Herstellern interpretieren Marktzahlen und Studien zu ihrem eigenen Vorteil, indem sie die Auswahlkriterien so weit einschränken, bis die Zahlen bestmöglich auf das eigene Produkt passen.
Ehrlich währt dann wohl doch nicht am längsten, oder?
Vielleicht sollte man den Filmtitel einmal wörtlich übersetzen: »Du kannst keinen ehrlichen Mann betrügen«. So betrachtet, liegt es am Anwender, sich und den Aufgaben seiner eigenen IT-Infrastruktur gegenüber ehrlich zu bleiben. Dann kann er die Komponenten auswählen, die ungeachtet der Hersteller-Cheats und geschummelten Statistiken für die eigene EDV-Installation am besten passen.
Dann wiederum kann die ehrliche Lösung auch am längsten im Rechenzentrum währen.
Ihr Andreas Stolzenberger