Neuer Arbeitskreis Outsourcing ? Deutschland hinkt hinterher. Deutschlands wichtigster ITK-Branchenverband Bitkom schlägt sich auf die Seite der IT-Dienstleister und hat den neuen Arbeitskreis Outsourcing gegründet. Das Auslagern von Geschäftsprozessen sei betriebswirtschaftlich notwendig, schaffe hierzulande sichere Arbeitsplätze und sei sowieso nicht aufzuhalten, meint Bitkom. Arbeitnehmer dagegen bangen um ihre Arbeitsplätze.
Geht es nach den Arbeitnehmervertretern, ist Outsourcing heutzutage eine Art moderne Variante des mechanischen Webstuhls. Dessen Erfindung hat bekanntlich vor rund 200 Jahren die Effizienz der Textilfertigung dramatisch gesteigert, die Kehrseite der Medaille: Verelendung ganzer Städte aufgrund hoher Arbeitslosigkeit. Letzteres fürchten hierzulande die Gewerkschaften, wenn immer mehr Unternehmen ganze Abteilungen oder Geschäftsprozesse wie IT-Anwendungen auslagern. Befürchtungen, die nicht nur in Deutschland, sondern derzeit auch in den USA die Emotionen hoch kochen lassen. Aus der Sicht von Gewerkschaften sind die Ängste sicher nicht von der Hand zu weisen. Diese Einsicht teilt der Branchenverband Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien), dem mehr als 1.300 Unternehmen angehören, freilich nicht. Im Gegenteil: Outsourcing komme nämlich allen Beteiligten zu Gute. Nicht zuletzt den Anbietern von IT-Dienstleistungen, die einen Milliarden-Markt dahinter sehen.
Neben Kostenersparnissen, Innovationssicherheit und Besinnung auf das Kerngeschäft, die sich durch ein konsequentes Outsourcing für Kunden ergäben, würden auch die Beschäftigten in den entsprechenden Unternehmen profitieren: »Sichere Arbeitsplätze, fachliche Fortentwicklung und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten stehen für die Arbeitnehmer klar auf der Habenseite«, zieht denn auch Christian Oecking ein positives Fazit. Als Leiter des vom Bitkom neu gegründeten Arbeitskreises ist Oecking wie kaum ein zweiter prädestiniert, für Outsourcing die Stimme zu erheben: Der ehemalige Manager von EDS leitet heute bei der Siemens-Tochter SBS das weltweite Outsourcing-Geschäft.
Potenzial sehen IT-Outsourcing-Anbieter in Deutschland vor allem in Industrien, die bislang noch einen hohen Teil der Wertschöpfungskette selber abdecken. Während die Fertigungsindustrie hierzulande bereits in den 70er und 80er Jahren durch Auslagerungen eine niedrige Fertigungstiefe erreicht hat ? allen voran der Automobilbau mit einer Rate von rund 20 Prozent, hinken Sektoren wie Finanzdienstleister, Versicherungen und die Öffentliche Hand diesem Trend hinterher. »Deutschland liegt im internationalen Vergleich erheblich zurück«, stellt der Bitkom fest. Im Vergleich zu USA und Großbritannien sei Deutschland beim Outsourcing auf dem Stand, die diese Länder vor fünf Jahren erreicht hatten.
Der Bitkom geht ferner davon aus, dass Firmen im Rahmen von Outsourcing künftig nicht allein Teilfunktionen oder einzelne Abteilungen auslagern würden, sondern ganze und komplexe Geschäftsprozesse außer Haus gäben (Business Process Outsourcing) und sich dann ganz auf Entwicklung und Marketing konzentrieren könnten. Eine Einschätzung, die Firmen wie BMW oder Porsche allerdings nicht uneingeschränkt teilen, denn für sie besitzt die IT einen strategischen Wert, den sie am besten bei sich aufgehoben sehen.
Kostenersparnisse beim IT-Outsourcing, welche die Anbieter nicht selten auf 30 Prozent und mehr taxieren, lassen sich in der Regel nur dann realisieren, wenn Skaleneffekte greifen ? also möglichst viele Millionen schwere Aufträge gewonnen werden ? und die Aufgaben zum Teil in Billiglohnländer ausgelagert werden. »Damit wir noch Geld verdienen, müssen wir eine gesunde Mischung aus Onshore- und Off-shore-Angeboten abgeben. Da geht kein Weg daran vorbei«, stellte Christian Oecking kürzlich im Interview mit CRN klar.
In diesem Zusammenhang erregt Outsourcing und Offshoring derzeit in den USA die Gemüter. Kritiker sehen bereits zehntausende Arbeitsplätze gefährdet und werfen den Firmenstrategen mangelnden Patriotismus vor. Ein Vorwurf, der sogar den Senat beschäftigt und in eine Initiative gemündet ist, der Verlagerung von Jobs ins Ausland gesetzliche Hürden aufzuerlegen. Solche Brandmarkungen würden am Kern der Sache vorbeizielen, wehrt Bitkom-Geschäftsführer Peter Broß ab.
Für ihn ein reines Ablenkungsmanöver, das von den Chancen dieser Entwicklung ablenken soll. Statt Ängste vor dieser Entwicklung zu schüren, fordert der ehemalige Mannesmann-Manager, den »unumgänglichen Prozess« aktiv mitzugestalten. Denn seiner Meinung nach ginge bei diesem Transformationsprozess keine Wertschöpfung verloren, sie komme lediglich anderen Beteiligten zugute ? eben jenen Firmen und ihren Mitarbeitern, die am günstigsten Standort entsprechende Leistungen abdecken. »Globalisierung und Freihandel schaffen Wohlfahrtsgewinne für alle und helfen den Unternehmen, ihre Effizienz zu erhöhen.« Das komme den Firmen in Deutschland und letztlich auch ihren Mitarbeitern zugute, meint Broß.
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