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Cloud Computing treibt Nachfrage weiter

Londoner Börse schwenkt auf Open Source um

Autor:Michael Hase • 17.11.2009 • ca. 1:50 Min

Ein besonders spektakuläres Projekt stieß die Londoner Börse im Oktober an. Sie kaufte den Anbieter Millennium IT, ein Unternehmen aus Sri Lanka, das 300 Software-Entwickler beschäftigt. Die Aufgabe von Millennium IT besteht darin, innerhalb von 18 Monaten die Handelsplattform der Londoner auszutauschen und dabei die Software-Infrastruktur von Microsoft Dot-Net auf Open Source-Technologie umzustellen. Das neue System soll »hochproduktiv, flexibel, robust und bedeutend preiswerter« sein – Attribute, die häufig genannt werden, wenn der Umstieg auf quelloffene Software begründet wird. Langfristig verspricht sich die Börse davon jährliche Einsparungen in Höhe von 15 Millionen Dollar.

Die Entscheidung der Londoner ist musterhaft für die wachsende Verbreitung von Open Source. Quelloffene Software setzte sich zunächst in der Infrastruktur durch: bei Betriebssystemen, Datenbanken, Middleware oder File- und Print-Servern. In manchen Technologiefeldern, etwa bei Web-Servern oder Cluster-Lösungen, hat sie inzwischen sogar eine marktbeherrschende Stellung erobert. Dieser Trend werde sich fortsetzen und durch neue Computing-Modelle sogar noch verstärken, sind die Vertreter der Szene nahezu einhellig überzeugt.

»Open Source-Software wird sich im Bereich der Infrastruktur mittel- bis langfristig zum marktbeherrschenden Standard entwickeln«, erwartet Peter Ganten, Geschäftsführer des Bremer Linux-Anbieters Univention. Durch den aktuellen Cloud Computing-Hype werde dieser Trend sicher noch beschleunigt. Denn Anwender setzen dabei nach Gantens Worten noch intensiver auf Web- und Hosting-fähige Applikationen und binden sich automatisch immer weniger an proprietäre Basistechnologien. »Produkte wie Microsoft Windows bieten ja schon heute aus der Sicht von Unternehmen keinen einzigen wirklichen Vorteil mehr.« Man verwende Windows vor allem deshalb, weil es als Plattform für Applikationen wie Microsoft Office diene.

»Im Cloud Computing ist Open Source die Voraussetzung für eine wirksame Skalierbarkeit«, führt SugarCRM-Chef Augustin aus. Unternehmen, die nicht auf quell-offene Software setzen, seien per se im Nachteil. »Wir werden daher erleben, dass proprietäre Komponenten bei vielen Schlüsseltechnologien in naher Zukunft die Minderheit bilden.« Diese Einschätzung teilt LWsystems-Geschäftsführer Licher. Beim Cloud Computing komme es darauf an, Services anzubieten, die sich flexibel und einfach miteinander kombinieren lassen. Die ideale Plattform dafür sei Open Source-Software. »Nur Offenheit in Bezug auf Standards und Schnittstellen vermag die Basis für Interoperabilität und Transparenz zu schaffen.«

Für Open-Xchange-Chef Laguna ist die Dominanz von Open Source ein Stückweit bereits Realität: »Je weiter wir im Solutions Stack von der vertikalen Applikation in Richtung Hardware und Betriebssystem gehen, um so seltener werden wir auf proprietäre Technologien treffen.« In den Rechenzentren der Internet-Industrie spielten Windows und Unix schon heute keine vorherrschende Rolle mehr. »Open Source-Technologien wie Linux, Apache, MySQL, PHP, Java sind hier Platzhirsche. Und sie bilden die Grundlage für erfolgreiche SaaS-Anwendungen.«