Ordnung ins Datenchaos bringen

10. Juni 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Ordnung ins Datenchaos bringen. Metadaten können IT-Abteilungen helfen, die Kosten zu senken und die Fachanwender besser zu bedienen. Wenn kritische Faktoren berücksichtigt werden, steigen die Erfolgsaussichten entsprechender Projekte.

Ordnung ins Datenchaos bringen

Metadatenmanagement muss Informationen auf unterschiedlichen Ebenen erfassen und definieren.

Quelle: Mummert Consulting

Sowohl operative als auch entscheidungsunterstützende Anwendungen brauchen klar und einheitlich definierte Daten, um zusammenwirken und bestmöglichen Nutzen liefern zu können. Leider lässt die Qualität der Informationen in vielen Unternehmen zu wünschen übrig. Immer komplexer werdende IT-Landschaften erschweren den Durchblick und erhöhen den Leidensdruck. Oft ähneln sich die Probleme. So sind die Datenflüsse in den Systemarchitekturen häufig nicht ausreichend dokumentiert und damit nicht mehr beherrschbar. Es fehlen Angaben, welche Daten entlang welcher Wege welchen Transformationen unterzogen werden. Welche Systeme und welche Tabellen etwa von der Einführung einer neuen Kundenanwendung betroffen sind, lässt sich dann nicht mehr ermitteln. Mit entsprechenden Metadaten könnten Neuentwicklungen durch Wiederverwendung und Vermeidung von Redundanz effizienter und besser durchgeführt werden. Ein anderes in den Unternehmen häufig anzutreffendes Szenario: Anwender benötigen fachliche Beschreibungen und Sichtweisen auf die Daten ihres Tagesgeschäfts: zum einen, um benötigte Daten zu finden, zum anderen, um sie auch richtig zu interpretieren. Bestehende Auskunftssysteme in den Unternehmen, etwa Data Dictionaries, sind für solche Anfragen oft ungeeignet, da sie zu technisch ausgerichtet sind. Eigentlich müssten deren Metadaten erst mit den fachlichen Beschreibungen verknüpft werden.

Daten besser verstehen

Trotz knapper IT-Budgets werden in den Unternehmen deshalb zunehmend Projekte gestartet, um das Datenchaos durch Metadatenmanagement (MDM) in den Griff zu bekommen. Allgemein gesagt, beinhalten Metadaten Informationen, die den Benutzern helfen, Daten besser zu verstehen und gemeinsam zu verwenden. Der Nutzen der Metadaten liegt darin, einerseits Entwicklungs- und Betriebskosten zu senken und andererseits Transparenz und Akzeptanz zu erhöhen.

Bereits die saubere Trennung von technischen und fachlichen Metadaten kann bei einem MDM-Projekt helfen. Während erstere der Systementwicklung und dem Betrieb und damit den Entwicklern zugeordnet sind, interessieren die fachlichen Metadaten (etwa Kommentare oder Geschäftsregeln) in erster Linie die Endanwender. Werden die technischen Metadaten nochmals unterteilt in logische Metadaten (in Form eines logischen Datenmodells) und physische Metadaten (physisches Datenmodell, Indizes, Transformationsregeln und anderes), dann ergibt sich eine dreischichtige Metadatenarchitektur, wie sie die Strukturzeichnung zeigt.

Wenn die Verknüpfung der Metadaten über die verschiedenen Ebenen gelingt, dann bekommen die Nutzer der MDM-Lösung brauchbare Informationen, etwa für Abhängigkeitsanalysen. Zudem stehen ihnen im Idealfall eine einheitliche Oberfläche und eine durchgängige Plattform zur Verfügung anstelle heterogener Insellösungen, die jeweils nur einen Teil der Metadaten beinhalten und nicht miteinander kommunizieren können. Verständigungsschwierigkeiten zwischen Fachabteilungen und der IT können auf diese Weise ebenfalls angegangen werden, weil MDM eine Integration der Daten geradezu erzwingt. Idealerweise finden die nötigen Abstimmungen in einer frühen Phase des Softwareentwicklungsprozesses statt.

Anforderungen an Metadaten

Metadatenmanagement (MDM) stellt eine Sammlung von Informationen bereit, die den folgenden Anforderungen genügt.

Strukturiert: Ein Metamodell sorgt für Strukturierung. Fachliche Metadaten können dabei Schwierigkeiten bereiten. So gilt es, Informationen beispielsweise aus Word-Dokumenten in das Modell einzubringen. Vereinheitlicht: In vielen Unternehmen gibt es bereits Inseln von Metadaten in verschiedenartigen Formaten und Modellen. Bei einem zentralen MDM müssen diese Darstellungen zusammengeführt werden. Integriert: Metadaten müssen verknüpft werden. Denn der Endanwender profitiert nur, wenn ein roter Faden die verschiedenen Metadaten miteinander verbindet und er navigieren kann. Vollständig: Lücken können sich innerhalb einer bestehenden Metadatenhaltung befinden, aber auch ganze Systemkomponenten betreffen. Abgestimmt: Fachliche Metadaten, etwa die Beschreibung einer Kennzahl wie Umsatz, erfordern Abstimmung und Konsens im Unternehmen. Aktuell: Der Erfolg und die Akzeptanz einer MDM-Lösung hängen nicht zuletzt von der Aktualität der verwendeten Metadaten ab.

Erfolgsfaktoren beachten

Es lassen sich etliche allgemein gültige und eher abstrakte Nutzenpotenziale einer MDM-Lösung identifizieren, namentlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Daten, einheitliche Terminologie, höhere Qualität der Daten und Programme oder bessere Akzeptanz von Anwendungen und Systemen. Letztendlich entscheidet im konkreten Fall aber meist, wie gut das MDM die akuten Probleme im Unternehmen lösen kann. Es bietet sich an, entsprechende Use Cases als Zielszenarien der ersten Ausbaustufe eines MDM-Projektes zu definieren. Ein iteratives Vorgehen spiegelt sich auch in den sechs kritischen Erfolgsfaktoren bei der Durchführung eines MDM-Projektes wider.

So sollten Projekte erstens nicht mit dem Anspruch einer allumfassenden Lösung starten. Wie im Data Warehousing gilt auch hier die Devise: Think big, start small. Viele Projekte scheiterten in der Vergangenheit wegen überzogener oder unklarer Anforderungen an die zu schaffende Lösung. Wichtig sind daher eine klare und abgestimmte Begrenzung des Projektumfangs, ausgehend von einer Analyse des Informationsbedarfs mit anschließender Priorisierung, und ein definiertes Vorgehen. Das Hamburger Beratungshaus Mummert beispielsweise hat dafür ein entsprechendes Vorgehensmodell entwickelt. Zweitens haben MDM-Vorhaben strategischen Charakter. Sie erfordern daher ein entsprechendes Sponsoring auf Managementebene und starken Rückhalt im Unternehmen. Zum einen lässt sich damit die Finanzierung gewährleisten - wie bei vielen übergreifenden Themen oft ein Problem, da Kostenverursacher und Nutznießer nicht unmittelbar zugeordnet werden können. Zum anderen erhält das MDM dadurch eine politische Dimension, da bestehende Unzulänglichkeiten im Unternehmen schnell aufgedeckt und beseitigt werden sollen. Ein wesentliches Ziel, die Digitalisierung des relevanten Wissens der Mitarbeiter, um dieses allgemein zugänglich und nutzbar zu machen, kann nämlich auf erhebliche interne Widerstände stoßen.

Metadaten managen

Drittens ist es aus den gerade genannten Gründen wichtig, alle Beteiligten einzubeziehen: MDM-Systeme erfordern in der Regel eine breite Basis im Unternehmen, schließlich leben sie von aktiver Pflege und Nutzung. Viertens hilft die Definition von Use Cases zu Projektbeginn, Inhalte und Ziele des Vorhabens zu veranschaulichen und zu priorisieren. Bei iterativen Ansätzen, die zu empfehlen sind, können auf diese Weise schnelle Erfolge (Quick Wins) erreicht werden, die Akzeptanz schaffen und die Fortführung des Projektes erleichtern. Fünftens ist gerade in den heutigen Zeiten knapper IT-Budgets eine Kosten-Nutzen-Rechnung unabdingbar. Die Kostenseite lässt sich einigermaßen in Zahlen fassen, doch gibt es noch keine etablierten Methoden, den Nutzen zu quantifizieren. Die Vorgehensweise muss daher im Einzelfall festgelegt werden. Eine erste Orientierung können die im Vorfeld definierten Use Cases geben, anhand derer der Nutzen einer MDM-Lösung abgeschätzt werden kann. Für diese sollten die Aufwände mit und ohne MDM-System gegenübergestellt werden, um so das Einsparungspotenzial etwa beim Personal zu ermitteln.

Einheitliche Notation

Sechstens erfordern MDM-Lösungen ein gemeinsames Verständnis. In entsprechenden Projekten hat sich eine intuitive und einheitliche Notation bewährt, um besonders bei den fachlichen Metadaten nicht durch hohe Abstraktion den Bezug zur Realität und zu den Endanwendern zu verlieren. Hier bietet sich beispielsweise die Notation der Metadatenlandkarte an, wie sie bei Mummert Consulting im Rahmen von Kundenprojekten entwickelt wurde.

Dr. Barbara Dinter ist Beraterin bei Mummert Consulting.


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