Pro und Contra: IT-Shops vor dem Aus. IT-Fachhändler reden Klartext. Zahlreiche Händler folgten unserer Aufforderung zur Diskussion über die These, dass binnen vier bis fünf Jahren etwa 13.000 IT-Shops schließen müssen. Dabei gehen sie mit Herstellern, Distributoren, Kooperationen aber auch ihren Händlerkollegen hart ins Gericht.
Müssen in den nächsten vier bis fünf Jahren 13.000 IT-Shops schließen? Diese These von Frank Roebers (siehe CRN 22/02), Vorstandssprecher PC-Spezialist AG, sorgte für heftige Kommentare unter unseren Lesern. In der Ausgabe 23/04 riefen wir zur Diskussion auf. In Auszügen veröffentlichen wir die wichtigsten Leserbeiträge.
Hermann Hergt, Hergt Computer Service in Bad Aibling, warnt davor, dass Hersteller ihre »Produkte an der Tanke« anbieten. Zwar habe er Verständnis dafür, dass sich die Unternehmen nach »weiteren Vertriebskanälen umsehen« würden, »doch schaden sie damit dem Klein- und Mittelstand«. Bei den Distributoren wiederum hat er den Eindruck, »dass einige Distris immer noch nicht das Potenzial der Fachhändler erkannt haben«. So würden die Einkaufsbedingungen und die RMA-Abwicklung »viele Händler verärgern und damit den Punkt ?schneller Service? der Fachhändler kaputt machen«. Aber auch der eigenen Zunft gibt er eine gewisse Mitschuld am Händlersterben: »Wenn man nur über den Preis verkaufen will, geht das fast unweigerlich schief. Lieber mit Kollegen zusammenarbeiten. Wir tun dies erfolgreich seit zwei Jahren.« Voraussetzung sei allerdings ein entsprechender Vertrag, um den »Futterneidfaktor« auszuschließen.
Ebenfalls an der Professionalität mancher Händler zweifelt Anton Hollaus, Firma com-com in Stephanskirchen bei Rosenheim: »Die meisten Ingram- und Tech-Data-Kunden sind doch halbherzige Computerhändler, die entweder hauptberuflich bei Siemens arbeiten oder eigentlich EDV bei Mittelständlern betreuen. … Den Computerhandel umgibt nicht mehr wie vor 20 Jahren das geheimnisvolle, teure und für Außenstehende undurchschaubare Flair. Computer sind inzwischen Mitnahmeartikel geworden, die jeder Billig-Markt anbietet.« Deshalb sei er »nicht traurig, wenn demnächst alle Pfuscher ohne elektrotechnische Ausbildung den Gewerbeschein für Computerhandel zurückgeben.« Überleben werden nach Hollaus? Meinung »nur Firmen mit Zulassung für Installationen (Handwerksrolle) und gute Verkäufer mit Kapital im Rücken«. Dagegen zweifelt er an Roebers Überzeugung, dass Kooperationen das Überleben des IT-Fachhandels sichern könnten. »Wer sich auf eine Kooperation verlässt, die er mitfinanzieren muss, der wird erst aufwachen, wenn die Bank den Dispo kündigt.«
Ebenso wie Hergt rechnet auch Lothar Heydrich, Top Connect Computer in Neuss, mit allen Beteiligten der Warenschöpfungskette ab: »Jeder, ob Hersteller, Distributor, Retailer, Internet-Anbieter, macht seinen Reibach am EDV-Handel vorbei. Der EDV-Händler geht in der Regel leer aus. Die Marge ist gleich ?Null?. Internet-Angebote für Endkunden stellen sich überwiegend günstiger dar, als die HEK?s in der Distribution.« Hedrich zweifelt am Sinn jener Fachhandelskooperationen, »wo man als Mitglied für eine Zahlungsfristverlängerung eine Menge Geld drauf zahlt«. Hingegen liege in der Gemeinsamkeit vieler Händler die Stärke und der Schlüssel zum Erfolg. »Insbesondere im gemeinsamen größeren Einkaufsvolumen.« Mit dem Hinweis, dass er bereits diese Bündelung von Einkaufsvolumen mit anderen Händlern praktiziere und an Kontakten zu weiteren Händlern interessiert sei, schließt Heydrich seinen Beitrag.
In einem Punkt gibt Johann Fertl, Fertl EDV-Systeme in Landshut, PC-Spezialist-Vorstand Frank Roebers recht: »All die gehen pleite, die sich nicht speziell fokussieren und nichts drauf haben.« Doch ? und da trennt er sich schon wieder von Roebers ? die Rettung komme nicht von den Kooperationen. »Die paar Prozente, die Kooperationen bieten, retten keinen Betrieb.« Vielmehr müsse man als Fachhändler qualifiziert sein. »Kosten gering halten, gute Mitarbeiter. Das Produktsegment straffen.« Da seiner Ansicht nach die »Rabattschlachten im Handel in Zukunft anhalten«, kann er nur empfehlen, »diese Käuferkreise zu meiden«. Zwar habe er schon öfters überlegt, »so einer Kooperation beizutreten. Ich habe dann aber immer wieder Abstand genommen, weil man von diesen Gruppen eingeengt wird. Und ein Ladengeschäft möchte ich bei Gott in dieser Branche niemals führen.« Im Bereich Hardware vertraut er auf die Assemblierung von PCs, »denn da wissen wir, was drin ist«, und ansonsten nur auf Markenware. »Man muss nicht alles verkaufen.« Darum schicke er Kunden für »billige Tintendrucker oder Scanner direkt zu Media Markt oder Pro Markt«. Dienstleistung, Software, Full-Service, dagegen seien lukrative und zukunftssichere »Produkte« für Fachhändler.
Sven Kaule, IT Services in Plön, gibt Herstellern und Distributoren ein gehöriges Maß an Schuld für die Probleme des IT-Fachhandels. »Die werfen alle Blendgranaten. Ich versuche gerade für einen Kunden ein passendes Notebook zu suchen. Anstatt die Notebooks ordentlich zu bezeichnen, heißen alle Varianten gleich und verstecken sich in Kürzeln hinter den Namen. Diese werden von den Distris weggelassen oder verkürzt. Beispiel die Seite von HP: Notebooks Consumer Grafik/ Sound. Da sind drei bis vier Schritte nötig, um ein Notebook zu spezifizieren. Sieht ein Kunde dann, dass man lange nach der Spezifikation und dem Preis suchen muss, glaubt er, man sei inkompetent.« Flächenmärkte hingegen, so Kaule, hätten es einfacher, »denn die haben nur zehn Notebooks im Angebot«. Angesichts der Situation im IT-Fachhandel sei er schon von Kunden gefragt worden, »ob ich denn in fünf Jahren noch existieren würde«. Kaule bezweifelt, »ob PC-Spezialist den Krieg gegen Makro und Saturn gewinnen könne, wenn die Shops totgeredet werden«.
Ein ehemaliger Einkäufer bei einem Retailer, der aus diesem Grund anonym bleiben will, bezweifelt die Aussage von Verbundgruppen »wie EP, R.I.C. oder Aera, dass es ihnen nicht um Preise geht«. In seiner früheren Tätigkeit habe er beispielsweise die Einkaufspreise für EP und Microtrend vergleichen können.
»Fakt ist, dass die Preise zu 95 Prozent bei allen identisch sind. Vergleicht man dann die Leistungen, die EP, R.I.C. oder Aera bieten, kann man leider Microtrend vergessen.« Deshalb vertritt er die Ansicht, »dass die Kooperationen aus dem PC-Sektor den Trend verpennen. Die großen Kooperationen bieten schon seit langer Zeit ihren Mitgliedern 90 Tage Zahlungsziel ? Media Markt hat über 120 Tage ? bei PC Spezialist ist das erst seit wenigen Jahren ein Thema.« Ebenso sei es nicht sinnvoll, wenn nahezu jeder einen IT-Shop eröffnen könnte und nach kurzer Zeit wieder schließen müsse.
Da helfe es auch nicht, wenn dieser Händler »die Soundkarte billiger einkaufen kann«. Er fordert, dass Kooperationen den Mitgliedern die Möglichkeit zum Geldverdienen bieten müssen. »Das ist der Value Add, der tatsächlich sein Geld wert ist.« Dies werde aber nicht damit erreicht, »neben PCs, Zubehör, Telefone, Handys und Cash-Cards, auch noch Flat-TV, Digitalkameras, DVD-Player und andere neue Produkte ins Angebot zu nehmen. Denn der Kapitalaufwand steigt für den Händler mit jedem neuen Produkt. Und IT-Shop-Gründer riskieren bei der Fülle an Produkten eine zu geringe Eigenkapitalquote«.
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