Projekte können Strategien verändern (Fortsetzung)
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Blick über den Tellerrand
Auch an E-Government außerhalb der eigenen Verwaltung hat die Stadt Rosenheim reges Interesse. Die Beteiligung der Gemeinde an einem EU-Projekt, dass die IT-Region Salzburg, Rosenheim, Kufstein stärken soll, ist dafür nur ein Beispiel. Die Stadt ist so auch in den verschiedensten Arbeitskreisen wie etwa beim Bayerischen Städtetag engagiert, um aktiv an der IT-Prozesswelt mitwirken zu können. Durch diese Zusammenarbeit und den Blick über den Tellerrand werden wichtige Erfahrungen gewonnen.
Insgesamt baut das E-Government-Konzept der kreisfreien Gemeinde auf dem seit 1995 bestehenden Konzept für Technik und Informationsverarbeitung (TuI) der Stadt Rosenheim auf. Dieses wird seit zwei Jahren als E-Government-Konzept weitergeführt. Seit dem wird ständig an ihm gefeilt. Denn statt einmal mit Hilfe einer teueren Beratertruppe einen Masterplan festzuschreiben und diesen dann stur über Jahre auszuführen, wird das Konzept mindestens einmal jährlich überarbeitet. Es wird nach Rücksprache mit allen Beteiligten an die aktuelle Markt-, Sicherheits- und Kostenlage angepasst. Jedes einzelne Projekt wird aufs Neue auf seine Relevanz geprüft und gegebenenfalls überarbeitet. Manfred Grundei, Leiter des Amts für Informationsverarbeitung, erläutert: »Bei dem Rationalisieren von Arbeitsprozessen ist manchmal der Weg das Ziel und auch Projekte können die Strategien ändern«.
Die beste Lösung ist dabei immer die einfachste, kostengünstigste und praktischste, egal welcher Dienstleister oder Hersteller sie liefert, sofern sie in das bestehende Strategiekonzept passt. Vor jeder Anschaffung gilt es, darüber hinaus zu prüfen, ob nicht eine bereits im Haus vorhandene Lösung ausreicht, um das neue Projekt zu stemmen. Damit die Kosten der Initiativen nicht aus dem Ruder laufen, orientieren sich die Rosenheimer weitgehend an Standards (siehe Kasten Seite 9). Örtliche, ja lokale Voraussetzungen dürfen dabei natürlich nicht außer Acht gelassen werden. Für den Aufbau einer Softwarelösung für das Fundbüro, wählte die Stadt zum Beispiel eine Standardsoftware. Auch das Gewerbeanmeldeverfahren konnte über ein Standardprodukt realisiert werden, welches über das Landesamt für Datenschutz und Sicherheit bezogen wurde.
Doch bei der Einführung eines Ratinformationssystems fiel die Wahl der kreisfreien Gemeinde und ihrer 44 Stadträte auf eine Eigenentwicklung. Amtsleiter Grundei erläutert: »Kein Standardprogramm entsprach so richtig unseren Anforderungen, es war wirtschaftlicher eine eigene Lösung zu entwickeln«.
Auf der Suche nach einem geeigneten Werkzeug mit dem pdf-Dokumente erstellt werden können, fiel die Wahl hingegen statt auf ein Standard-Tool, auf das Open Source Programm PDF-Creator. Dieses ist kostenfrei, entspricht genauso dem SAGA-Standard und ist darüber hinaus sehr einfach zu bedienen. Gerne würde das Amt für Informationsverarbeitung vermehrt Open Source Produkte nutzen. Ein möglicher Umstieg wird immer wieder geprüft. Doch oft fehlt es noch an der nötigen Kompatibilität. Das ist auch der Grund, warum Amtsleiter Grundei zum Beispiel weiter an Standardprodukten wie zum Beispiel Office von Microsoft festhält. Er erläutert: »Ein Umstieg auf wesentlich kostengünstigere Open Source-Produkte ist mangels voller Kompatibilität und wegen des hohen Umstellungsaufwandes derzeit nicht ratsam.«
Wie flexibel sich das Amt für Informationsverarbeitung den unterschiedlichen und sich fortlaufend ändernden Situationen anpasst, zeigt darüber hinaus eine Entwicklung aus dem Jahr 2004. Ging man 2003 noch davon aus, dass der Einsatz von
Thin-Client und Citrix Metaframe fürs erste keinen Sinn mache, so änderte sich das bei einer erneuten Prüfung im vergangenen Jahr. Die IT-Fachleute vollführten eine 180 Grad Wende und stellten fest: Dem Einsatz von Thin-Client steht nichts mehr im Wege. Grundei erläutert: »Bei der jährlichen Überprüfung wurde klar, dass an mancher Stelle ein Standard-PC durch einen Thin-Client mit technischen, organisatorischen und finanziellen Vorteilen ersetzt werden kann«. Bei Tests hatte sich herausgestellt, dass das zum Teil auf Ethernet und zum Teil noch auf Token Ring basierende Netz durch die Thin-Clients besser ausgelastet werden würde und so Leistungsengpässe vermieden werden könnten. Darüber hinaus zeigte sich, dass ein Thin-Client, in 25 Sekunden im Netz hochfährt, wo PCs zwei bis drei Minuten brauchen. Außerdem benötigt das Amt für Informationsverarbeitung rund einen halben Arbeitstag, um einen neuen PC an den jeweiligen Arbeitsplatz angepasst zu installieren. Ein Thin-Client wird hingegen nur angestöpselt und zentral gewartet.
Das allein überzeugte die Leiter der anderen Fachbereiche allerdings noch nicht vollständig. Denn selbst wenn der IT-Abteilung der zentrale Einkauf der Hardware unterliegt, die Kosten für die Geräte müssen die einzelnen Dezernate tragen. Amtsleiter Grundei entschloss sich deshalb, eine Rückgabegarantie für die Thin-Clients einzuführen. »Sollte jemand mit der neuen Technologie unzufrieden sein, würde diese zurückgenommen und die Ausgaben erstattet«. Seine Rechnung ging auf. Gekauft werden nun immer die günstigsten Geräte, die den geforderten Standards und den jeweiligen Arbeitsplatzanforderungen entsprechen.
Auch bei der Entsorgung von alter Hardware beschreitet das Amt für Informationsverarbeitung in Rosenheim neue Wege. Statt zum Beispiel eine alte USV-Anlage für rund 500 bis 600 Euro verschrotten zu lassen, wurde diese auf der Online-Auktionsplattform E-Bay eingestellt und für rund 200 Euro verkauft. »Das geht natürlich nicht einfach so, davor waren ein paar haushaltsrechtliche Details zu klären«, versichert Grundei.