Herstellerübergreifende Zertifizierung
Modellbasierte Softwareentwicklung hilft nicht nur bei der Integration der Entwicklungsschritte und bei der schnelleren Umsetzung in ausführbare Softwaremodule, sondern unterstützt auch Standardisierungsprozesse und damit die Kommunikation aller Prozessbeteiligten untereinander. Nicht zuletzt hilft eine derart strukturierte Entwicklung auch bei der Zertifizierung der Produkte und Prozesse. »Derzeit gibt es zwar noch keine offiziellen, herstellerübergreifenden Grundlagen für die Zertifizierung von Software in Automobilen, die Herstellerinitiative Software dürfte aber das Qualitätsprüfmodell ´AutomotiveSPiCE´ noch in diesem Jahr verabschieden«, meint Thomas Klatt, Branchenbeauftragter Automobil und Auditleiter beim weltweit tätigen Zertifizierungsdienstleister Det Norske Veritas (DNV). Bei AutomotiveSPiCE handelt es sich um eine Liste von Prozessen, die sozusagen das Minimum darstellen, um wesentliche Qualitätselemente von Software im Automobil überprüfen zu können. »Die Prüfkriterien von AutomotiveSPiCE werden die herstellerindividuellen Anforderungsprofile an die Zulieferer, die es natürlich schon immer gab, ersetzen und mehr Transparenz für beide Seiten bringen«, meint Thomas Klatt. Das sei umso notwendiger, als auch sicherheitskritische Software für Automobile in einem komplexen Netz von Auftragnehmern und Unter-Auftragnehmern entwickelt werde, das wie bei der übrigen Software-Entwicklung mittlerweile weltumspannend sei.
Betriebssystem für Automobil-Software
Auf mehr Transparenz für Lieferanten und Autohersteller und eine größere Zahl mehrfach verwendbarer und qualitativ hochwertigerer Programmpakete zielt auch das Projekt »Automotive Open System Architecture« (AUTOSAR). »Bei AUTOSAR handelt es sich letztlich um die Entwicklung eines allgemeinen Betriebssystems für Automobil-Software, sodass einzelne Module über die Herstellergrenzen hinweg austauschbar werden«, erklärt Zertifizierungsspezialist Thomas Klatt.
Prof. Dr. Jürgen Mottok vom Automobilzulieferer Siemens VDO beschrieb auf einer Tagung des Fraunhofer Instituts ISST die von einem Konsortium der wichtigsten deutschen Automobilproduzenten und Automobilzulieferer entwickelte Systemarchitektur als virtuellen Funktionsbus, über den »die Software-Komponenten vor der materiellen Entwicklung der Elektronik-Teile« miteinander kommunizieren. Erst durch den Einsatz von Konfigurationswerkzeugen, so Mottok weiter, werde unter Berücksichtigung der Modellbeschreibungen entschieden, auf welchem Hardware-Modul eine bestimmte Software-Komponente angeordnet wird, ob also die Kommunikation lokal oder über ein Busprotokoll erfolge. Die Software-Komponenten nutzen nach Darstellung von Mottok dabei eine standardisierte Schnittstelle, die für eine jede Hardware-Komponente von der AUTOSAR-Laufzeitumgebung bereitgestellt wird. Alle Funktionsdomänen eines Automobils (Fahrwerk, Antrieb, Karosserie/ Komfort, Multimedia/Telematik, Mensch-Maschine-Schnittstelle und Sicherheit) werden in dieser offenen Architektur abgebildet, was nicht zuletzt eine domänen-übergreifende Akzeptanz der Projektziele ermöglicht.
Durch eine derartige offene Architektur ändert sich auch das Geschäftsmodell der Automobil-Zulieferer. Sind diese bis dato für alle Schichten der Software-Architektur zuständig gewesen, macht eine Schnittstelle wie AUTOSAR die Austauschbarkeit von Applikations-Software möglich und erzeugt dadurch einen neuen Wettbewerb der Zulieferer. Die Differenzierung ergibt sich in Zukunft allein durch den Funktionsumfang und die Implementierung der jeweiligen Funktionen.