Retail: Terminator Media Markt

19. August 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

Retail: Terminator Media Markt. Media Markt/Saturn hat seine marktbeherrschende Stellung mit einem deutlichen Umsatzplus weiter ausgebaut. Die Konkurrenten Makromarkt und Promarkt wollen mit völlig unterschiedlichen Konzepten dagegenhalten. Aufgrund der Dominanz der Retailer sollte sich der Fachhandel nicht auf den direkten Wettbewerb mit den Flächenmärkten einlassen, sondern statt dessen versuchen, in seinem regionalen Markt die Nummer zwei zu werden, empfiehlt eine aktuelle Marktstudie.

Retail: Terminator Media Markt

Wollen Fachhändler den Discountern und Retailern in Deutschland die Stirn bieten, müssen sie ihre Vermarktungs- und Entscheidungsstrategien so rasch wie möglich ändern ? lautet das Fazit einer aktuellen Studie der Mercer Management Consulting, die Erfolgsfaktoren im deutschen Handel analysiert hat. Die Retail-Experten empfehlen dem Handel eine Professionalisierung des Handelsmanagements: Insbesondere in der Preisbildung und Werbung, aber auch in der Sortimentszusammenstellung und im Merchandising würden sich enorme Chancen verbergen. Während das Discount-Modell in Deutschland mit über 40 Prozent Marktanteil langsam die Sättigungsgrenze erreiche und die Kannibalisierung unter den Discountern weiter zunehme, sei das Wachstum in anderen europäischen Ländern ungebremst. Europaweit verdoppelte sich in den vergangenen zehn Jahren der Marktanteil der Discounter auf neun Prozent. Value- Retailer wie Wal Mart in den USA sowie Tesco und ASDA in Großbritannien dominierten mittlerweile den Markt und würden ihren Wettbewerbern zunehmend die Luft zum Atmen nehmen. Mercer Management Consulting hält es für einen fundamentalen Fehler des deutschen Einzelhandels, sich primär an den Discountern zu orientieren. »Deren Geschäftsmodell kann weder imitiert noch übertroffen werden. So lässt sich die Übermacht der Retailer in Deutschland nicht brechen«, betont Retail-Experte James Bacos. Im Gegenteil, die Preisgleichheit mit den Retailern werde von den Kunden kaum wahrgenommen. Auch an den Werbemaßnahmen muss massiv gearbeitet werden.

Die Empfehlung der Analysten: Der Einzelhändler muss versuchen, in seinem regionalen Markt die Nummer zwei hinter den Discountern zu werden, um die Konkurrenz unter seinesgleichen zu verdrängen. An der Spitzenposition der Retailer könne er ohnehin nicht rütteln. Der Fachhandel müsse also eine »Nummer Zwei«-Strategie verfolgen.

Dass Media Markt unangefochten die Spitzenposition hält, verdeutlichen die aktuellen Halbjahreszahlen der Metro-Tochter: Von einer Konsumzurückhaltung der Verbraucher war weder bei Media Markt noch bei Saturn etwas zu spüren. In Deutschland verbesserte sich der Umsatz der Flächenmärkte im ersten Halbjahr 2004 um 14,4 Prozent, europaweit um 17,7 Prozent. Insgesamt erwirtschafteten die Flächenmärkte 5,3 Milliarden Euro. Die intensiven Werbekampagnen zum 25-jährigen Firmenjubiläum und der Fußball-Europameisterschaft hätten diese Entwicklung positiv beeinflusst. Das Ebita der Vertriebslinie verbesserte sich um 47,9 Prozent auf 82,2 Millionen Euro bei anhaltend hohen Investitionen in den Ausbau des Standortnetzes im In- und Ausland. Einschließlich der sieben von Fröschl übernommenen Filialen wuchs das Vertriebsnetz um 22 auf 458 Flächenmärkte. Ein Erfolg war wohl auch die Kampagne zum 25-jährigen Firmenjubiläum, bei der CRN-Informationen zufolge ein Rekord-Werbeetat von 135 Millionen Euro zur Verfügung stand. Einige Display-Hersteller zeigten sich zwar mit dem Verlauf der Aktion etwas unzufrieden, die offiziellen Halbjahreszahlen der Metro AG belegen aber eindeutig einen hohen Gesamtabsatz.

Kein Wunder, dass der Branchenprimus Media/Saturn unter den klassischen Flächenmärkten keine ernst zu nehmende Konkurrenz mehr fürchten muss. Als schärfsten Widersacher stuft Leopold Stiefel, Geschäftsführer der Media/Saturn-Holding (MSH), eine Fachhandelskooperation ein ? Electronic Partner (EP). Nach einer Konsolidierungswelle, die Media Markt vorantrieb, indem das Unternehmen zum Jahresanfang die Elektronikkette Fröschl übernahm, bleiben mit den Promärkten von Rewe und den Makromärkten der Wegert-Brüder nur noch zwei klassische Wettbewerber übrig.

Makromarkt baut Discount-Linie Ypso auf

Makromarkt baut seinen radikalen Discount-Ansatz weiter aus. Die ehemaligen Promärkte der Wegert-Brüder konzentrieren sich seit ihrer Restrukturierung und Umbenennung auf schnelldrehende Produkte mit geringem beziehungsweise gar keinem Service. Mit diesem Konzept hofft die Berliner Holding, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Wie aus dem Unternehmen zu hören war, soll der Maßnahmenkatalog erste Erfolge zeigen. Derzeit werden 13 Niederlassungen auf die neue Linie »Ypso« umgestellt. Seit dieser Woche werden in den Ypso-Märkten schwerpunktmäßig Sonderposten und Aktionsware vermarktet. »Mit dem neuen Vertriebskonzept erfüllen wir die Ansprüche des Marktes und die Wünsche unserer Kunden nach absoluten Preisbrechern. Wir bieten in unseren Ypso-Märkten Einzelposten, Reststücke aus unserem Stammsortiment und Eigenmarken zu unschlagbar günstigen Preisen an«, verspricht Geschäftsführer Michael Wegert.

Im Gegensatz zu den Makromärkten will der Lebensmittelkonzern Rewe das Service-Geschäft seiner Promärkte ausbauen. Im vergangenen Jahr haben die Rewe-Promärkte in Deutschland 500 Millionen Euro umgesetzt. Das entspricht einem flächenbereinigten Rückgang um vier Prozent. Der Konzern begründet den Rückschritt mit dem anhaltenden Preisverfall. »Bei einigen Artikeln sind die Preise um bis zu 60 Prozent zurückgegangen«, betont ein Rewe-Firmensprecher gegenüber CRN.

Wachsen will das Unternehmen künftig mit dem neuen »Discount + Service-Konzept«, das von den Kunden sehr gut angenommen werde. Rewe hat derzeit die Hälfte seiner Flächenmärkte auf das Service-Modell umgestellt, in diesem Jahr sollen weitere folgen. Zum Servicepaket gehören beispielsweise ein Soundcheck der ausgewählten CD, Finanzierung und Lieferung bis hin zum »ProPC-Doktor«, der als Partner den neuen PC zu Hause installiert oder gegebenenfalls alte Geräte repariert. Als zentraler Anlaufpunkt wurde in den Märkten ein »ProService Center« eingerichtet. Dort treffen Kunden auf geschultes Fachpersonal, das eine kompetente Hilfestellung geben soll.

Food-Channel schwächelt

Als harte Konkurrenten spürten Retailer und Fachhändler in den vergangenen Jahren den Food-Channel. Mit einem breiten Angebot an IT-Produkten machten Aldi, Lidl & Co den IT-Spezialisten massiv Käufer abspenstig. Branchenbeobachter registrierten allerdings schon länger die deutlich nachlassende Hysterie bei den Aldi-PCs. Die Zeiten, als sich Interessenten mit körperlicher Gewalt die Rechner streitig machten, gehören der Vergangenheit an. Medion, der Hoflieferant von Aldi, muss sich auf die veränderte Situation einstellen: Der Konzern hat seine bisherigen Geschäftsziele für das laufende Jahr bereits aufgegeben. Jetzt schließt das Unternehmen, das zuvor immer zweistellige Wachstumsraten vorgelegt hatte, sogar einen Rückgang bei Umsatz und Gewinn nicht mehr aus.

Deutlich schlechter erging es noch dem Konkurrenten und Plus-Lieferanten 4MBO. Die Plochinger mussten im März Insolvenz beantragen, Anfang Mai übernahm Medion die Reste des einstigen Wettbewerbers ? wie CRN bereits im April prognostiziert hatte. Keine Frage, IT-Produkte laufen im Food-Channel nicht mehr gut. Christoph Dassau, Senior Manager Displays bei Ingram Micro, bringt es auf den Punkt: »Tatsache ist doch, dass diese Aktionen bei Aldi oder Lidl längst nicht mehr so preisaggressiv sind und auch nicht mehr so erfolgreich sind.« Dabei ist es fraglich, ob dies nur an der anhaltenden Konsumverweigerung der deutschen Verbraucher liegt, wie es Medion behauptet. Für Ingrams Retail-Chef Silberhorn ist der Zeitpunkt der Wachablösung bereits gekommen: »Die Food-Discounter setzen die Preispunkte, aber mittlerweile sind die Strukturen der IT-Anbieter im Retailumfeld so schlank und kosteneffektiv, dass wir dagegenhalten können.«


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