SAP läuft Microsoft hinterher

2. September 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

SAP läuft Microsoft hinterher. Die Entwicklungsverantwortung für »Business One« wechselte Anfang 2004. Doch auch unter der Führung des SAP-Vorstandsmitglieds Shai Agassi wackelt der Release-Termin für die neue Version der im unteren Mittelstand angebotenen Unternehmens-Software »Business One«. Noch bleibt der Channel ruhig.

SAP läuft Microsoft hinterher

Microsoft konnte in den letzten zwölf Monaten bei deutschen Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern im Vergleich zu SAP ein Vielfaches an ERP-Neukunden gewinnen. Diese für die Walldorfer ernüchternde Bilanz zieht Niels Niehörster, Ananlyst beim IT Marktforschungsunternehmen Raad Consult. Zu dem für den ERP-Primus unbefriedigenden Ergebnis trägt nicht zuletzt die noch unzureichende Funktionalität in der derzeit verfügbaren Version 6.5 von Business One (B1) bei. Die B1-Vertriebspartner setzen deshalb große Hoffnungen in das neue Release. Doch das einst als Version 6.7 für August dieses Jahres angekündigte und von SAP-Vorstand Shai Agassi in »Business One 2004« umgetaufte Software-Paket lässt auf sich warten: Gegen Ende des Jahres soll es allgemein verfügbar sein ? allerdings nur voraussichtlich. Dies erfuhr Computer Reseller News aus unternehmensnahen Kreisen.

Ramp-up bleibt im Zeitfenster

Erfreut sind die Vertriebspartner der SAP-Software über diese vage Aussage nicht: »Das verzögert den Verkauf. Neue Kunden wollen das neue Release«, erklärt Thomas Teufel, Managing Director bei Teufel Software. Es gärt im B1-Channel, doch die Explosion bleibt aus: »Wir haben kein Problem damit«, betont Dirk Janssen, Vertriebsmitarbeiter beim B1-Partner Versino. Und auch Alexander Kirbis, Geschäftsführer bei dem gleichnamigen SAP-Partner und Mitglied des Advisory Boards der Walldorfer, bewahrt Ruhe: »Meine Installationen zum Jahreswechsel plane ich mit der Version 2004.«

Grundlage der Zuversicht im Channel bildet das sogenannte »Ramp-up«-Verfahren, das laut SAP im vierten Quartal dieses Jahres starten soll. Während dieser zwei bis drei Monate haben ausgesuchte Partner und Kunden bereits die Möglichkeit, das neue Release zu testen. Ist diese Phase abgeschlossen und sind die gewonnenen Erkenntnisse umgesetzt, gibt SAP die ERP-Software zur allgemeinen Verfügbarkeit frei.

Allzu viel Zeit sollten sich die Entwickler im beschaulichen Walldorf aber nicht lassen: »In einem Rennen zählt jede Sekunde«, betont Analyst Niehörster. Gerade in Deutschland dürfe SAP den Anschluss nicht verpassen, sonst sei auch der Wettkampf im Markt für Unternehmen bis 200 Mitarbeiter verloren.

Navision-Light hat die Nase vorne

Partner und Kunden des Software-Riesen Microsoft sind es zwar ebenfalls gewohnt, dass zwischen Ankündigung und Wirklichkeit eine Lücke klafft. Das belegen der in Deutschland mehrfach verschobene Launch der Software für das Management von Kundenbeziehungen »MS-CRM« sowie die Verzögerungen bei dem künftigen Betriebssystem »Longhorn«, die sich auch auf die in Arbeit befindliche Dotnet-basierte ERP-Software der Redmonder auswirken. Doch die Gates-Company, neben der Sage Group der schärfste SAP-Konkurrent in diesem Markt, nutzt die Gunst der Stunde und punktet in Deutschland zur Zeit vor allem mit ihrem »Navision«-Derivat »Navision für kleine Unternehmen«. An mehr als 300 Neukunden haben die Unterschleißheimer nach eigenen Angaben das mit 1.950 Euro pro Concurrent User zielgruppengerecht angebotene Light-Paket seit seiner Verfügbarkeit im ersten Quartal 2004 verkauft.

Obwohl die von allen ERP-Herstellern umworbene mittelständische Klientel durch Übernahmen und Konkurse im hoch fragmentierten deutschen Anbieter-Markt stark verunsichert ist, steuern dagegen nur vergleichsweise wenige Betriebe den ebenfalls sicheren Investitions-Hafen in Walldorf an. Die Anzahl aller B1-Installationen in Deutschland seit dem Verkaufsstart der ERP-Software vor zwei Jahren soll unter 400 liegen. »Mit dem High-End-Ansatz kann dem ERP-Primus bei Klein-Unternehmen nicht der schnelle Durchbruch gelingen, den SAP aber dringend braucht«, begründet Branchenkenner Niehörster den geringen Zulauf. Doch trotz der bislang schlechten Zeiten in den Vorläufen haben die Walldorfer das Rennen im unteren Mittelstand noch nicht verloren: »Jede Woche fragen mehrere Kunden bei uns nach Business One an«, berichtet beispielsweise B1-Partner Teufel.

Mit den im Release 2004 enthaltenen Funktionen Mahnwesen, Outlook-Integration und vor allem der für Fertigungsbetriebe so wichtigen Materialbedarfsplanung kann SAP zusätzliche Kräfte mobilisieren. Arbeiten die Walldorfer ihre Trainingsrückstände zügig auf und werfen sie unter Führung ihres neuen Head Coach Donna Troy, die das SMB-Geschäft bei SAP weltweit verantwortet, noch etwas Preisballast ab, hat das ERP-Paket das notwendige Kampfgewicht, um in den nächsten zwölf Monaten Microsoft ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu liefern.

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