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Schrägspuraufzeichnung: Alternative für den Mittelstand

Schrägspuraufzeichnung: Alternative für den Mittelstand. Helical-Scan-Technik wurde bisher vor allem in kleineren Unternehmen verwendet, um Daten zu sichern. Mit S-AIT und höhervolumigen AIT-Verfahren wächst die Technologie in höhere Leistungsbereiche.

Autor:Redaktion connect-professional • 23.9.2006 • ca. 4:20 Min

Schrägspuraufzeichnung: Alternative für den Mittelstand

Digitale Daten wurden bis vor wenigen Jahren eher in großen Unternehmen sowie Banken und Versicherungen archiviert. Inzwischen haben sich die gesetzlichen Bestimmungen deutlich verschärft. So sollen alle während einer geschäftlichen Transaktion ausgetauschten Informationen, einschließlich E-Mails, lückenlos und chronologisch von allen Parteien gespeichert werden. Bis zu mindestens drei Jahre nach Abschluss der Transaktion sollen sie sicher und in unveränderter Form verfügbar sein. Das gilt für Unternehmen jeder Größenordnung und nicht nur für die traditionell schon immer stärker regulierten Branchen oder Großunternehmen. Die Bedeutung von Bändern, nicht nur solchen mit WORM(Write once, read many)-Funktionalität, steigt deshalb in manchen Branchen sogar wieder an. Da verwundert es auch nicht, dass sogar mittelständische Unternehmen in TByte-schwere Bandformate und darauf basierende Bibliotheken investieren.
Lange Zeit sah es zwar so aus, als ob das Magnetband auch in der IT-Welt komplett von der Platte abgelöst werden könnte. Backup to Disk ist vor allem unter Geschwindigkeitsgesichtspunkten eine attraktive Alternative zum Band. Dank billiger ATA- und SATA(Serial ATA)-Platten sowie darauf basierender RAID-Systeme ist sie mittlerweile auch bezahlbar.
Meist sprechen allerdings die zu sichernden Datenmengen und die Notwendigkeit, Informationen auf lange Zeit zu archivieren, für eine Lösung, bei der die Daten nach der schnellen Zwischenpufferung auf dem Festplatten-Array am Ende doch wieder auf Magnetbändern gespeichert werden. Dort sind die Daten unter anderem deshalb am besten aufgehoben, weil Bandlaufwerke nicht ständig unter Strom stehen müssen und die Medien aus dem System entfernbar sind. Das schützt sie vor Viren. Werden sie offsite gelagert, also räumlich getrennt vom Rechenzentrum, können auch Zwischenfälle, die das RZ beeinträchtigen, den Daten nichts anhaben. Nicht zuletzt bieten neben den optischen Speichermedien auch Magnetbänder echte WORM-Funktionalität zur rechtskonformen Datenaufbewahrung.
Deshalb werden heute selbst Entry-Level-Server mit leistungsfähigen Sicherungs-Laufwerken angeboten. Sie verkürzen das Backup-Zeitfenster und sparen damit Administrationskosten. Während generell auf dem Bandmarkt LTO und DLT die marktbeherrschenden Tape-Standards sind, dominiert bisher in mittelständischen Unternehmen die DDS-Technologie. Hier verzeichnen neuere Helical-Scan-Formate große Zuwachsraten.
Das hat mehrere Gründe: Anders als in größeren Unternehmen, fehlt bei Mittelständlern meist der Platz für ein Datenzentrum. Daher müssen automatisierte Systeme wie Autoloader und Bandlibraries kompakt genug sein, um in der normalen Büroumgebung unterzukommen. Außerdem bieten gerade schlanke Rackmount-Server oft nur einen 3,5-Zoll-Einbauschacht für zusätzliche Laufwerke, in den statt eines DDS-Laufwerks zwar ein AIT-Drive, nicht aber ein deutlich größeres DLT- oder LTO-Laufwerk passt.

Höhere Kapazitäten im Kommen
Seit mehr als 15 Jahren gibt es im IT-Bereich Bandlaufwerke mit Helical Scan-Aufzeichnung mit rotierender Kopftrommel. Ursprünglich für den Audio-/Videobereich entwickelt, hielt die Technik Ende der 80er Jahre in Form der ersten DAT- beziehungsweise DDS-Streamer Einzug in den IT-Bereich. Später gesellten sich Formate mit größeren Kassetten und 8 Millimeter-Bändern hinzu, und seit knapp zwei Jahren gibt es auch ein Halbzoll-Format mit Schrägspuraufzeichnung.
Bei allen Helical-Scan-Laufwerken werden die Daten in schrägen, sehr eng nebeneinander liegenden Spuren aufgezeichnet, wodurch sich im Vergleich zu linearen Formaten meist deutlich mehr Daten auf einem Medium gleicher Größe unterbringen lassen. Außerdem beträgt die Bandgeschwindigkeit nur wenige Zentimeter pro Sekunde. Band und Laufwerk werden daher mechanisch gering belastet. Die neueren Formate verwenden metallbedampfte und mit einer diamantharten Schutzschicht überzogene AME (Advanced Metal Evaporated)-Bänder. All das führt zu einer außergewöhnlich hohen Zuverlässigkeit der Laufwerke.
Die am Markt anzutreffenden Helical-Scan-Formate unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht: durch die Breite des verwendeten Bandmaterials, die Größe und Form der Kassetten, die Zahl der Spulen, und die Art der Datenkodierung in der Aufzeichnungsspur.
Im Entry-Level-Serverbereich sind 4-Millimeter-Laufwerke bis heute am weitesten verbreitet. Das 1989 auf Basis von Sonys DAT-Format aus dem Audio-Bereich entwickelte und bis zu einer vierten Generation mit 20 GByte weiter vorangetriebene DDS-Format wird derzeit noch von Sony, Hewlett-Packard und Certance (gerade von Quantum übernommen) produziert. Sony hat die Weiterentwicklung offiziell eingestellt, während HP und Certance mit DAT72 noch eine fünfte Generation mit 36 GByte pro Medium nachgelegt und DAT160 mit 80GB angekündigt haben.
Exabyte war der erste Anbieter, der mit D8 ein Datenspeicherformat mit 8 mm breiten Bändern und Schrägspuraufzeichnung vorstellte. Die auf Sonys 8-mm-Videotechnologie basierende Technik wurde zum Mammoth-Format weiterentwickelt, das dank Metall-bedampfter AME-Bänder eine höhere Zuverlässigkeit erreicht und in der aktuellen Generation (Mammoth-2) 60 GByte Kapazität bietet. Darüber hinaus entwickelte Ecrix, ein von ehemaligen Exabyte-Mitarbeitern gegründetes und später wieder integriertes Unternehmen, Laufwerke mit VXA-Technologie. Hier werden bis zu 80 GByte Daten pro 8-mm-Band in individuell adressierbaren Paketen aufgezeichnet.
Sony wiederum startete 1997 sein eigenes 8-Millimeter-Bandspeicherformat namens AIT. Der Hersteller setzte als erster ausschließlich auf abriebfeste AME-Bänder und integrierte einen Mikrochip in der Kassette, um schneller auf die Daten zugreifen zu können. AIT ist inzwischen in der vierten Generation (AIT-4) mit 200 GByte pro Medium erhältlich. Erst kürzlich wurde auch am unteren Ende des Kapazitätsspektrums ein neues Format namens AIT-E mit 20 GByte als direkte Konkurrenz zu den DDS- bzw. DAT-Technologien vorgestellt.
Schließlich gibt es seit 2002 ein Format namens S-AIT. Es kombiniert die Vorteile der Helical-Scan-Technik mit einer durch eine Halbzoll-Cartridge größere Bandfläche. Sie hat nur eine Spule und 12,7 mm breites Band, wie man es eher von den linearen Formaten wie LTO und S-DLT kennt. Sony möchte mit dieser Technologie stärker in den Midrange- und Enterprise-Storage-Bereich eindringen, wo traditionell DLT und vor allem LTO zu finden sind. Die erste S-AIT-Generation bietet 500 GByte Kapazität pro Band. Zum Vergleich: Die gerade vorgestellte dritte LTO-Generation des Konsortiums aus IBM, HP und Certance speichert 400 GByte pro Band, Quantum bietet mit seinem aktuellen Laufwerk S-DLT600 300 GByte unkomprimierte Kapazität. Auf diesem Niveau liegen auch IBMs 3592-Bandlaufwerke.
Welchen Erfolg die Schrägspuraufzeichnung im Markt zukünftig haben wird, hängt stark davon ab, inwieweit Mittelständler, die bisher DDS genutzt haben, diesem treu bleiben oder auf DLT/LTO wechseln. Mit den kapazitätsstarken Formaten der S-AIT-Generation hat Helical Scan eine reale Chance, auch bei Anwendungen mit hoher Datenkapazität in Wettbewerb zu treten.

CLEMENS SCHÜTTE ist Senior Communications Manager bei Sony Europe.