Softline stutzt indirekten Vertrieb

11. März 2004, 0:00 Uhr | Martin Fryba

Softline stutzt indirekten Vertrieb. Abschied vom breiten Portfolio, von einem Teil seiner Händler und Mitarbeiter ? so will der neue Vorstand Lars Schneider den Softwaredistributor Softline wieder in die Gewinnzone bringen. Im laufenden Geschäftsjahr rechnet die Firma noch mit hohen Verlusten.

Softline stutzt indirekten Vertrieb

Dem Offenburger Distributor Softline AG steht ein gründlicher Umbau ins Haus. Seit Jahresanfang ist Lars Schneider mit der Umstrukturierung beschäftigt, nach dem Ausscheiden der Vorstände Detlev Lux und Oliver Hutt kann der 38-jährige Manager nun als Alleinvorstand durchgreifen und die Fehler der Vergangenheit korrigieren. Dazu zählt seiner Meinung nach eine zu starke Fokussierung auf gängige Software, die über die Softline-Tochter Trade up indirekt verkauft wird und für Softline nur wenig Marge abwirft. Noch vor zwei Jahren setzten die Offenburger ganz auf den Channel, jetzt reißt Schneider das Ruder herum: »Wir werden die Zahl der Händler reduzieren und unseren direkten Vertrieb stärken«, gibt er die Richtung vor. Den derzeitigen Umsatzanteil von 80 Prozent über Fachhändler will der neue Vorstand auf mindestens 50 Prozent reduzieren.

»Keine Strategie, katastrophale Managementfehler und zuletzt Panik« habe sich im alten Softline-Vorstand breit gemacht, räumt Schneider unumwunden ein. Sinnbild dafür sind die Zustände bei der französischen Tochtergesellschaft Apacabar. Der französische Wirtschaftsprüfer habe Forderungen abgesegnet, die nicht werthaltig gewesen seien, Lagerbestände hingegen viel zu hoch angesetzt. Folge: Das von Softline gewährte Darlehen an Apacabar musste die Muttergesellschaft entsprechend abschreiben.

Bitter für den Kaufmann Schneider, denn die geplante Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmittel und anschließende Herabsetzung sowie Ausschüttung einer Dividende können nicht vollzogen werden. Die Verluste im laufenden Geschäftsjahr (Juli 2003 bis Juni 2004) werden die noch im Dezember genannten zwei Millionen Euro wohl deutlich übersteigen. Aktuelle Zahlen zum ersten Quartal liegen nach wie vor nicht vor, erst diese Woche will die börsennotierte Softline AG ihren Halbjahresbericht vorlegen. Der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr sank gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 56 Millionen Euro.

Nischensoftware möglichst direkt

Kosten senken und Profil schärfen, so will Schneider den Distributor im kommenden Geschäftsjahr wieder in die Gewinnzone bringen. Ein Teil der Mitarbeiter ? rund 75 in Deutschland ? werden gehen müssen. Zudem will Schneider das Portfolio ausdünnen und den Distributor auf Nischenprodukte für mittelständische Kunden ausrichten. Dazu zählt unter anderem Software für Voice-over-IP, Übersetzungen oder Patchlink. Dicke Kataloge werde es künftig nicht mehr geben. Schneider will den Vertrieb viel näher an den Kunden bringen und den Nutzwert der Software in den Vordergrund rücken. Hier traut er dem eigenen Vertrieb offenbar mehr zu als den Resellern.

Dem eigenen Vertrieb Verkaufsargumente an die Hand zu geben, dürfte Schneider nicht schwer fallen. Neben den kaufmännischen und vertrieblichen Erfahrungen hat er bei Focus Digital, beim Süddeutschen Verlag Fachinformationen, Bertelsmann sowie der Deutschen Telekom genügend Know-how im Printgeschäft gesammelt.

Kommentar

Erklärungsbedürftige Nischensoftware für den Mittelstand und das möglichst direkt ohne Reseller, mit weniger Mitarbeitern, mit weniger finanziellen Reserven: Der neue CEO Lars Schneider ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Dazu kommen wohl weit höhere Verluste als die noch vom alten Vorstand eingeräumten zwei Millionen Euro im laufenden Geschäftsjahr. Dass nun keine vier Millionen Euro Dividende an Aktionäre ausgeschüttet werden, dürfte Softline wenigstens noch ein wenig Luft verschaffen ? aber Aktionäre vergraulen. Neues Kapital über die Börse ist wohl kaum drin, es sei denn, es findet sich ein strategischer Käufer.

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INFO

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