SOHO-Netzwerke: Auf VoIP ruhen große Hoffnungen

22. Juli 2004, 0:00 Uhr |

SOHO-Netzwerke: Auf VoIP ruhen große Hoffnungen. Hersteller und Distributoren sind sich einig: Der Trend zum eigenen, kleinen Heimnetzwerk hält dank des DSL-Booms ungebrochen an. Der Einfachheit halber greifen die meisten Kunden inzwischen zu Kombigeräten und Wireless-Produkten. VoIP für Privatkunden ist die zweite große Hoffnung für das Weihnachtsgeschäft.

SOHO-Netzwerke: Auf VoIP ruhen große Hoffnungen

Netzwerkprodukte sind für den Privatkunden langweilig. Ihr Sinn bleibt für den Computerlaien oft im Dunkeln, ihre Funktionsweise ist ihm ein Buch mit sieben Siegeln. Kein Wunder, dass so genannte Kombigeräte, in denen DSL-Router, Wireless Access Point, Firewallfunktionen, Switch und manchmal auch Printserver in nahezu jeder denkbaren Kombination miteinander verbunden sind, großen Zuspruch erfahren. »Momentan werden bei Ingram Micro aus dem Segment SOHO-Netzwerkprodukte Wireless-Karten und Access Points sowie DSL-Router und daraus resultierende Kombigeräte besonders nachgefragt«, berichtet etwa Andreas Bichlmeir, Business Group Manager der Ingram Micro Distribution GmbH. Auch Johannes Haseneder, Leiter der Allnet Business Unit Telekommunikation, bestätigt dies: »Kombigeräte aus DSL-Modem, Router/Switch/Firewall und WLAN sind derzeit der Renner für das SOHO-Segment.« Dass diese Geräte meist ziemlich unflexibel sind, stört die meisten Käufer dabei nicht: Die Aufrüstung eines ADSL-Routers mit WLAN-Funktion von einem 802.11b- auf ein 802.11g-Gerät ist beispielsweise nicht immer möglich.

Da inzwischen aber auch die Preise für Kombigeräte mit WLAN nach 802.11g mit 54 Megabit/s sehr moderat geworden sind, scheinen Verbraucher sich daran nicht mehr zu stören. Einsteiger greifen inzwischen gleich zum Top-Gerät, Besitzer älterer Modelle tauschen sie einfach aus. So sind bei vielen Anbietern DSL-WLAN-Router mit 802.11g-Standard derzeit am gefragtesten: Bei Zyxel geht derzeit der »Prestige 660HW«, ein ADSL-Gateway mit ADSL2+-Port, 4-Port-Fast Ethernet Switch und der Möglichkeit eines 54 Mbit/s Wireless-Zugangs (802.11g) besonders gut. Bei SMC Networks ist der DSL-Router »SMC2804WBR«, ebenfalls ein Kombigerät mit 4-Port-Switch, das schon einige Zeit auf dem Markt ist, immer noch das meistverkaufte Gerät. Auch Netgear macht keine Ausnahme: Dort sind »WGT624«, ein DSL-Router mit Firewall und 108-Megabit-WLAN, sowie WGR614, die vergleichbare Ausführung mit 54-Megabit-WLAN, die Topseller. Und bei Belkin schließlich gehören zu den beliebtesten SOHO-Netzwerkprodukten nur Produkte für 802.11g: Sei es ADSL-Router, Cardbus-Netzwerkkarte, Ethernet Bridge oder USB-Printserver mit WLAN-Unterstützung.

Konvergenz kommt

Ein Ende des Kombinationstrends ist noch nicht abzusehen: Thomas Grashoff, Vice President Products und Marketing bei Longshine, sieht in den kommenden Monaten beispielsweise gute Chancen für DSL-Router mit DECT-Basisstation oder drahtlosen Video- bzw- Audio-Transmitter. »Ich denke, Wireless Audio und Video ist der Renner, denn immer mehr Geräte für Heimanwender im Audio/Video-Bereich haben eine Wireless-Schnittstelle.« Auch Netgear, vor wenigen Monaten mit dem Pilotprodukt MP101, einem »Wireless Digital Music Player«, in das Konvergenzsegment eingestiegen, sieht noch dieses Jahr interessante Marktchancen für solche Geräte. Um entsprechend vom Jahresendgeschäft zu profitieren, sind bereits ergänzende Produkte geplant, wie CRN aus Unternehmenskreisen erfahren konnte. Details liegen zwar noch nicht vor, es ist jedoch damit zu rechnen, dass die beim MP101 doch recht eingeschränkten Funktionen dann deutlich erweitert werden, vor allem bezüglich Audio- und Video-Streaming.

Eile ist geboten, denn die Verfolger lauern schon: SMC Networks bietet mit SMCWMR-AG bereits einen so genannten Wireless Multimedia Receiver an, der im 2,4- und 5-GHz-Band funkt. Dessen Kinderkrankheiten dürften bis dahin auch auskuriert sein. Belkin steht ebenfalls in den Startlöchern: » Wir glauben, dass der Trend in den nächsten Monaten zum einen in Richtung Erweiterung des bestehenden Netzwerks mit kabellosen Zusatzgeräten gehen wird. Zum anderen wachsen SOHO-Netzwerke und Unterhaltungselektronik zusammen. Um Multimedia-Angebote im Internet zu nutzen, oder mit anderen Gamern im Internet Helden zu jagen, wird eine größere Bandbreite benötigt. Im Weihnachtsgeschäft werden sich daher vor allem Vernetzungsgeräte verkaufen, die eine Datenübertragung von bis zu 125 Megabit/s unterstützen«, resümiert Stefan Bönsch, Regional Director Central Europe der Belkin GmbH.

Seine Ansicht bestätigt auch Harald Kintzel, Produktmanager bei der Assmann-Marke Digitus: »In den nächsten sechs Monaten wird der Wireless-LAN-Standard 11b (11 Mbps) durch 11g mit 54 Mbps abgelöst. Es werden viele Endanwender von ihren 11b-Produkten auf 11g- umstellen.« Speziell im Weihnachtsgeschäft erwartet dann auch Kintzel einen starken Anstieg der Nachfrage nach 11g-Produkten.

Gigabit für die Massen

Angesichts der zunehmenden Datenmengen, die in deutschen Haushalten bewegt werden und dem anhaltenden Preisrutsch bei funktionsarmen Gigabit-Produkten setzen sich bei engagierten Privatanwendern kleine Gigabit-Switches bereits jetzt durch. Bis zum Jahresende rechnen die Hersteller damit, dass die schnellen Switches dann endgültig den Sieg über die langsameren Fast Ethernet-Modelle davontragen. Gerade vom Gigabit-Trend erhofft sich etwa SMC steigende Umsätze. Zu Recht, denn der Anbieter ist mit preiswerten Geräten gut aufgestellt und im Markt ausreichend bekannt. Wettbewerber Netgear rechnet ebenfalls mit hohen Zuwächsen in diesem Segment. Bei dem Allied Telesyn-Ableger »Corega«, der sich auf Einsteigernetzwerkprodukte spezialisiert, laufen derzeit Gigabit-Switches bereits hervorragend und auch D-Link kann schon jetzt von diesem Trend profitieren. Laut Marktbeobachtern trugen gerade kleine Gigabit-Switches einen guten Teil zum starken Abschneiden des Herstellers im Gesamtmarkt für Ethernet-Switches im vergangenen Quartal bei.

Wo bleibt VoIP?

Ähnlich wie der Sportreporter Bruno Morawetz bei den olympischen Winterspielen in Lake Placid 1980 die eindringliche Frage »Wo bleibt Behle?« immer wieder in den Raum stellte, fragen sich Analysten und Handel seit Jahren »Wo bleibt VoIP?«. Allem Anschein nach gibt aber das Jahr 2004 die Antwort: VoIP kommt. »An unserem E-Phone P2000W herrscht großes Interesse. Wir sehen das als deutliches Signal, dass der Damm für den VoIP-Markt gebrochen ist«, meint etwa Ulrich Pabst, Business Line Manager Professional bei Zyxel. Auch die Distributoren geben sich endlich zuversichtlich: » Ein kommender Trend ist VoIP«, stellt etwa Bichlmeier stellvertretend für Ingram fest und auch Allnet-Manager Haseneder hofft, dass »der VoIP-Hype, der seit der Cebit zu beobachten ist, sich im Weihnachtsgeschäft positiv bemerkbar machen wird«. Ein kleiner Wemutstropfen bleibt dennoch: »Bei VoIP muss sich noch herausstellen, inwiefern die ISPs tatsächlich bis Ende des Jahres anbieten können«, heißt es von Netgear. Sollten die Rahmenbedingungen jedoch gegeben sein, wird auch Netgear sicherlich mit geeigneten Produkten auf den Markt kommen.

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Kommentar

Der Fachhandel muss sich oft über die Telekom ärgern ? diesmal muss er ihr danken: Die Bemühungen des Konzerns lassen auch in deutschen Haushalten die Nachfrage nach Netzwerkprodukten für den kleinen Geldbeutel stark ansteigen. Alles sei Plug & Play, das Installieren der gekauften Komponenten kein Problem, heißt es in jeder Anzeige und auf jeder Produktverpackung. Kein Wunder, dass bei den meisten Herstellern gut die Hälfte der Produkte für den SOHO-Markt über Flächenmärkte und Retail-Ketten abgesetzt wird. Für viele kleine Ladengeschäfte ein Ärgernis. Mit der zunehmenden Konvergenz von Netzwerk- und UE-Produkten, die nahezu alle Hersteller in ihren für das Weihnachtsgeschäft geplanten Produkten realisieren wollen, steigt die Komplexität jedoch wieder. Um diese Chance, qualitätsbewusste Kunden anzusprechen, nutzen zu können, muss der Fachhandel sich bereits jetzt entsprechende Strategien und Angebote ausdenken. Am ersten Advent ist es zu spät.


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