Storage-Roundtable: Der Mittelstand liebäugelt endlich mit SANs

9. Juni 2005, 0:00 Uhr |

Storage-Roundtable: Der Mittelstand liebäugelt endlich mit SANs. Storage ist im Mittelstand noch nicht verankert. Eine differenzierte Marktbearbeitungsstrategie zum klassischen Storage-Umfeld ist notwendig. Viele vorgefasste Meinungen werden nur im Einzelgespräch zu erschüttern sein ? und dazu sind Channel-Partner der ideale Ansatzpunkt. Zu diesem Resümee kam eine von CMP-WEKA eingeladene Expertenrunde.

Storage-Roundtable: Der Mittelstand liebäugelt endlich mit SANs

Autor: Engelbert Hörmannsdorfer
Wenn sich die Storage-Branche in etwas einig ist, dann darin, dass nicht nur Großunternehmen ein interessantes Marktpotenzial für neue Storage-Technologien darstellen. Auch der Mittelstand wird ? wieder einmal ? heftig umworben. Kaum ein Hersteller, der in den letzten Monaten bzw. im letzten Jahr nicht ein neues Mittelstandsprogramm aufgelegt hätte.

Freilich ist »Storage im Mittelstand« keine Marktneuentdeckung, darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Interessant ist aber, dass sich Mittelstandsunternehmen zum einen aufgrund des Preisverfalls, zum anderen wegen neuer Technologien (wie zum Beispiel iSCSI) durchaus an neue Installationsszenarien heranwagen. Storage Area Networks (SAN) werden offensichtlich eine zunehmend wichtige Option für die so genannten KMUs (Klein- und mittelständische Unternehmen).

»Es entwickelt sich mittlerweile seit zwei Jahren gut«, bestätigt Michael Hieke von Qlogic, den Trend. »Der Markt ist bereit, mittelstandsgerechte Lösungen anzunehmen.« Freilich sei der derzeitige Marktzustand weniger ein »Neu-Entdecken«, als vielmehr ein »Neu-Ausrichten«. Ulrich Hamm von Cisco kann dem nur beipflichten: »Der Mittelstand wird nicht wiederentdeckt.« Im Falle Cisco sei es sogar so, dass man schon »seit langer Zeit eine eigene Vertriebsorganisation für den Mittelstand« habe, die ausschließlich über den Channel gehe.

Allerdings gibt es bei den Herstellern schon Unterschiede. »Im Storage-Bereich waren wir lange eher Large-Enterprise-getrieben«, räumt Jens Lambrecht, Product Marketing Manager Storage bei Fujitsu Siemens Computers, ein. »Aber jetzt richten wir uns klar darauf aus, weil wir spüren, dass der Mittelstand Nachholbedarf hat.« In dieser Einschätzung liegt Lambrecht vollauf mit Ute Kühn vom Value-Add-Distributor Adiva: »Der Mittelstand hat was nachzuholen, es ist echter Bedarf da.« Einer ihrer Lieferanten, EMC, hat dies ebenfalls erkannt, und richtet sich verstärkt danach aus.

Ein Haus wie Maxdata, das sich seit jeher auf den Mittelstand fokussiert, erkennt ebenfalls, dass sich in diesem Segment etwas tut: »Die großen Storage-Hersteller haben die Global-Player abgegrast«, erklärt Dirk Bäuml von Maxdata. »Jetzt erkennen sie, dass der Mittelstand auch Bedarf hat ? und wir sehen, dass in diesem Segment mehr getan wird.«

Dabei hat ein Mittelständler im Storage-Bereich mittlerweile ähnliche Infrastruktur-Probleme, wie ein Großunternehmen, stellt McData-Sprecher Christian Dornacher fest: »Die haben die gleichen gesetzlichen Anforderungen, und müssen deshalb ebenfalls in die Infrastruktur investieren.« War McData mit ihren SAN-Switchen noch vor rund drei Jahren fast nur für den OEM-Sektor aufgestellt, so richtet man sich mittlerweile auch mehr auf Mittelstandskunden aus. »Wir binden in diesem Fall die Reseller unserer OEM-Partner sehr stark mit ein«, erläutert Dornacher.

Interessant ist dabei auch, wie die Software-Unternehmen das Thema angehen. Robert Thurnhofer vom Software-Spezialisten Computer Associates (CA) betont, dass sich seine Firma schon lange auch auf den Mittelstand ausrichte. Aber diese Klientel anzugehen, erfordere eine andere Vorgehensweise als bei Enterprise-Kunden: »Ich muss mich beim Produktportfolio und bei der Go-To-Market-Strategie unterscheiden.« Neue Initiativen, wie die kürzlich von CA und Microsoft gestartete Kampagne »Sicher im Netz«, seien für diese Kundschaft vonnöten. »Sehr wichtig«, so Thurnhofer, »ist für den Mittelstand Skalierbarkeit. Unsere Software eignet sich bereits für Kleinstunternehmen, und der Kunde kann mitwachsen.«

Für Dr. Wolfgang von Königslöw vom Storage-Distributor TIM steht jedenfalls fest, dass Hersteller »einen Channel brauchen, wenn sie den Mittelstand ordentlich bedienen wollen«. Seiner Erkenntnis nach gehen derzeit große Storage-Hersteller »mit Mittelstands-Initiativen geballt auf den Mittelstand los«. Aber es klopften auch »vermehrt kleinere Hersteller« an die Tür von TIM, die in das Mittelstandssegment einsteigen wollen. Manko dabei: Es kämen viele Hersteller mit einem Produkt an, das der »Mittelstand nicht verarbeiten kann«, da es eine Enterprise-Lösung ist. »Hier kann sich der Channel in seiner Rolle klar definieren«, stellt Dr. von Königslöw fest.

Für CA-Technologist Thurnhofer ist es die »Hauptcrux«, beim Mittelstandskunden rüberzubringen, »was ein Produkt dem Anwender bringt, und nicht was es kann«. In diesem Zusammenhang sei der Hersteller zusammen mit dem Channel gefordert, »rechtzeitig die Möglichkeiten beim Anwender zu erkennen, und nicht darauf zu warten, bis der Kunde erkennt, was er braucht«.

»Der Kunde hat kein Ohr für den SAN-Lösungsansatz«, betont denn auch Itella-Geschäftsführer König. »Wir haben eine große Klientel, die fällt uns einfach so zu, ohne die üblichen Technologie-Debatten führen zu müssen. Viele Kunden haben ein anwendungsorientiertes Problem, und wollen sehen, dass wir das in einer Application-Outsourcing-Lösung handhaben können.« TIM-Consultant Dr. von Königslöw kann dies teilweise bestätigen: »Einen technischen Workshop über SAN oder Virtualisierung zu machen, genügt heute nicht mehr.« Heute seien vielmehr Themen wie Applikationen, Hochverfügbarkeit, Service-Levels, E-Mail-Sicherheit und -Archivierung oder SAP-instant-Recovery in Sekunden gefragt. »Ein gesetzeskonformes Abspeichern, so dass das Finanzamt mit den Daten etwas anfangen kann ? das ist jetzt die Kunst der Beratung, und das ist für den Mittelstand jetzt auch enorm wichtig«, so Dr. von Königslöw.

»Ein Mittelständler muss heute auch das machen, was die großen Unternehmen schon gemacht haben«, erläutert König in Anspielung auf die neuen gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften. Der Trend werde »stark durch den Einsatz neuester ERP-Systeme vorangetrieben«, die fast allesamt über Archivschnittstellen verfügten. Als Dienstleister komme man, so König, bei der Mittelstandsklientel gut ins Spiel, wenn man sie gezielt anspreche: »Was benötigt ihr, um eure Effizienz zu steigern?«.

Generell ist sich die Diskussionsrunde einig, dass der Channel ein wichtiges Bindeglied zwischen den Herstellern und der Mittelstandsklientel ist. Aber es bleibt die Frage: Wie wichtig wirklich? Und vor allem: Wie ernst nehmen es die Hersteller in der Praxis mit ihren Bekenntnissen zum Channel?

»Meines Erachtens ist es schlecht, wenn direkt und indirekt vermischt wird«, meint TIM-Sprecher Dr. von Königslöw. »Ein Hersteller, der alle Kanäle bedient, trifft sich oft mit dem Channel beim Kunden. Das geht dann schief, und es entstehen unerträgliche Situationen.« Seiner Erkenntnis nach läuft es derzeit bei IBM und HP gut, bei Storagetek dagegen schlecht: »Hier wird der Channel einfach überrollt.« Ute Kühn von Adiva betont, dass es nach ihrer Erfahrung beispielsweise bei EMC derzeit »vorbildlich klappt«. Adiva mache hier seit rund 18 Monaten »gutes Geschäft«. Bei EMC gebe es Produkte nur für den Direktvertrieb, und andere nur für den Channel.

Allerdings lassen sich solche subjektiven Meinungen schwer pauschalieren. Andere Diskussionsteilnehmer meinten, dass auch HP derzeit den Channel wieder mal sauer fahre, und auch bei EMC sei nicht alles so koscher wie dargestellt. Andersrum scheint es auch Storagetek-Partner zu geben, die zufrieden sind.

»Channel-Konflikte sind letztendlich nie komplett zu vermeiden«, bekundet Cisco-Manager Hamm. »Es gibt sie alleine schon dadurch, dass ein Kunde sagt: Ich will lieber über den Partner xy gehen. Dann lautet die Frage nicht: Channel-Partner, ja oder nein, sondern welcher Partner.«

Natürlich spielt bei solchen Gedanken der Preis beziehungsweise die Marge eine Rolle. »Wenn wir über Reseller an den Endkunden rangehen, dann ist das schon eine Zwischenschicht, die mitverdienen will«, erläutert FSC-Manager Lambrecht. Insofern kann schon der Preis alleine ein Konflikt sein, wenn der Kunde die Direkt-Offerten des Herstellers kennt. Allerdings räumt Maxdata-Marketier Bäuml ein, dass auch eine indirekt aufgestellte Firma wie Maxdata schon gerne mal an der Marge dreht: »Sicherlich ist eine größere Marge positiv. Aber ziehen wir die Margen zurück, wird sofort umfangreiches Geschäft generiert. Und dann heißt nun mal die Devise: Lieber zehn Geschäfte mit kleinerer Marge, als nur eins mit großer.«

McData-Sprecher Dornacher hat die Erfahrung gemacht, dass »gerade Mittelstandskunden großen Wert auf eine gute Betreuung vom Reseller legen. Eine solche Sales-Force könnten wir gar nicht aufbauen. Hier hat ein guter Channel-Partner den Value in der Hand.« Qlogic hat sich ähnlich aufgestellt, erläutert Hieke: »Wir machen klassisches OEM-Geschäft.« Allerdings läuft das Aufrüstgeschäft dann über den Channel. »Hier konzentrieren wir uns seit rund zwei Jahren auf den Aufbau eines funktionierenden Channels. Wir unterstützen unsere Partner, und achten auf eine korrekte Marge. Sonst funktioniert das nicht.«

»OEM-Geschäft« ist für Thurnhofer von CA dagegen »nur ein anderes Wort für Channel-Konflikt«. Freilich räumt er ein, dass sich ein Softwarehaus hier etwas leichter tut als ein Hardware-Anbieter: »Unser Channel-Modell ist über das Produktportfolio definiert.« Der Kunde nennt seinen bevorzugten Partner, »und über den liefern wir dann«. Das seien »gewachsene Vertrauensverhältnisse zwischen Hersteller und Kunde«. Diese Strategie laufe im Open-Systems-Geschäft »absolut gut«, im Mainframe-Business gebe es natürlich die üblichen Direktvertriebs-Ausnahmen.


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