Trügerisches Stimmungshoch
Systemhäuser gehen mit ungebrochenem Optimismus ins neue Jahr und rechnen fest mit Wachstum. Doch der Markt allein wird ihre Sorgen nicht richten. Wer Hardware verkauft, hat wenig zu lachen. Kleinere Häuser, die auf IT-Dienstleistungen setzen, stehen ebenso wie die Branchenriesen unter Übernahmedruck.
Derzeit plagen Systemhäuser und IT-Dienstleister andere Sorgen als die Branchenkonjunktur. Denn mit ihr sind die meisten Häuser alles in allem zufrieden. Mit einem Blick auf ihre Auftragslage können viele Geschäftsführer von IT-Firmen ohne weiteres die Feststellung von Bernhard Rohleder unterstreichen: »Die Wirtschaft investiert kräftig in Informationstechnologie.« Das hatte der Bitkom-Hauptgeschäftsführer anlässlich der Herbstprognose für den ITK-Markt gesagt. Wobei »kräftig« sich auf die beiden stärksten Segmente Software und ITServices bezieht. Für sie prognostiziert der Branchenverband ein Wachstum im deutschen Markt von 5,7 Prozent, beziehungsweise 4,6 Prozent. Weniger gut lautet die Perspektive dagegen für den Hardwareabsatz, der laut Bitkom im nächsten Jahr sogar leicht schrumpfen werde. »Mit Hardware lässt sich derzeit kaum zusätzlicher Umsatz machen«, so Rohleder. Dennoch: Preisverfall und Margendruck, keine neuen Entwicklungen in diesem Segment, können die gute Stimmung in der Branche nicht trüben.
Das unterstreicht die aktuelle Oktober- Umfrage von Computer Reseller News unter den führenden IT-Dienstleistern und Systemhäusern in Deutschland. Die Zahl der Optimisten ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch gestiegen. So berichten 71,1 Prozent, dass die Investitionsneigung ihrer Kunden gestiegen ist. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres lag die Zahl mit 56,2 Prozent noch deutlich darunter. Lediglich knapp 18 Prozent der 64 an der diesjährigen Umfrage teilnehmenden Systemhäuser sehen ein unverändertes Investitionsverhalten, während im Vorjahr noch jeder dritte IT-Anbieter darüber klagte, dass Kunden ihre IT-Budgets unverändert beließen.
Gestiegen ist im Vergleich zum Vorjahr auch der Optimismus, wenn Systemhäuser nach ihrer Umsatzerwartung für das kommende Jahr gefragt werden. Angesichts der von Bitkom vorhergesagten moderaten Wachstumsraten für den ITK-Markt kann zwar nicht von Euphorie wie in den besten Tagen der Branche gesprochen werden. Aber immerhin: Mehr als ein Drittel der Firmen, und damit zwölf Prozent mehr als im Vorjahr, geht von einem deutlichen Umsatzwachstum aus. Kein einziges von CRN befragtes Unternehmen plant derzeit mit einem Rückgang der Erlöse. Im vergangenen Jahr hatte sich immerhin noch jedes zehnte Unternehmen auf einen stagnierenden, beziehungsweise sogar rückläufigen Umsatz eingestellt.
Wer mit wem?
Trotz der wieder günstigen Wachstumsaussichten wollen oder können sich Anbieter nicht allein auf den Markt verlassen. Das gilt für kleinere Systemhäuser, und erst recht für große, globale IT-Dienstleister. »Über ein rein organisches Wachstum wird es für IT-Dienstleistungsunternehmen zunehmend schwerer, sich erfolgreich zu positionieren«, stellt Winfried Materna vom gleichnamigen Dortmunder Softwarehaus fest. »Größe ist einer der Faktoren, der über das Überleben auf dem Systemhausmarkt entscheidet«, meint denn auch Bechtle-Chef Ralf Klenk. Seiner Meinung nach sei zwar für kleinere Anbieter eine Existenz in speziellen Nischen möglich. »Komplettpakete aus einer Hand« anzubieten, also Hard- und Software, Beratung, Systemintegration oder gar Übernahme von Teilen oder der gesamten Kunden-IT, werden Nischenanbieter nicht in der Lage sein. Immer stärker ins Hintertreffen geraten Nischenanbieter oder lokale Platzhirsche unter den Systemhäusern auch bei Ausschreibungen, um die »hart und mit knapp kalkulierter Marge gekämpft wird«, meint Klaus Weinmann, Vorstandsvorsitzender von Cancom. Je nach Projektausschreibung kommen Systemhäuser aufgrund ihrer geringen personellen und Umsatzgröße gar nicht mehr in die Vorauswahl. Mit ein Grund dafür, warum Weinmann zahlreiche Übernahmeangebote kleinerer Häuser auf seinem Tisch liegen hat.