TV-Macher loben deutsches Fernsehen: Qualität und Vielfalt
Es ist fast schon Mode geworden: Wer was auf sich hält und besonders scharfsichtig sein will, kritisiert das Fernsehprogramm als billig und niveaufrei. Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki hatte es 2008 im ZDF vorgemacht. Das medienforum in Köln sieht TV...
…ganz anders.
Köln (dpa) - Die Qualität des Fernsehens in Deutschland ist im internationalen Vergleich hoch und das Programm viel besser als sein Ruf - das sagen zumindest die TV-Macher selbst. RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt und ZDF-Intendant Markus Schächter lobten das deutsche Fernsehen am Montag zu Beginn des 22. medienforums. nrw in Köln. Der deutsche TV-Markt gehöre im weltweiten Vergleich zu den «qualitätsvollsten» und zeichne sich durch eine besondere Vielfalt aus, meinte Schäferkordt. Schächter sagte, das ZDF investiere jedes Jahr 1,2 Milliarden Euro in die Kategorien Nachrichten, Doku und Fiktion und biete beste «europäische Klasse».
Das Thema Qualität stehe beim WDR täglich auf der Agenda, erklärte WDR-Rechtsexpertin Eva-Maria Michel. Es sei falsch, Qualität und Quote gegeneinander auszuspielen. ProSiebenSat.1-Fernsehvorstand Andreas Bartl meinte in Köln, es gebe Sendungen mit wenig Reichweite, aber hoher Qualität - und andersrum.
Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien (LfM), die das medienforum veranstaltet, betonte, Fernsehen sei nicht «trivial» oder «unterschichtig», wie es vor allem die «Intellektuellen in diesem Land» gerne behaupteten. Der Fernsehkonsum steige weiter, das Fernsehen bleibe ein Leitmedium, und es werde auch künftig bei diesem «Massenmedium nicht nur für die Blöden» bleiben. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hatte 2008 vor laufenden Kameras im ZDF den Deutschen Fernsehpreis abgelehnt und das in scharfen Worten mit einem qualitäts- und niveaulosen Fernsehen begründet.
Das TV-Programm sei nicht schlechter als früher, es gebe nur mehr Angebote, sagte Schneider. «Das neue Problem heißt Überfluss.» Absolut verzichtbar seien allerdings O-Ton-Passanten-Interviews, die nicht Meinungsvielfalt, sondern «Meinungseinfalt» zeigten sowie viele reale Doku-Shows.
Der geschäftsführende NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) warnte zu Beginn des Kongresses, die digitale Welt könne die Gesellschaft spalten «in die Angeschlossenen und die Ausgeschlossenen». Denn: «Viele stehen noch ratlos vor der digitalen Informationsflut, der Umgang mit den neuen Medien ist für viele noch eine Hürde.» Jedes Kind müsse auf die Wissensgesellschaft vorbereitet werden und lernen, wie es richtig mit der Fülle an gespeichertem Wissen umgehe. Zugleich betonte Rüttgers, mit dem Internet sei aber die «Vision der Aufklärung, des Wissens für alle» wahrgeworden, «Macht- und Herrschaftswissen» werde immer mehr eingeschränkt.
Das bedeutende dreitägige Branchentreffen mit 200 Experten aus der Print-, Film-, TV- und Online-Welt steht unter dem Motto: «Was uns lieb und teuer ist». Es geht auch um Auswege aus der Kostenlos-Kultur im Internet. Helmut Heinen kritisierte als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger, es sei zu stark in den Hintergrund geraten, wer eigentlich die Inhalte im Netz bezahlen soll. Nur im Printbereich werde konkret für Inhalte Geld gezahlt. Die Refinanzierung durch Werbung stoße aber an ihre Grenzen. Wer profitiere, müsse auch die Verlage künftig am Geschäft beteiligen, sagte Heinen in Richtung des Google-Konzerns.
# dpa-Notizblock
## Internet - [22. medienforum.nrw](www.medienforum.nrw.de) - [Landesmedienanstalt/LfM Nova GmbH](www.lfm-nova.de)
## Orte - [Kongress medienforum.nrw](Staatenhaus am Rheinpark, Köln) - [LfM Nova GmbH](Suitbertusstraße 123, Düsseldorf)