In unserer Versuchsreihe zur Typologisierung der verschiedenen Charakterköpfe des ITK-Channels fassen wir uns nun endlich auch mal an die eigene Nase: Wir beschreiben den Grandseigneur der Branchenpresse!
In unserer Versuchsreihe zur Typologisierung der verschiedenen Charakterköpfe des ITK-Channels fassen wir uns nun endlich auch mal an die eigene Nase. Denn natürlich prägen auch wir Fachjournalisten mit unserer Arbeit die Branche mitunter mit. Damit meinen wir jetzt natürlich nicht den hundsgemeinen Schmierfink, der auf Messen und Konferenzen vor allem daran interessiert ist, seinen Studienratsvollbart in das Gratisbuffet zu versenken. Nein, wirkliche Grandezza findet man in den Redaktionsstuben nur im Büro – besser: im Refugium – des Chefredakteurs oder des Chefreporters. Dort thront der ehrwürdige Weise in einem gut arrangierten chaotischen Durcheinander aus Analystenpapieren, Studienbänden und Holzstichen eines befreundeten Künstlers und erteilt gerade in einer spontanen Telefonkonferenz der Microsoft-Führungsetage Nachhilfe in punkto Channelbetrachtung. »Ihr müsst das ganz anders machen – der Channel tickt so…«, doziert er dann, die Fuße locker auf dem Schreibtisch platziert.
Es bleibt natürlich ein ewig ungelöstes Geheimnis, warum gestandene IT-Spitzenmanager einem Geisteswissenschaftler, der nicht einmal die einfachsten Computerbauteile treffsicher identifizieren und keine belastbare Bilanzrechnung aufstellen könnte, die gefragten Technik- und Wirtschaftskompetenzen zutrauen. Es muss an der Schlaumeier-Aura liegen, die unser Grandseigneur des Branchenberichtwesens wortgewaltig um sich errichtet. Und daran, dass er nach jahrzentelangem Dining & Wining in der Branche wirklich jeden BU-Manager treffsicher identifiziert und sie alle sogar duzen darf.
Irgendwann wird der Redaktionsweise dann aber doch zu groß für seinen eigenen Verlag. Ein erstes Zeichen der Entfremdung zwischen ihm u d seinem – natürlich ungleich kleinkarierterem – Arbeitgeber ergibt sich, wenn im Image-Film seiner Zeitung als Zugpferd plötzlich nicht mehr er, sondern jungynamische Online-Media-Produktmanager beim Tischkickern gezeigt werden. Kommt es dann tatsächlich zu seiner Ablöse, versucht sich der alte Meister womöglich kurz im Berater-Genre. Da dort aber mitunter freilich konkrete Ergebnisse und nicht nur kluge Worte erwartet werden, wechselt er alsbald ins Moderatoren-Fach. Man trifft den Grandseigneur dann noch regelmäßig auf Firmenmessen und kleineren Fachkonferenzen auf der Podiumsbühne, wo er seinen Spezl´n aus der Branche mit lauwarmen Fragen lobhuldigt: »Du, Schorschi, sag mal: Warum macht Ihr das denn so gut?«