Umgedreht
Umgedreht. So kurz nach dem Ende des Oktoberfestes wird der eine oder andere Bierdimpfel, wie man in Bayern die gewohnheitsmäßigen Biertrinker gerne bezeichnet, auf eine Eingebung warten, die ihm all das mit Karussells und Hendl verprasste Geld wieder in den Hosensack schwemmt.
Umgedreht
Da im Allgemeinen dem Bierdimpfel nicht nur ein erhöhter Bierkonsum, sondern auch ein verminderter Intelligenzquotient angedichtet wird, dürfte das ein schwieriges Unterfangen werden. Andreas Butz von der Universität München und Michael Schmitz von der Saarland-Universität ? offenbar zwei bekennende Bierdimpfel ? entwickelten dagegen, als sie mit ihren Studenten beim Biertrinken saßen, eine bahnbrechende Erfindung: Einen Bierdeckel, der von alleine Nachschub bestellt, wenn das Glas leer ist. Entgegen des sonst vom Bierdimpfel bevorzugten Bierfilzes setzen die Modernisierer auf einen Glasuntersetzer, der durch Drucksensoren den Füllstand des Glases erkennt.
Kommt das Bier auf den Tisch, misst der Bierdeckel automatisch das Gewicht. Die Information leitet er an einen Computer hinter dem Tresen weiter. Dieser Vorgang wird immer wieder wiederholt und schließlich der Kellner informiert, wenn das Glas leer ist. Dass das nicht immer ausreicht, wissen die promovierten Bierdimpfel natürlich aus Erfahrung. Daher sorgt wiederholtes Klopfen auf den Untersetzer für eine erneute und wiederholte Benachrichtigung des Schankpersonals. Das Design des modernen Systems erarbeiteten sich die Entwickler durch »Beobachtung und Feldstudien im Zielmarkt«, wie es in einem wissenschaftlichen Abstrakt dazu heißt. Neben der Bestellfunktion, die vielleicht auch bald den patentierten Doppelklick bei Online-Shops ersetzen könnte, sei eine weitere Anwendung des intelligenten Bierdeckels die Abstimmungen bei Bierlokal-Spielen oder in einer Karaokebar. Auch hier ist das Prinzip denkbar einfach: Im Untersetzer ist ein Schwerkraftsensor integriert, der erkennt, wenn der Bierdeckel umgedreht wird. Das könnte dann etwa als »Nein« gewertet werden, während das Heben des Glases als »Ja« gewertet wird.
Während in den USA schon Interesse besteht, gäbe es aus Deutschland noch keine Anfragen. Aber vielleicht ändert sich das mit der nächsten Bundestagswahl schon: Im vernetzten Heim ist bis dahin der intelligente Bierfilz ebenso Pflicht wie der unintelligente Beziehungsfilz in Politik und Verwaltung. Abgestimmt wird dann über alles und jedes, der Bierkonsum steigt wieder, Alkoholiker fühlen sich wieder in die Gesellschaft integriert und müssen nicht mehr als Politiker und Schauspieler ein Schattendasein in der Regenbogenpresse führen.
Und gleich nach der Bundestagswahl stimmt die in Einigkeit und Recht und Freiheit versammelte Nation dann sofort noch über die verbleibenden Sozialfälle im Big-Brother-Container und die Magersüchtige des Tages ab, die im Super-Pop-Star-Conquest in die nächste von insgesamt 43 Runden vordringen darf. Alle Macht dem Bierdimpfel!