Umstrukturierung: Bei Sony bleibt kein Stein auf dem anderen

12. August 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

Umstrukturierung: Bei Sony bleibt kein Stein auf dem anderen. Nach einem verheerenden Geschäftsjahr 2003 beginnt die Sony Deutschland GmbH mit einer radikalen Umstrukturierung: Sortimentsstraffungen, Preiserhöhungen und neue Vertriebsstrukturen sollen die Wende bringen. Verantwortlich für die Umsetzung ist Jürgen Samuel, der bereits das Consulting-Geschäft bei Oracle neu auf Kurs brachte.

Umstrukturierung: Bei Sony bleibt kein Stein auf dem anderen

Das Geschäftsjahr 2003/2004 war für Sony Deutschland ein einziges Desaster: Der Umsatz ging um elf Prozent auf 1,017 Milliarden Euro zurück, es entstand ein Betriebsverlust von 28,3 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag betrug sogar 50,6 Millionen Euro. Das schwache Ergebnis führte schließlich Anfang Januar zur Entlassung des Geschäftsführers Leopold Bonengl. Auch Vertriebsdirektor Frank Bolten und Marketingleiter Peter Körsgen verließen die Sony Deutschland GmbH. Der neue Mann an der Spitze, Wolf Dieter Griess, seit über 30 Jahren bei dem Konzern, muss jetzt eine radikale Umstrukturierung einleiten: »Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben, alles wird hinterfragt«, gibt sich der Geschäftsführer kämpferisch.

Umfangreicher Maßnahmenkatalog

Allerdings wird Griess wohl nicht selbst das Sanierungskonzept umsetzen, sondern der zweite Geschäftsführer Jürgen Samuel. Der Manager ist erst seit 15 Monaten bei der Firma beschäftigt und wurde zum Jahresende 2003 in die Geschäftsführung berufen ? noch von dem damaligen Vorsitzenden Bonengl. Zuvor war Samuel in leitenden Positionen bei Oracle und Siemens tätig. Beim Datenbank-Spezialisten restrukturierte er bereits das Consulting-Geschäft und war Mitglied der deutschen Geschäftsführung.

In einem Mail an die deutschen Fachhandelspartner, das CRN vorliegt, verrät Samuel erstmals Details des umfangreichen Maßnahmenkatalogs: Zum 1. Oktober führt der Hersteller eine neue Vertriebsstruktur ein. Das bisherige zentrale Modell wird durch eine dezentrale, regionale Vor-Ort-Betreuung ersetzt. Praktisch heißt das, dass ein regionaler Ansprechpartner künftig für das ganze Produktsortiment verantwortlich sein wird. Diese Betreuer hätten einen besseren Überblick über die regionalen Preisstrukturen ? so das Argument von Sony. »Wir werden aber weiterhin unsere wichtigen Key Accounts aus dem Channel bundesweit betreuen«, verspricht Samuel. Ein weiterer wichtiger Punkt wird die neue Preispolitik sein. Dabei steigen die Preise nicht sortimentsübergreifend, sondern nur da, wo sich Sony im Wettbewerb vorne sieht. »Innovative Produkte werden künftig ihren Preis und ihre Marge haben«, kündigt Samuel an. Die umfangreiche Produktpalette des Konzerns wird um ein Drittel gestrafft. »Ein breites Portfolio ist nicht mehr zeitgemäß, das kann niemand beherrschen«, begründet der Geschäftsführer den Schritt. Trotzdem bliebe Sony seiner Sortimentspolitik treu. In den übriggebliebenen Segmenten werde es nach wie vor die gesamte Range vom Einsteigermodell bis zum High-End geben.

Ein neues Provisionsmodell wird Anfang nächsten Jahres starten. »Unser neues Konditionen-System soll einfacher werden, so dass es für den Handel besser verständlich wird«, betont Samuel. Da die Verträge auf Jahresbasis liefen, würden die neuen Kontrakte zum Januar 2005 gültig.

Besserung gelobt Sony bei der Verfügbarkeit ? in der Vergangenheit ein häufig geäußerter Kritikpunkt der Partner. Das vollautomatische Zentrallager in Tilburg in Holland soll die Warenverfügbarkeit nachhaltig optimieren. »Wir sparen den manuellen Bestellvorgang ein. Das verbesserte Warenhandling wird allen Seiten Kosteneinsparungen bringen«, verspricht Samuel.

Um die Supply-Chain bis hin zum Endkunden besser zu gestalten, müsse sich der Fachhandel allerdings stärker mit dem Hersteller vernetzen. »Unsere Partner müssen sich für den Dialog öffnen«, appelliert Samuel an den Channel.

Partner noch nicht Informiert

Über weitere Details der Umstrukturierung hat Sony seinen Channel allerdings noch im Unklaren gelassen: »Außer der E-Mail mit den Infos von Jürgen Samuel sind uns keinerlei Punkte bekannt«, betont Andreas Holme, Geschäftsführer der Augsburger Holme Computer, einem VCC Excellent Partner von Sony. Auch über die angekündigte Vor-Ort-Betreuung rätseln die Partner, da viele Händler bereits von regionalen Ansprechpartnern besucht werden. »Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Vertriebsmitarbeitern von Sony. Aber auch unsere Ansprechpartner beim Hersteller wissen nicht genau, wie es weitergeht oder wollen es nicht kommunizieren«, kritisiert ein Münchner Partner, der sich auf die Vaio-Produkte des Konzerns konzentriert hat. Mit der Entwicklung bei den PCs und Notebooks ist er allerdings zufrieden: »Hier laufen derzeit gute Aktionen, die Zeichen stehen auf Sturm.« Gerüchteweise soll die Vaio-Unit künftig aber noch weitere Aufgaben übernehmen und sich zusätzlich um den Vertrieb von Beamern und weiteren Produktgruppen kümmern.

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INFO

Sony Deutschland GmbH
Hugo-Eckener-Straße 20, D-50829 Köln
Tel. 0221 537-0
www.sony.de


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