Verwertet. In Zeiten wirtschaftlicher Not überleben nur die innovativen Köpfe ? so lasen sich Darwins Grundsätze zur Evolution der Arten wohl auf die Wirtschaft ummünzen. Eine, die ganz gewiss überleben wird, ist die »VG Wort«, denn sie ist an Innovationskraft kaum zu übertreffen.
Heimste die Verwertungsgesellschaft früher nur für Kopiergeräte, die zum Vervielfältigen von Büchern und sonstigen Druckwerken dienten, Abgaben ein, so wandern inzwischen 10,23 Euro für jeden verkauften Scanner, 7,50 Euro für jeden CD-Brenner und 9,21 Euro für jeden DVD-Brenner in ihre Kassen. Und wenn es nach dem Landgericht München geht, nun auch bald 12 Euro pro PC. Argumentation der Urteilsbegründung: Eine Gebühr sei auf alles rechtens, was zum Kopieren geistigen Eigentums genutzt werden kann, der PC sei dazu in der Lage, also sei eine Gebühr fällig. Punkt. Der geballten Macht der Verwertungsgesellschaften werden wir uns daher über kurz oder lang alle beugen müssen.
Neuestes Großprojekt ist etwa die VG Sanitär: Sie kümmert sich um alle im Bad anfallenden Abgaben: So erstelle beispielsweise ein Spiegel eine zugegebenermaßen recht flüchtige, dafür jedoch recht originalgetreue Kopie und müsse daher mit einer Abgabe belegt werden: So um die 20 Euro seien wohl angemessen, Taschenspiegel sollen mit 9,50 belegt werden. Im Visier der Rechtverwerter ist auch der Halter für die Klopapierrolle: Er diene der Bereitstellung geschützten geistigen Eigentums ? nämlich des Blümchenmusters auf dem dreilagigen Softpapier ? und sei damit abgabenpflichtig.
Außerdem auf dem Vormarsch: Die VG Verkehr. Sie will von den kommunalen Polizeibehörden eine Abgabe auf die Bilder aus den Radarfallen erheben. Eine Unterabteilung der VG Verkehr bildet sich derzeit gerade mit der VG Medizin heraus: Sie kümmert sich um die Rechte an den menschlichen Kopien, also den Neugeborenen. Die Abgabe soll auf alles medizinische Gerät zur Geburtshilfe erhoben werden und nach Abzug des Verwaltungsaufwandes in die Kasse fließen, aus der das Kindergeld bezahlt wird. Schwieriger ist es bei geklonten Lebewesen: Zwar ist klar, dass beispielsweise beim Klon-Schaf »Dolly« irgendwie Gott die Urheberrechte zustehen, ein angemessener Umlegungsmodus und die Kontonummer von Gott müssen aber erst noch gefunden werden. Der Papst sucht schon danach.
Ganz schlimm trifft es die Eltern von Menschen mit fotografischem Gedächtnis: Da sie quasi alles und jedes ständig kopieren, müssen Vater und Mutter, bzw. im Amtsdeutsch »die Personen, die dafür verantwortlich sind, dass sie in Umlauf gelangen«, kräftig in die Tasche greifen. Inwieweit die Hebamme auch zur Kasse gebeten wird, ist noch nicht geklärt, die Entscheidung des Amtsgerichts Schilda diesbezüglich steht aber in den nächsten Tagen an.