Vom Masseneinsatz noch weit entfernt

25. März 2004, 0:00 Uhr |

Vom Masseneinsatz noch weit entfernt. Schon lange sollte die elektronische Signatur in breitem Einsatz sein. Als ihr wichtigster Anwender gelten die öffentlichen Verwaltungen. Sie lassen die Hersteller gerne noch ein paar Hausaufgaben erledigen. Die Anbieter wiederum haben die langsam mahlenden Mühlen der Behörden vor Augen.

Vom Masseneinsatz noch weit entfernt

Zähes Geschäft für Sicherheitsanbieter

Die Security-Hersteller und -Dienstleister indes geben den schwarzen Peter gern an die Behörden zurück: "Die öffentlichen Institutionen durchlaufen nun mal nicht unbedingt die schnellsten Innovationszyklen", meint Silke Abel, Leiterin Kommunikation bei Curiavant. Die Curiavant Internet GmbH wurde im Dezember 1999 als 100-prozentige Tochter des Städteverbundes Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach und Bayreuth - einem Sieger des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ausgeschriebenen Media@Komm-Wettbewerbes - gegründet (siehe Kasten). Anders als bei der Verbreitung von Mobilfunkgeräten etwa handele es sich bei der elektronischen Signatur nicht um einen Massenmarkt, so Abel. "Das Beispiel Handy lässt sich mit der Signatur leider nicht so schnell wiederholen", so die Leiterin Kommunikation bei Curiavant. Deswegen sei die elektronische Signatur jedoch - wie von vielen beurteilt - nicht tot. "Die Technologie ist da und wird sich durchsetzen. Sie braucht eben dafür ein bisschen länger", gibt sich Abel verhalten optimistisch. Die Nürnberger liefern mit CuriaSIGN ein Modul, um die elektronische Signatur in bestehende Applikationen für Wirtschaft und Verwaltung einzubinden. Eine bereits realisierte Anwendung ist die Amtshilfe online. Künftig können Kommunen Amtshilfegesuche über das Internet beantragen. Der bisherige manuelle Erfassungsaufwand und der Austausch der Dokumente auf postalischem Weg entfällt damit. Für den Zugriff auf die Anwendung muss sich der Sachbearbeiter der jeweiligen Kommune mit einer mindestens qualifizierten elektronischen Signatur authentifizieren.

Die Einführung elektronischer Signaturen bietet der Verwaltung nach Ansicht der Befragten vor allem die Möglichkeit,einzelne Prozesse im Hinblick auf den Signatureinsatz zu optimieren.

Quelle:Mummert Consulting

Nur ein Behördenprojekt, bei dem die elektronische Signatur zum Einsatz kommt, kann der Sicherheitsanbieter Utimaco vorweisen. Kunde ist das Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung (ZKD) in Stuttgart. Es betreibt eine Zertifizierungsstelle für das elektronische Grundbuchamt in Baden-Württemberg. Neben einer dezentralen PKI, bei der Grundbuchämter und Notariate digital signieren können, erfolgt die Signatur der einzelnen Grundbuchseiten zentral über den Signature Server von Utimaco. Diese werden dann zentral gespeichert und verbleiben beim Grundbuchamt.

Der Sicherheitsanbieter Authentidate hingegen profitiert als Spezialist für "elektronische Zeitstempel". Das Unternehmen realisierte unter anderem im vergangenen Jahr eine Signaturlösung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) zum rechtssicheren Nachweis von elektronischen Dokumenten aller Art, wie zum Beispiel Word-Dokumente oder E-Mails. Zusätzlich ist das BMWA mit Hilfe der Authentidate-Lösung in der Lage, elektronische Posteingangs- und Postausgangsstempel zu erstellen.

Die Kommunen sehen in der elektronischen Signatur keine großen Einsparpotenziale, durch die Investitions- und Pflegekosten sich schnell rentieren würden.

Quelle:Mummert Consulting

Zwischen Rechtfertigungszwang und Sinnsuche

Rüdiger Mock-Hecker, Leiter der Geschäftssparte Kartensysteme beim Deutschen Sparkassenverlag (DSV), einer der Dienstleister der Sparkassen, stimmen die ersten Früchte seiner Tätigkeit zuversichtlich: "Unsere Expertise in Zertifikate- und Schlüsselmanagement hat uns vor etwa drei Jahren motiviert, aus einer Chipkarte weitaus mehr zu machen als nur ein Zahlungsmittel", so der Experte für Kartensysteme. Mittlerweile ermöglicht der DSV mit seinem Trustcenter und der S-Trust-Signaturkarte etwa die sichere Online-Rentenauskunft oder die elektronische Steuererklärung. Zwar hätte man damit noch nicht die "kritische Masse" erreicht, sei aber auf dem besten Wege dahin. Dass die Kommunen fehlende Standards bemängelten, kann Mock-Hecker nicht nachvollziehen: "Wir haben beispielsweise unsere Signaturschnittstelle dem Zentralen Kreditausschuss zur Verfügung gestellt." Wer neue Anwendungen in die S-Trust-Karte integrieren wolle, könne dies problemlos tun.

Warum es den derzeit verfügbaren Signaturkarten noch an Akzeptanz mangele, sieht Mock-Hecker eher in der Schieflage von Kosten und Einsparungen. Es könne, so der Signatur-Fachmann nicht sein, dass derzeit die Bürger für Chipkarte und Lesegerät zu zahlen hätten, die enormen Einsparungen von Verwaltungskosten hingegen in erster Linie die Anbieter elektronischer Dienstleistungen freuten.

Media@Komm

Media@Komm ist eine Initiative der Bundesregierung, um den Aufbau von Virtuellen Rathäusern in Städten und Gemeinden unter Verwendung der elektronischen Signatur zu forcieren. Im Frühjahr 1998 schrieb das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) einen bundesweiten Städtewettbewerb aus, an dem sich insgesamt 136 Kommunen beteiligten. Drei der Bewerber gingen mit ihren Konzepten für ein Virtuelles Rathaus als Sieger hervor:

Bremen Esslingen Städteverbund Nürnberg

Die drei prämierten Konzepte werden nun umgesetzt. Für die Technologie- und Anwendungsentwicklung stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit den drei Siegern im Rahmen seiner Multimedia-Förderung Mittel in Höhe von bis zu 26 Millionen Euro bereit.

Ziele des Media@Komm-Projektes

Vollelektronische und medienbruchfreie Kommunikation, die rechtsverbindliche Dienstleistungen und Transaktionen zwischen öffentlicher Verwaltung, Bürgern und Wirtschaft ermöglicht. Entwicklung von innovativen multimedialen Anwendungen möglichst unter Nutzung der elektronischen Signatur. Schaffung des Digitalen Rathauses und Stärkung der Servicequalität der Kommunen. Entwicklung eines effizienten und transparenten IT-Verwaltungssystems, das möglichst schnell, einfach und sicher auf andere Städte und Gemeinden übertragen werden kann. Einzelanwendungen sollen von tragfähigen, integrierten Lösungen abgelöst werden.

Quelle: Curiavant


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+