Webservices spielen zusammen

8. April 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Webservices spielen zusammen. Geschäftsprozesse sind ein weites Feld. Im Zusammenhang mit Webservices geht es derzeit darum, einzelne Applikationen ablaufbezogen zu verbinden.

Webservices spielen zusammen

Webservices berücksichtigen Geschäftsprozesse im Sinn eines Business Process Management (BPM) gegenwärtig vor allem über das Konzept der Orchestrierung: der ablaufbezogenen Kombination einzelner Anwendungsprogramme. Eine solche Möglichkeit bieten immer mehr Middleware-Produkte, Business-to-Business- und auch Supply-Chain-Umgebungen für Webservices. So genannte Integrationsbroker (Integration Broker) liefern dabei den Unterbau für das Zusammenwirken der einzelnen Webservices und damit der betroffenen Applikationen und Daten in verteilten IT-Landschaften.

Serviceorientierte Architektur

Die Orchestrierung hat im Wesentlichen die Aufgabe eines Steuerbus in einer serviceorientierten Systemarchitektur (Service-oriented Architecture, SOA). Über diese Infrastruktur werden die Content-, Kontext- und Kontrollflüsse verteilter Geschäftsprozesse gesteuert. Die Orchestrierung sorgt für das Zusammenspiel zunächst isolierter Anwendungs- und Datensilos in einer zusammenhängenden Architektur, wobei Integrationsbroker die Anschlusspunkte für den gemeinsamen Service Bus bereitstellen.

Zu den wichtigsten Merkmalen der Orchestrierung gehört die Möglichkeit, zusammengesetzte Webservices zu definieren, die mehrere bestehende Webservices zu einem wiederverwendbaren Geschäftsprozess höherer Ordnung koppeln. Mit Orchestrierungswerkzeugen können Webservices aggregiert, integriert und in jeder gewünschten Komplexität verschachtelt werden. Eine sequentielle, bedingte, parallele oder zeitbezogene Ausführung sowie andere Abhängigkeiten können über orchestrierte Webservices definiert werden.

Um in verbundenen Webservices zusammenwirken zu können, müssen bestehende Anwendungskomponenten ihre Schnittstellen über die so genannte Web Services Description Language (WSDL) bereitstellen. Diese Hürde wird im Laufe der Zeit in dem Maße an Bedeutung verlieren, in dem die Betriebs- und Anwendungsplattformen einen immer größeren Teil ihrer Ressourcen über Webservices bereitstellen. Zurzeit jedoch bieten nur wenige Legacy-Plattformen Webservice-Schnittstellen an.

Der Standard WS-BPEL

Bei der derzeitigen Version 1.1 der Spezifikation von WS-BPEL handelt es sich um einen Arbeitsentwurf des Technical Committee (TC) der Organization for the Advancement of Structured Information Standards (Oasis), das mit der Web Services Business Process Execution Language (BPEL) befasst ist.

Allgemein betrachtet unterstützen WS-BPEL 1.1 und konkurrierende Spezifikationen, etwa das Web Services Choreography Interface (WSCI) des World Wide Web Consortium (W3C), ähnliche Funktionsbereiche. Sie alle liefern syntaktische Regeln in der Extensible Markup Language (XML) für die folgenden Aufgaben:

Definition von Modellen für den Nachrichtenaustausch, um Webservices aufzurufen und zu orchestrieren Beschreibung der Logik und des Zustands, die für eine Orchestrierung gebraucht werden Darstellung von Abhängigkeiten zwischen Orchestrierungsschritten Korrelation von Nachrichten und Orchestrierungsinstanzen Entdeckung fehlerhafter oder unvollständiger Orchestrierungsinstanzen und Neustart Initiieren, Durchführen, Steuern, Aussetzen, Beenden und Abbrechen orchestrierter Webservices Definition von Orchestrierungen als wieder verwendbare, schachtelbare Webservices

Produkte zur Orchestrierung

Integrationsbroker werden heute unter verschiedenen Bezeichnungen auf dem Markt angeboten. Sie werden beispielsweise als Integrationsplattformen, Integrationsserver, Orchestrierungsserver, Enterprise Application Integration (EAI) Tools, Enterprise Service Bus Middleware, Process Managers, Process Engines, Business Process Management Tools oder Workflow-Umgebungen bezeichnet. Allen Produkten sind jedoch grundsätzliche Komponenten gemeinsam. Dazu gehört erstens eine serverbasierte Orchestration Engine zur Verbindung von Applikationen, Prozessen und Daten. Zweitens gibt es überall eine mehr oder minder umfassende Palette von Konnektoren für den Anschluss an diverse Anwendungs-, Plattform-, Middleware-, Transport- und Datensysteme. Und drittens gehören visuelle Tools dazu, das heißt: eine graphische Schnittstelle zur Definition, Abbildung, Umwandlung und Verwaltung sowie zum Reporting und zur Analyse von Orchestrierungen.

Mit Hilfe der visuellen Werkzeuge können Entwickler Aufgaben, Abhängigkeiten und Routing-Schritte festlegen, die die Orchestrierung mit Hilfe von Integrationsbrokern steuern. Manche Orchestrierungen betreffen langlaufende, zusammengesetzte Geschäftsprozesse, während bei anderen kurzlebige, atomare Transaktionen vorliegen.

Während sich eine Gruppe von Herstellern von Integratiosbrokern auf die Integrationsleistungen im engeren Sinn konzentriert, bietet eine andere Gruppe signifikante weitere Funktionen: namentlich Portal-Software und Java-Applikationsserver. Zur ersten Gruppe gehören Iona, Seebeyond, Sonic, Tibco und Vitria, zur zweiten Bea, Fujitsu Siemens, IBM, Oracle und Sun.

Bei der Auswahl eines Integration-Broker-Produkts ist darauf zu achten, dass der Anbieter sich zur Implementierung der Standards für Webservices verpflichtet - insbesondere der WS-BPEL. Unternehmen sollten zur Orchestrierung von Webservices auf standardbasierte Plattformen und Werkzeuge zurückgreifen, die sich für viele Zwecke eignen. Nur eine Orchestrierungsinfrastruktur, die sich auf Standards stützt, kann die erforderliche Kompatibilität zwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller gewährleisten, um allen Anforderungen bei unternehmensinternen und -übergreifenden Integrationen gerecht zu werden.

Die Rolle von Integrationsbrokern

Integrationsbroker führen im Allgemeinen die folgenden Orchestrierungsfunktionen für Webservices aus:

Schnittstellen zu Anwendungen bereitstellen, die sich auf Technologien für Webservices beziehen Nachrichten aus Applikationen entgegennehmen, prüfen und analysieren Sicherheitsverfahren anwenden, bevor eingehende Nachrichten zu den Zielanwendungen weitergeleitet werden Formate der auszutauschenden Nachrichten umwandeln Nachrichten an Zielanwendungen übertragen Transaktionsaspekte, die mit der Nachrichtenübermittlung verbunden sind, managen

Konvergierende Standards

Orchestrierungen werden bisher überwiegend mit herstellerspezifischen Werkzeugen und Schnittstellen angegangen. Die IT-Industrie hat zwar inzwischen viele Spezifikationen für die Interoperabilität von Orchestrierungen entwickelt, aber auf gemeinsame Standards einigen konnte sie sich bislang nicht. Seit dem letzten Jahr unterstützen die maßgeblichen Hersteller jedoch immerhin durchweg die Web Services Business Process Execution Language (WS-BPEL) der Organization for the Advancement of Structured Information Standards (Oasis). Zurzeit wird dieser Standard in kommerziellen Integration-Broker-Produkten von Bea, Collaxa, Fiorano, IBM, Intalio, Intersystems, Lombardi, Microsoft, Seebeyond, Vitria und Webmethods implementiert.

Allerdings muss man sich darüber klar sein, dass WS-BPEL und die Orchestrierung genannte Kombination von Programmen nicht alles abdecken, was die Entwicklung, Integration und Kontrolle prozessorientierter Anwendungen betrifft. Ebenfalls erforderlich sind formale Notationen für Prozesse sowie geeignete Werkzeuge, um daraus Code zu generieren. Ansätze dazu gibt es im Rahmen der Unified Modeling Language, die von der Object Management Group (OMG) standardisiert und beispielsweise in Werkzeugen von Borland, IBM und Sun implementiert wird, sowie ereignisgesteuerter Prozessketten, wie sie namentlich der saarländische Anbieter IDS Scheer in seinen Tools verwendet.

James Kobielus ist Senior Analyst bei dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Burton Group aus dem US-Bundesstaat Utah.


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