Welche Rolle spielt UMTS heute bei Unternehmen?
Welche Rolle spielt UMTS heute bei Unternehmen? UMTS kommt langsam auf Touren. Weil die Technologie Daten schnell überträgt, eröffnet sie Unternehmen reizvolle Anwendungen. Oft allerdings ist der Business Case nicht klar genug nachweisbar.


Sieben Jahre nach den spektakulären UMTS-Auktionen in Europa fristet der mobile Breitbandverkehr noch immer ein Nischendasein. Schnelle Mobilfunkangebote der dritten Generation nutzt bisher nur ein Bruchteil der Kunden . Weltweit stehen zwei Milliarden GSM-Kunden nur rund 50 Millionen UMTS-Nutzern gegenüber. Auch in Deutschland fragen Kunden UMTS-Dienste eher zögerlich nach. Bei allen vier nationalen Netzbetreibern haben die UMTS-Erlöse noch keine zehn Prozent der Umsätze erreicht. Vor allem Business-Anwender wollen im Zuge fortschreitender Rationalisierung von den Vorteilen der mobilen Breitband-Technologie profitieren. In beratungsintensiven Branchen, etwa der Pharmaindustrie, der Versicherungswirtschaft oder bei Unternehmensberatungen werden neue Vertriebsstrategien entworfen, die sich die neuen Möglichkeiten zunutze machen. Noch verwendet man aber zur Datenkommunikation weitgehend stationäre IT-Endgeräte wie Desktop- PCs. Mobile Mitarbeiter klinken sich üblicherweise über fixe Zugänge in das Firmennetz ein. Mit UMTS können nun mobile Applikationen wie Auftragsplanung oder Rechnungserstellung eingesetzt werden. Denn in der weiterentwickelten Form konkurriert UMTS mit einem DSL-Anschluß mittlerer Bandbreite, ohne wie dieser ortsgebunden zu sein. UMTS bietet die Vorteile einer DSL-Leitung und gleichzeitig die begehrte Möglichkeit, mobil im Internet zu surfen.
Aussendienst hofft auf das mobile UMTS-Büro Besonders der Außendienst hofft auf entsprechende Anwendungen für das mobile Büro. Die Vorteile von UMTS-Technik zeigen sich beispielsweise deutlich beim mobilen Vertrieb der Versicherungsberater. Über eine UMTS-Verbindung können die Außendienstmitarbeiter im Kundengespräch auf aktuelle Informationen zu den bestehenden Verträgen und Tarifen zurückgreifen. Der direkte Zugriff auf die Firmennetzwerke führt zu aktuellen und harmonisierten Datenbeständen, denn Daten, die die Berater beim Kunden erheben, landen sofort in der Datenbasis statt später mit mehr oder weniger Aufwand eingepflegt zu werden. Das bedeutet Effizienzgewinne. Mehrwerte für die Geschäftsprozesse entstehen auch, weil Daten schnell zwischen den Mitgliedern einer Projektgruppe verteilt werden können und so alle Beteiligten auf aktuellem Stand sind. Das erspart Abstimmungsaufwand. Die Teilnehmer müssen sich dafür nicht mehr in der Nähe klassischer Einwahlpunkte befinden, so lange sie in der Reichweite eines UMTS-Netzes sind. Kalkulationen gehen davon aus, dass Außendienstler durch mobile Breitbanddienste täglich rund eine Stunde effektive Arbeitszeit gewinnen Computacenter, ein Serviceprovider für IT-Infrastruktur, hat seine Mitarbeiter bereits mit UMTS-Technik angebunden. Sie übermitteln von unterwegs nicht nur die Auftragsdaten und rufen bei Rückfragen der Kunden jeweils aktuelle Statusinformationen ab. Zudem haben die Mitarbeiter natürlich auch jederzeit Zugriff auf die Informationsdienste der Fluggesellschaften, öffentlichen Verkehrsmittel oder auf sonstiger Auskunftsservices, mit der sich die Arbeitsorganisation erleichtern lässt.
UMTS als Alternative zu WLAN-Anschlüssen Mit seiner zumindest in Ballungsräumen unbegrenzten Verfügbarkeit offenbart UMTS heute vor allem im Vergleich zu WLAN-Hotspots deutliche Vorteile. Der Nutzen der WLANs wird vor allem durch ihre geringe Reichweite beeinträchtigt. Eine unterbrechungsfreie Datenübertragung funktioniert maximal in einem Umkreis von 500 Metern. Hat man für sein Notebook keinen WLAN-Anschluss in Reichweite, gibt es zu UMTS kaum eine sinnvolle Alternative. Auch die neue Funktechnologie WiMAX, die zum UMTS-Killer stilisiert wurde, hat sich bislang nicht durchsetzen können. Nach einer Standardisierungs- und Testphase werden derzeit kommerzielle Netze aufgebaut. Potentielle WiMAX-Nutzer müssen sich, ebenso wie bei WLAN-Zugängen, mit dem jeweiligen Betreiber über Zugangs- und Zahlungsmodalitäten einigen. Zahlreiche rivalisierende WiMAX-Netze erleichtern diesen Abstimmungsprozess nicht gerade – hier sei an das Gewirr unterschiedlicher Hotspot-Betreiber mit jeweils eigenem Abrechnungssystem erinnert. Sicherheits- und Überwachungsfirmen übertragen schon heute ortsungebunden große Datenmengen mit UMTS. Für sie bedeutet die Technologie mehr Flexibilität und damit besseren Service für die anspruchsvolle Kundschaft. Beispielsweise fahren Überwachungsroboter Gebäude und Geländeflächen ab und senden dabei die aufgenommenen Bilder an die Einsatzzentrale. Die Verwendung von WLAN kommt hier nicht in Betracht, da die Überwachungsaufträge kurzfristig disponiert werden müssen, ohne dass man vorher einen Hotspot festlegen könnte.
UMTS-Roboter bei der Fussball-Weltmeisterschaft Prominentes Beispiel für den Einsatz dieser Technik waren zwanzig Roboter im Berliner Olympiastadion während der Fußball-WM in Deutschland. Den illustren Rahmen der sportlichen Großveranstaltung nutzten eine ganze Reihe von Telekommunikationsunternehmen, um Testläufe für UMTS-Projekte ihrer Geschäftskunden zu starten. Dazu gehörten auch die Computer-Abrechnungssysteme (CAS) mit UMTS-Verbindung. Mit Hilfe der Geräte war es möglich, mobile Kassenanlagen mit der jeweiligen Firmenzentrale zu verknüpfen. Insbesondere bei zeitlich befristeten Verkaufsständen in Stadien oder Bahnhöfen ist das vorteilhaft.
UMTS-Technik auf dem Prüfstand Trotz vieler praktischer Einsatzmöglichkeiten wird die UMTS-Technik in der Wirtschaft nicht so stark genutzt, wie aufgrund dessen zu vermuten wäre. Ein wichtiger Grund liegt darin, dass sich die UMTS-Kosten nur schwer im Vorhinein kalkulieren lassen. Viele der Vorteile sind schwer quantifizierbar. Daher setzen die Unternehmen meist am Anfang der UMTS-Anwendung Pilotprojekte auf, aus denen sich Erkenntnisse über die Handhabung in der Praxis und den Return on Investment ableiten lassen. 60 bis 70 Prozent der Unternehmen, die den Einsatz von UMTS in Betracht ziehen, befinden sich in einer solchen Orientierungsphase.
UMTS muss noch viele Hürden nehmen Die abwartende Haltung gegenüber UMTS fordert die Telekommunikationsunternehmen heraus. Dreh- und Angelpunkt ist, den Kunden solide Lösungen mit einem möglichst von Anfang an nachweisbaren Mehrwert zu liefern. Ein Beispiel ist das mobile Büro. Hier reichen die Probleme weit über die Wahl der passenden Übertragungstechnologie hinaus. Denn die mobile UMTS-Lösung muss mit unterschiedlichen Endgeräten, Netzkomponenten und Applikationen integriert werden, die jeweils andere technische Anforderungen stellen. Das ist meist nicht einfach. So lassen sich etwa leicht erweiterte Desktop-Anwendungen nicht zwangsläufig deckungsgleich ohne Veränderungen auf portable Endgeräte übertragen. Neben diesen Adaptionsaufgaben bleibt die Geschwindigkeit des Datentransfers ein Hauptthema. Um UMTS erfolgreicher zu machen, müssen die Übertragungsgeschwindigkeiten steigen. Nachdem es inzwischen vielerorts UMTS-Netze gibt, erhöhen die Telekommunikationsunternehmen nun systematisch deren technische Leistungsfähigkeit weiter voran. Die zweite Stufe der UMTS-Technik, HSDPA (High Speed Download Packet Access), bietet erheblich höhere Datendurchsätze als die Vorgängertechnologien. Derzeit sind mit dieser Technik Übertragungsgeschwindigkeiten erreichbar, die etwas über der eines Standard-DSL-Anschluss liegen (3,6 Megabit/Sekunde). Die ersten Anbieter haben bereits Lösungen mit einer Geschwindigkeit von 7,6 Megabit bis 12 Megabit angekündigt.
HSDPA-Einstieg beginnt in ersten Pilotregionen Der Übergang von UMTS zu HSDPA beginnt derzeit in ausgewählten Pilotregionen. Auf der Isle of Man wurde 2001 das weltweit erste UMTS-Netz in Betrieb genommen. Seither wird es ständig technisch erweitert, inzwischen auch mit HSDPA-Technologie. In Österreich wird HSDPA ebenfalls kommerziell genutzt. Auch in Deutschland beginnen Netzbetreiber und Endgerätehersteller mit dem Einstieg in die vielversprechende Technologie. Bis spätestens Ende 2007 sollen die neuen Endgeräte mit superschnellem Datentransfer den Mobiltelefonkunden angeboten werden. Man darf gespannt sein, wie sich HSDPA auf die Ausbreitung von UMTS auswirkt.
UMTS soll Festnetzkunden erobern Der Wettlauf um die schnellsten Datenpakete in den Netzen ist allerdings nicht nur von den Anwendungen getrieben. Die Mobilfunkanbieter wollen gleichzeitig Angebote für DSL-Kunden mit Festnetzanschlüssen schaffen, um den klassischen Telekomanbietern die Kunden streitig zu machen. Die Bündelung von Sprach- und DSL-Anschlüssen ist noch nicht weit fortgeschritten. Wenn es gelingt, die erfolgreichen Angebote der Festnetzanschlüsse auf die Mobiltechnik zu übertragen, ist ein wichtiges Hindernis der erfolgreichen Expansion der UMTS-Technik aus dem Wege geräumt. Im westeuropäischen Markt für multimediale mobile Anwendungen keimt damit Hoffnung auf. Der Optimismus der Inhalte-Anbieter kann sich auch auf die Aussagen kommerzieller Marktforschungsinstitute stützen. Diese schätzen, dass bereits heute 90 Prozent der westeuropäischen Mobilfunkkunden ein Endgerät verwenden, das über die reine Sprachanwendung per GSM-Netz hinausgeht. Bis 2010 soll dann fast jedes Endgerät grundsätzlich datentauglich sein. Die Zahl der potenziellen NutzerNutzer wird damit um 20 Prozent auf rund 325 Millionen steigen.
Manfred Mackert ist Principle Consultant bei Steria Mummert Consulting