Wenn Prozesse beweglich werden

8. April 2004, 0:00 Uhr |

Wenn Prozesse beweglich werden. Mobile Lösungen besitzen viele Vorteile. Doch sind zu ihrem erfolgreichen Aufbau technische Entscheidungen zu treffen sowie Herausforderungen anzunehmen, die oft nicht leicht zu meistern sind.

Wenn Prozesse beweglich werden

Dass die mobile Anbindung von Mitarbeitern an die Unternehmens-IT viele Vorzüge haben kann, bezweifelt niemand. Können doch zum Beispiel Doppelerfassungen sowie Medienbrüche vermieden und die Effizienz der Mitarbeiter gesteigert werden (siehe Grafik oben). Bei dem Aufbau einer mobilen Lösung ist allerdings auch einiges zu beachten. Ein aktueller Report von Berlecon Research, "Prozesse optimieren mit Mobile Solutions", befasst sich mit den Entscheidungen, Herausforderungen und Fallstricken die bei einem solchen Projekt zu meistern sind (siehe Kasten Seite 17).

Vorteile der Optimierung: Einsparung von Prozessschritten, da Doppelerfassungen und Schritte zur Transformation der Daten zwischen Mitarbeiter und Backend-System wegfallen. Vermeidung von Medienbrüchen, da die Daten direkt elektronisch erfasst und abgefragt werden können. Zeit- und ortsnahe Bereitstellung von Informationen.

Quelle: Berlecon Research 2004

Horizontal oder vertikal

Bei den mobilen Lösungen für Mitarbeiter in einem Unternehmen muss zwischen unternehmensübergreifenden, horizontalen und prozessspezifischen, vertikalen Anwendungen unterschieden werden: Während die erste Kategorie vor allem standardisierte Prozesse wie Mobile Office und Mobile Messaging beinhaltet, bildet die zweite spezifische Prozesse ab, durch die die Mitarbeiter vorrangig besser in den Prozessablauf eingebunden werden. Im Gegensatz zu den Unternehmensübergreifenden Lösungen, die sich mit E-Mail und Kalenderdaten gut zur Standardisierung eignen, unterscheiden sich Lösungen zur Prozessoptimierung je nach Branche und Unternehmen. Eigenheiten der Prozessgestaltung können dabei Wettbewerbsfaktoren darstellen. Daher lassen sich bestenfalls aus Standardkomponenten individuelle Lösungen zusammenstellen. Wirkliche Standardlösungen sind die Ausnahme. Auch können nicht alle Unternehmen durch den Aufbau einer vertikalen Lösung gleichermaßen gewinnen. Am meisten können von einem solchen Umbau Firmen mit einer großen Vertriebs- und Serviceabteilung im Außendienst profitieren, deren Mitarbeiter darauf angewiesen sind, Daten vor Ort beim Kunden abzufragen (siehe auch Kasten Seite 17). Thorsten Wichmann Geschäftsführer Belecon Research stellt aber klar, "ein Unternehmen muss nicht riesig sein, wenn der Geschäftserfolg entscheidend vom Außendienst abhängt, kann sich eine mobile Lösung auch bei zehn Außendienstmitarbeitern lohnen".

Faktor Mensch

Beim Aufbau einer mobilen prozessspezifischen Lösung spielt neben der Technik auch der Faktor Mensch eine große Rolle. Die Lösung kann nur erfolgreich sein, wenn sie die Fertigkeiten des Mitarbeiters berücksichtigt und deren Akzeptanz bei der Konzeption der Lösung sichergestellt wird. Dabei spielt auf Mitarbeiterseite auch ein klar gestaltetes Bedienungsfeld eine Rolle. Diese Faktoren sollten deshalb bei der Wahl des mobilen Endgeräts neben technischen Gründen wie Anschaffungs- und Integrationskosten berücksichtigt werden (siehe auch Kasten unten links).

Kriterien zur Auswahl mobiler Endgeräte Gewicht, Größe, Startzeiten Eingabemöglichkeiten entsprechend der Prozesse Möglichkeiten zur Anbindung von Zusatzgeräten zur Erweiterung der mobilen Lösung Unterstützung der Schnittstellen zur Datenübertragung Anschaffungskosten: Wobei niedrige Hardwarekosten oft mit höhere Ausgaben für die Erstellung und Integration der mobilen Anwendung verbunden sind

Quelle: Berlecon Research 2004

Kein Mobilfunkthema

Derzeit haben Anwender die Tendenz mobile Lösungen als Mobilfunkthema einzustufen. So stellen IT-Leiter vermehrt die Frage ob die Mobilfunkstandards GPRS oder HSCSD für den Aufbau ihrer mobile Unternehmenslösung ausreichen, oder ob sie besser auf UMTS warten sollten. Diese Fragestellung ist aber irreführend, denn für mobile Lösungen lassen sich die Standards auf einige wenige entscheidungsrelevante Aspekte reduzieren:

Eignung für Nah- und Fernübertragung der Daten Verfügbarkeit an den relevanten Ortes Bandbreite und Stabilität der Verbindung Kosten

Beschränkt man sich dabei auf Technologien zur Fernübertragung der Daten, wird fast immer eine Verbindung auf Basis des Internet-Protokolls zwischen den mobilen Endgeräten und der Unternehmens-IT aufgebaut - egal ob die Datenübertragung über WLAN-Zugangspunkte, einen Mobilfunkstandard oder eine Kabel-Internetverbindung erfolgt.

Thin- oder Fat-Client

Bei der Wahl der Übertragungstechnik geben Synchronisationsrhythmus, Datenmenge und der genutzte Client den Ausschlag. Sind viele einfache Unternehmensanwendungen heute Browser-basiert, arbeiten komplexere mobile Unternehmenslösung weiter mit Fat-Clients. Dabei wird ein Teil der für die Geschäftslogistik notwendigen Daten auf den Client gehalten. Keine Flexibilität bei der Datenübertragung ist notwendig, wenn die Synchronisation der Daten bei Rückkehr des Mitarbeiters ins Unternehmen ausreicht. Eine gelegentliche Synchronisation außer Haus wird hingegen bei Bedarf über WLAN-Zugangspunkte, Modemverbindungen mit Kabel und eine gelegentliche Einwahl über das Mobilfunktelefon erfolgen. Nur für eine kontinuierliche Synchronisation werden Mobilfunkstandards wie GPRS und UMTS benötigt.

Viel wichtiger als der Übertragungsstandard ist - wie bei jedem klassischen IT-Projekt - die Integration der Lösung mit Komponenten wie Clientsoftware und Middleware ins Backend. Bei ihrer Wahl sollte darauf geachtet werden, dass sie - Endgeräte, Anwendungen und Datenbanken im Backend sowie Übertragungstechnologien - zu einer vollständigen Unternehmenslösung zusammenführen können. Dazu gehört auch die Regelung des Datenzugriffs und anderer Sicherheitsaspekte, das Management der Datensynchronisation zwischen mobilem Endgerät und Backend und die Abbildung der Geschäftslogistik sowohl beim mobilen Nutzer als auch beim Datenaustausch mit dem Backend. Idealerweise sollte der Anwender zum Beispiel auch den Datenzugriff beim Verlust eines mobilen Endgerätes blockieren können. Bei der Integration spielen IT-Spezialisten eine entscheidende Rolle. Thorsten Wichmann erläutert: "Die Anwender sollten bei Wahl ihres System-Integrators darauf achten, dass dieser nicht nur Technikkenntnisse besitzt, sondern Referenzprojekte vorweisen kann und auch begreift, wie die Anwendergruppe im Außendienst arbeitet". Gerade wer öfter mobile Lösungen für eine Branche realisiert, besitzt zumeist vorgefertigte Komponenten, durch die sich Zeit und Kosten sparen lassen und die darüber hinaus die Erfolgschancen des Projekts erhöhen.

Für mobile Lösungen geeignete Prozesse und Branchen

Zur Optimierung geeignete Prozesse sind die, bei denen:

in hoher Regelmäßigkeit Daten durch mobile Mitarbeiter vor Ort abgefragt und erfasst werden ein Internetabschluss über Festnetz nicht zur Verfügung steht Daten kategorisierbar und standardisierbar sind

Kennzeichen der Potentiale einer Branche sind:

eine große Vertriebsabteilung im Außendienst Warenauslieferungen im größeren Umfang Eine größere Zahl an Servicetechnikern im Kundendienst

Herausforderung für Management und Organisation Kosten-Nutzenanalyse der Lösung mit indirekten Kosten und Nutzenpotentialen Auswahl externer Dienstleister nach Kompetenzschwerpunkten der Lösung Bei der Umgestaltung der Unternehmensprozesse sollte Bereichs- durch Prozessdenken ersetzt werden. Außerdem sollte die parallele Existenz alter und neuer Prozesse vermieden werden Die Mitarbeiterakzeptanz sollte durch Schulungen, rechzeitige Vorbereitung auf den Tätigkeitswechsel und das Neuknüpfen von sozialen Kontakten innerhalb des Unternehmens erhöht werden.


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