"Wir liefern die Reifen"

8. April 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

"Wir liefern die Reifen". Gerald Cohen, Chef des Softwareherstellers Information Builders, schildert im Gespräch mit Werner Fritsch, wie er sein Unternehmen auf Kurs hält.

"Wir liefern die Reifen"

Gerald Cohen: Gründer, Chief Executive Officer und President von Information Builders.

Foto: Information Builders

Herr Cohen, Ihr Softwarehaus ist in zwei unterschiedlichen Marktsegmenten tätig: Neben das angestammte Business-Intelligence-Geschäft um die Web-Focus-Produktlinie ist mit iWay inzwischen Enterprise Application Integration getreten.

Ja, wir haben 2001 mit iWay angefangen. Davor hatten wir EDA, eine Middleware für den Datenzugriff. Wir haben Daten-Middleware sozusagen erfunden. Als wir anfingen, auch Applikationen zu verbinden, haben wir eine neue Marke und eine separate Firma geschaffen: iWay. Die Marke Information Builders wird stark mit dem Produkt Web Focus und mit Business Intelligence assoziiert, aber nicht mit Integration.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell bei iWay aus?

Wir beliefern in erster Linie EAI-Anbieter: unter anderem BEA, SAP, Oracle und Microsoft. Sie kaufen unsere Adapter und verwenden sie in ihrem eigenen Produkt. Sie bauen Autos, und wir liefern die Reifen. Wir können die Adapter billiger herstellen als sie selbst. Die Aussichten sind sehr gut. Viele Hersteller wie SAP oder Peoplesoft fangen mit Integrationssoftware gerade erst an. Es wäre verrückt, wenn die ihre Adapter alle selber machen würden. Unsere Adapter orientieren sich an Standards wie Java. Bei der Schnittstelle zum jeweiligen Message-Broker gibt es darauf abgestimmte Anknüpfungen.

Wie geht es mit den iWay-Produkten weiter?

Da ist einiges in Planung, etwa im Hinblick auf weitere Spezifikationen für Java und für Webservices. Außerdem gibt es industriespezifische Standards, die nachgefragt werden.

Werden Webservices Ihr Geschäft verändern?

Eigentlich nicht. Webservices vereinheitlichen die Schnittstellen. Aber dann gibt es weiterhin Vielfalt und die Notwendigkeit für Umformungen: es gibt etwa Soap- und ebXML-Nachrichten, und es gibt Legacy-Technologien wie CICS.

Business Intelligence bringt Ihnen bislang wesentlich mehr Umsatz. Was bietet Information Builders in diesem Segment?

Wir haben Programmiersprachen der vierten Generation quasi erfunden. Wir können damit Daten aller Applikationen auswerten. Dabei geht es um die geschäftlichen Anforderungen der Unternehmen, nicht um mechanische analytische Operationen an Datenwürfeln. Wir haben ein Toolset, mit dem sich die Anwender individuelle Lösungen bauen können. Zum Beispiel haben wir einen Report Server und Tools, um Benutzern automatisch Informationen zuzustellen. Es gibt verschiedene Arten von Benutzern: manche wollen nur Informationen zur Kenntnis nehmen, andere aktiv analysieren. Wir können Berichte auch archivieren. Wir haben ein Portal, das einen Rahmen für Anwendungen gibt. Und nicht zuletzt haben wir ETL-Werkzeuge, um Informationen aus Datenbanken zu extrahieren, umzuformen und in andere Datenbanken zu transportieren.

Wie sieht da Ihre weitere Produktplanung aus?

Es kommen immer neue Funktionen hinzu. Zum Beispiel arbeiten wir zurzeit an der Möglichkeit, hochauflösende Grafiken auszugeben. Unsere Kunden wollen das. Außerdem arbeiten wir an einem Autonomic Server, mit dem sich Prozesse selbst verwalten können. So etwas braucht man bei großen Benutzerzahlen, wo ein bestimmter Service Level garantiert werden muss.

Was erwarten Sie finanziell für dieses Jahr?

Bei Web Focus wollen wir um 25 Prozent wachsen. Bei iWay hoffen wir auf 15 bis 20 Prozent, das braucht noch Zeit.

Information Builders Bei Information Builders ist manches anders als bei typischen amerikanischen Softwareherstellern. Das Unternehmen hat 2003 etwa 300 Millionen Dollar umgesetzt, ist jedoch seit der Gründung vor 29 Jahren in Privatbesitz. Gerald Cohen, Gründer, CEO und President, fährt in New York weiterhin mit der U-Bahn zur Arbeit. Während viele amerikanische Top-Manager von IT-Firmen Insidern zufolge ihre Falten chirurgisch entfernen lassen, um jünger und tatkräftiger zu wirken, tut dies Cohen offensichtlich nicht. Die Grundlage bildet seit den Anfängen eine von Cohen entwickelte Programmiersprache, die sich nutzen lässt, um Unternehmensdaten zu analysieren und Berichte zu erstellen. Neben dieser inzwischen Web Focus genannten und im Business-Intelligence-Umfeld positionierten Produktlinie baut die Firma mit iWay ein zweites Standbein im Integrationsumfeld auf. Hergestellt werden mehr als 200 Adapter, um vorgefertigte Applikationen zu verbinden. Zu den Kunden zählen vor allem andere Softwareanbieter. Mit dem Geschäft in Deutschland ist Cohen nicht zufrieden: der Umsatz sollte doppelt so groß sein, meint er.


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