»Wir werden profitabel zweistellig wachsen«. Seit die Boom-Phase um die Jahrtausendwende vorbei ist, kämpft Sun Microsystems mit rückläufigen Umsätzen und Marktanteilen im Unix-Kerngeschäft. CRN-Redakteur Matthias Parbel sprach mit Marcel Schneider, dem neuen Geschäftsführer von Sun Microsystems Deutschland und Vize Präsident Global Sales Operations, über die strategische Positionierung des Unternehmens und die Rolle der Channel-Partner.
CRN: Sun verliert im Kerngeschäft der Unix-Systeme kontinuierlich Marktanteile, auch die Umsätze fallen trotz steigender Absatzzahlen. Wie werden Sie darauf reagieren?
Schneider: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren eine weltweite strategische Positionierung vorgenommen. Im Unterschied zu Dell, die sich auf »Operational Excellence« konzentriert, und IBM bzw. HP, die den Kurs der »Customer Intimacy«, also sich um Kundennähe und Dienstleistungen bemühen, hat sich Sun entschieden, den Fokus auf »Systems Leadership« zu legen. Das konkrete Ziel für Sun Deutschland ist dabei profitables Wachstum, und zwar zweistellig. Und dafür sehen wir gute Chancen.
CRN: Bedeutet das, Hardware und Technologie stehen auch weiterhin im Vordergrund?
Schneider: Wir werden weiter massiv in die Entwicklung unserer Systeme investieren, aber die Hardware ist nur ein Teil der Lösung. Unsere Kunden haben uns einen Auftrag gegeben: Sie fordern von Sun Lösungen für ihre wichtigsten Probleme, beispielsweise die Komplexität ihrer Infrastrukturen, die Sicherheit und die Forderungen des Managements, sich rascher auf Geschäftsanforderungen einzustellen. Über 50 Prozent unseres R&D-Budgets fließen im Übrigen bereits in die Softwareentwicklung wie etwa unser Middleware Java Enterprise System (JES) oder Virtualisierung.
CRN: Suns Vertrieb war bisher eher technisch ausgerichtet. Erfordert die neue Strategie nicht ein Umdenken?
Schneider: Das ist genau der Weg, den wir jetzt beschreiten. Unsere Vertriebsmannschaft wird komplett umgebaut. 400 Mitarbeiter, die in der Vergangenheit einen technischen Vertriebsansatz verfolgt haben, werden künftig lösungsorientiert arbeiten. Dabei geht es um die ganzheitliche Betrachtung von Hardware, Software und Integrationsdienstleistungen, die einen Mehrwert beim Kunden schaffen.
CRN: Wenn Sie Ihren Kunden, wie im Fall des angesprochenen JES für 100 Dollar pro Mitarbeiter und Jahr Komplettlösungen anbieten, dürften Sie schwerlich Umsätze generieren können, die mit dem klassischen Verkauf teurer Unix-Server vergleichbar sind. Wie wollen Sie das angepeilte Umsatzwachstum erzielen?
Schneider: Das ist eine Frage der Umsetzung unserer Strategie. Mit unseren Lösungen sind wir in der Lage, beim Kunden eine Verbindung zwischen den organisatorischen Abläufen in der IT und seinen Business-Anforderungen zu schaffen. Die Synergien daraus kreieren einen messbaren Mehrwert, nicht nur durch verringerte Total-Cost-of-Ownership.
Durch unseren Low-Cost-Computing-Ansatz mit preiswerten Unix-Systemen und unseren x86-Servern machen wir die Lösungen außerdem einem breiteren Kundenspektrum zugänglich ? und da bestätigen uns die Marktforscher wie Gartner bereits beachtliche Erfolge, insbesondere hier in Deutschland.
CRN: Mit den Intel-kompatiblen Rechnern wagt sich Sun aber in das vom Wettbewerb besetzte Commodity-Marktumfeld. Warum sollte ein Kunde einen x86-Server von Sun kaufen?
Schneider: Zum einen sind wir überzeugt, den hohen Qualitäts- und Serviceanspruch, den unsere Kunden von den Sparc-Systemen gewöhnt sind, auch auf die x86-Welt übertragen zu können. Zum anderen sind wir der einzige Anbieter, bei dem der Kunde zwischen drei Betriebssystemen wählen kann, nämlich Windows, Linux oder Solaris. Und der Fokus auf das Lösungsgeschäft gilt in der x86-Welt genauso wie bei unseren Sparc-Systemen.
CRN: Sun dringt mit diesen Standard-Servern aber auch in einen Volumenmarkt vor, in dem Sie sich vorher nie bewegt haben. Welche Kunden adressieren Sie mit diesem Me-too-Produkt?
Schneider: x86-Rechner sind sicherlich Commodity und die wird anders eingekauft als High-End-Systeme. Aber ich gebe Ihnen ein Beispiel: Audi hat sich für einen Linux-Cluster auf x86-Servern von Sun entschieden, um Crash-Simulationen zu berechnen. Denn im Unterschied zum Billing-System eines Telekommunikationsanbieters, spielt höchste Verfügbarkeit bei der Crash-Simulation nicht die entscheidende Rolle. Unsere Kunden haben jetzt also stets die Wahl, ein System genau nach ihren Bedürfnissen zu kaufen. Dank des abgerundeten Portfolios können wir nun auch Kunden erreichen, deren Türen uns bisher verschlossen blieben.
CRN: Wie profitieren denn Ihre Channel-Partner von Suns neuer Strategie, insbesondere auch im x86-Umfeld?
Schneider: Als ich von Dell zu Sun kam, war natürlich die erste Frage: Geht Sun jetzt direkt? Die klare Antwort lautet nein. Wir binden grundsätzlich Partner in unser Geschäft ein. Das heißt nicht, dass wir auf einen Direktvertrieb verzichten, aber bei der Umsetzung sind unsere Partner immer involviert, sowohl bei den Unix-Systemen als auch bei den x86-Rechnern. Im Mittelstand liegt der Anteil der Intel-AMD-Systeme natürlich etwas höher als im High-End. Da eröffnen sich auch neue Chancen für unseren Channel.
CRN: Im x86-Markt geht es um den Vertrieb hoher Stückzahlen zu niedrigsten Margen. Sind Sie da gut beraten, nur auf zwei Value-Add-Distributoren wie DNS und Adiva zu vertrauen, deren Kostenstrukturen nicht darauf ausgelegt sind?
Schneider: Wir denken, dass wir derzeit mit unseren angestammten Distributoren gut bedient sind. Sicherlich müssen wir Wege finden, wie wir im Volumengeschäft die Kosten in den Griff bekommen können. Aber wir sind zuversichtlich, das mit DNS und Adiva zu schaffen.
Volumen-Produkte gehören in die Volumen-Distribution. x86-Server sind nur in Ausnahmefällen noch erklärungsbedürftige Produkte, die den umfassenden Support eines VADs benötigen. Da zählt nur der Preis ? und der lässt sich nur mit niedrigen Kosten in der Lieferkette drücken. Sun ist also gut beraten, für das Volumen-Geschäft mit den AMD-Servern einen Distributor zu betrauen, der sich aufs Kistenschieben versteht.
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