Wireless-LAN: Wireless-LANs häufig noch sprachlos. In dem Maße, wie VoIP an Fahrt gewinnt, fragen sich Kunden und Handel auch: Wie ist der Stand der Dinge bei der paketvermittelten Telefonie im drahtlosen Bereich? Lohnt es sich noch einmal eine DECT-Installation zu erneuern oder ist Voice-über-WLAN schon so weit, dass es sich zu warten lohnt? Auf dem Hersteller-Roundtable, den CRN zusammen mit den Schwesterzeitschriften Network Computing und Informationweek veranstaltete, wurde diese Frage ausführlich erörtert.
Voice-über-WLAN findet derzeit vorzugsweise in Neuinstallationen Platz, bei Migrationslösungen setzen die Kunden noch sehr stark auf DECT. »DECT ist im deutschen Enterprise-Markt eine feste Größe«, bestätigt auch Hans-Jürgen Jobst, Produktmanager IP-Solutions bei Tenovis. Er schätzt, dass ein Drittel der verkauften Systeme im Enterprise-Markt mit DECT genutzt wird. In einem Migrations-Szenario, in dem leitungsvermittelte Technik ohnehin bereits im Einsatz ist, greifen viele Kunden auf die reife DECT-Technologie zurück. Bei reinen VoIP-Installationen sieht das anders aus. »Wenn sich die Kunden die zweite Verkabelung sparen wollen, setzen sie bevorzugt auf WLAN-Technologie«, weiß Jobst.
Ähnliche Erfahrungen hat auch Alcatel gemacht. »Es ist nie ein radikaler Wechsel von Alt auf Neu, sondern eine Integration Schritt für Schritt: Zuerst Daten und dann auch Voice«, beschreibt Kurt Glatz, Marketing Manager für Zentral- und Osteuropa bei dem TK-Ausrüster, die Szenarien, die von Kunden an sein Unternehmen herangetragen werden. Natürlich stelle sich oft die Frage, ob WLAN besser sei als DECT, weil die Kunden einfach zwei Technologien auf dem Markt sähen, die lasse sich aber nicht eindeutig beantworten. »Wichtig ist die Vereinheitlichung der Kommunikation, das heißt weniger Schnittstellen, weniger Komplexität und so viel wie möglich auf Standards zu setzen«, fasst Glatz zusammen.
Dennoch startet die WLAN-Telefonie scheinbar recht vielversprechend. Cisco, einer der Anbieter, die mit keinen DECT-Altlasten im eigenen Portfolio zu kämpfen haben, ist zufrieden, was den Absatz der im Frühjahr vergangenen Jahres vorgestellten drahtlosen IP-Telefone anbelangt. »Die Nachfrage nach dem Cisco 7920 ist gut. Wir haben in weniger als einem Jahr weltweit bereits 50.000 Stück verkauft«, verweist Christoph Plur, Business Development Manager bei Cisco Systems. Unklar bleibt, wie viele davon in Deutschland abgenommen wurden.
Auch Michael Muth, Key Account Manager bei Avaya, sieht verstärkt die Anfrage nach VoIP im WLAN. »Anfragen kommen speziell aus Unternehmen, die eine neue Ausstattung von Büros, Lager oder Arbeitsumgebungen planen.«
Uwe Lepa, Business Development Manager bei Cisco Systems, schränkt jedoch ein: »Es gibt sicherlich einen Bereich unter 1.500 Teilnehmern, in dem auch ganze Infrastrukturen ersetzt werden, im Enterprise-Bereich kommt man um eine schrittweise Migration jedoch einfach nicht herum.«
Wireless-Spezialist Proxim arbeitet im Markt mit zwei Partnern, die mobile Handsets anbieten. Dennoch gibt sich Hermann Klein, Sales Manager von Proxim in Deutschland, zurückhaltend: »Wir sehen heute noch eine relativ geringe Anzahl von Voice-über-WLAN-Lösungen, die implementiert werden und dann auch nur in Teilbereichen.« Klein nennt als Hauptvorteil der WLAN-Telefonie, dass PDA, Handy und Festnetztelefon in einem Gerät vereint und Nutzer dann immer auch unter einer Nummer erreichbar sind. In den USA hat Proxim im Rahmen einer Kooperation mit Avaya und Motorola gerade ein entsprechendes Produkt vorgestellt. Akzeptanz im Markt erwartet Klein allerdings erst im nächsten Jahr. »Dann hat ein Unternehmen nicht nur den Investitionsgewinn, weil nur eine Infrastruktur zu verwalten ist, sondern auch einen riesigen, heute schwer zu messenden Effizienzgewinn: Mitarbeiter sind leichter erreichbar und können ihre Daten einfacher handhaben.«
Für Lepa sind diese Vorteile teilweise heute schon erreicht: »Durch den Einsatz von Software auf meinem Laptop kann ich mich an jedem Wireless-LAN-Hotspot in das Unternehmensnetz einklinken. Nach dem Start des Softphones bin ich unter der gleichen Rufnummer erreichbar wie im Offfice. Der Mobilitätsgewinn ist für sehr viele Kunden interessant.« Jobst sieht das weniger zuversichtlich. »Der Kundennutzen ist die Mobilität und da sehen wir im Moment eine Divergenz von unterschiedlichen Technologien.« In der Praxis sieht das so aus: Der Vertriebsaußendienst hat ein Handy, Inhouse gibt es einen kleinen Campus, der am besten mit DECT abgedeckt wird, für Hotspots bietet sich WLAN an. Einige Mitarbeiter wollen rund um ihr Telefon mobil sein, etwa die Vorstandsassistentin, da kommt Bluetooth ins Spiel. »Bei den Kunden gibt es einen Anforderungskatalog, der heute noch mit unterschiedlichen Technologien adressiert werden muss«, schränkt Jobst zu Recht ein. »Man kann die Anzahl der Geräte reduzieren. Kurzfristig werden es aber eher mehr.«
Die Grundlage, auf der die Geräte alle arbeiten werden, ist voraussichtlich IP. Das sieht auch Klein so: »Was die Unternehmen brauchen, ist ein einheitliches Medium und ein einheitlicher Kanal, so dass sich verschiedene Anwendungen, Daten, Sprache und Video parallel nutzen lassen. Und das bedeutet Bandbreite, Bandbreite und noch mal Bandbreite. Die heute beste bekannte Technologie in diesem Bereich ist nun einmal IP. Und man muss versuchen, die verschiedenen Daten- und Applikationsströme dort aufzusetzen.«
Bis dahin ist es aber noch ein steiniger Weg. Denn schließlich sind die unter dem IEEE-Standard 802.11 zusammengefassten Normen für die Wireless-Technologie so wie sie heute festgelegt sind, ursprünglich nicht auf Telefonie ausgerichtet. Ergänzungen tun daher Not ? die teilweise auch schon in Arbeit sind. Die Zeit, bis es so weit ist, überbrücken die größeren Marktteilnehmer mit proprietären Lösungen. Doch erst wenn beliebige Endgeräte mit in die Lösung eingebracht werden können, so wie das heute etwa bei einem GSM-Telefon im GSM-Netz der Fall ist, und Kunden sich nicht mehr auf ein bestimmtes Gerät oder einen bestimmten Hersteller festlegen müssen, kann die Technologie im Markt wirklich an Fahrt gewinnen. Die unzureichend fortgeschrittene Standardisierung ist aber nicht die einzige Hürde. »Sehr viele Kunden glauben noch nicht an die Sicherheit im IP-Bereich, im WLAN-Bereich, und somit auch nicht an die Sicherheit bei der Sprachkommunikation über WLAN«, berichtet Muth aus seiner Erfahrung bei Avaya.
Treibende Kräfte im Markt sind daher derzeit vor allem Unternehmen, die wegen der Komplexität oder der Natur ihrer Anforderungen ohnehin in dem einen oder anderen vertikalen Bereich proprietäre Lösungen hinnehmen müssen. Sie sind zu sehr auf funktionierende Anwendungen angewiesen, als dass sie sich bewusst für die eine oder andere Technologie entscheiden. »Dort, wo nicht nur normale Endgeräte, sondern auch Messgeräte und PDAs genutzt werden und zusätzlich zur normalen Telefonie auch Notebooks, PDAs oder Endgeräte mit CE-Betriebssystem im Einsatz sind, streben die Firmen eine Vereinheitlichung an«, weiß Muth. Daher seien sie auch besonders aufgeschlossen, was Voice-über-WLAN anbelangt. Aber nicht aus einer Technikperspektive, sondern aus einer Anwendungsperspektive heraus.
Dies bestätigt auch Lepa: »Es reicht nicht aus, nur die technischen Ansprechpartner im Unternehmen zu überzeugen. Dass die Architektur für ein Unternehmen ausschlaggebend ist, wenn es darum geht, zukünftige Applikationen mit einzubauen und Kosten zu sparen, ist Nicht-Technikern allerdings sehr schwer plausibel zu machen.« Bei Cisco sei es mit dem Thema Video-Integration, das in dem neuen Call-Manager-Release integriert ist, einfacher geworden, auch kaufmännische Entscheider mit einer Demo vom Nutzen der Technik zu überzeugen. »Da kann man jedes Mal sehen, wenn es Klick macht. Wenn die Leute plötzlich verstehen, dass auch die Architektur, die Technik sehr wichtig ist«, berichtet Lepa.
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Michael Muth
Key Account Manager, Avaya
Hermann Klein
Sales Manager DACH, Proxim
Uwe Lepa
Business Development Manager, Cisco Systems
Christoph Plur
Business Development Manager, Cisco Systems
Kurt Glatz
Marketing Manager Zentral- und Osteuropa, Alcatel
Hans-Jürgen Jobst
Produktmanager IP-Solutions, Tenovis
Lydia Krowka
Geschäftsführerin, Datakom