WLAN-Initiative von T-Com: Das Festnetz wird mobil. Durch IP-Routing erlangt das Thema »Unified Messaging« eine neue Dimension: Erreichbarkeit wird nicht mehr nur durch intelligente Software und Weiterleitungs-Funktionen im Voice-Bereich gewährleistet, sondern überall dort, wo es Internet-Anschlüsse gibt.
Die Telekom-Festnetzsparte T-Com will bis 2005 rund 10.000 öffentliche WLAN-Hotspots in Deutschland betreiben. Kritiker in der Branche sehen das Thema als weit überschätzt an: Hotspots in Hotels, an Flughäfen und Bahnhöfen gelten als praktisch ? doch wer bitte benötigt ernsthaft einen drahtlosen Web-Zugang im Biergarten oder am Badestrand?
Durch IP-Routing könnte sich der schnelle WLAN-Wildwuchs aber doch noch als sinnvoll für viele Endanwender und lukrativ für große Voice Carrier erweisen. So will T-Com den rund 12 Millionen ISDN-Nutzern künftig telefonische Erreichbarkeit unter der privaten oder geschäftlichen Telefonnummer an jedem Hotspot und auch an jedem anderen Internet-Accesspunkt anbieten.
Einzige Voraussetzung: Der Nutzer muss einen Telefonie-geeigneten PDA, ein entsprechendes Notebook mit Headset oder ein WLAN-Telefon besitzen. Sämtliche Produkte sind bereits heute auf dem Markt verfügbar, wenn auch im Bereich der WLAN-Telefone bislang nur eingeschränkt und verhältnismäßig teuer. Während unter anderem Cisco und Symbol bereits Geräte für den gewerblichen Einsatz anbieten, arbeitet Motorola gemeinsam mit Avaya und Proxim an einer Zwitter-Lösung aus Mobilfunk- und WLAN-Endgerät, das sich automatisch in WLANs einbuchen kann. Auf der Cebit zeigten Samsung und Zyxel serienreife Modelle für den Privat- und Business-Einsatz. Auch der deutsche Hersteller Detewe entwickelt derzeit schnurlose Endgeräte für den WLAN-Einsatz.
Dass die Zukunft der Festnetztelefonie im IP-Netz liegt, ist allein angesichts dieser Entwicklungen absehbar. Ein schnelles Ende der klassischen Telefondienste sieht Stefan Kratz, Produktmanager Voice bei T-Com, dennoch nicht: »VoIP-Angebote für den Massenmarkt müssen dem Kunden einen deutlichen Mehrwert gegenüber dem klassischen Telefonie-Angebot bieten«, gibt Kratz zu bedenken. Trotzdem hat der deutsche Marktführer IP-Lösungen im Angebot (»T-Net Phone«, »T-LAN«) ? allesamt ausschließlich für Geschäftskunden. Bis zu einer kompletten Substitution werden nach Einschätzung von Marktanalysten allein noch deshalb viele Jahre ins Land gehen, weil gegenwärtig noch rund zwei bis drei Millionen Telefon-Nutzer mit einem Wählscheibentelefon vollkommen zufrieden sind. Für diese Klientel ist ein Umstieg auf IP-Telefonie nicht von Interesse.
Während bei der Mehrzahl der rund 54 Millionen Telefonanschlüsse in Deutschland wohl noch jahrelang analoge oder ISDN-Technik zum Einsatz kommen wird, können die Business- und Privatkunden mehrerer, kleinerer DSL-Carrier schon heute ganz auf IP umsteigen.
Dass Telefongespräche über den DSL-Anschluss ohne Qualitätsverluste realisierbar sind, zweifelt heute niemand mehr an. Mit Angeboten sind bereits Broadnet Mediascape (»data VoIP«), Freenet (»iPhone«) und QSC (»Ipfonie«) gestartet. Während QSC anfänglich nur private Nutzer adressierte, besteht inzwischen auch ein Angebot für den Businessbereich: Mit »QSC Direct« bietet der DSL-Carrier sowohl Großkunden als auch kleinen und mittelständischen Unternehmen Komplett-Lösungen über das eigene Netz an. Sämtliche Telefongespräche werden mit allen üblichen ISDN-Leistungsmerkmalen über das QSC-Netz geführt. Mit einem ähnlichen Angebot für Freiberufler und kleine Unternehmen (»dataVoIP business«) will Broadnet Mediascape in Kürze nachziehen.
Vor wenigen Wochen startete die Düsseldorfer Indigo Networks GmbH mit einem kuriosen Angebot, das laut Geschäftsführer Thilo Salmon bereits in der ersten Woche eine vierstellige Kundenzahl anlockte. Der entscheidende Unterschied zur Konkurrenz: Während Broadnet und QSC jeweils über eine eigene Infrastruktur verfügen und nur eigenen Kunden die IP-Telefonie anbieten, adressieren die Rheinländer mit ihrer Marke Sipgate sämtliche 4,5 Millionen DSL-Nutzer in Deutschland, darunter die über vier Millionen T-DSL-Kunden. Mit Gesprächsminuten ab 0,89 Cent werden selbst die günstigsten Call-by-Call-Anbieter noch deutlich unterboten. »Im Grunde könnte jeder Anbieter so billig sein«, behauptet Sipgate-Geschäftsführer Thilo Salmon. Seine Firma zahlt Interconnection-Gebühren nur für die Abgabe (Terminierung) von Gesprächen ins klassische Telefonnetz, nicht jedoch für deren Zuführung.
Doch bislang krankt das Angebot, das auf Privatkunden und Freiberufler zielt, noch an Schwachpunkten: Die Billig-Telefonierer müssen entweder einen speziellen Adapter für Analog-Endgeräte oder ein spezielles, IP-fähiges Telefon sowie einen bidirektionalen Router besitzen. Das derzeit einzige, fertig konfigurierte Endgerät, ein Modell des asiatischen Herstellers »Grandstream«, verkauft Sipgate zum Stückpreis von 99 Euro im Direktvertrieb. Der Kunde muss neben dem Telefon und den unbestreitbar günstigen Minutenpreisen jedoch die Kosten für den DSL-Anschluss und einen klassischen Telefonanschluss einkalkulieren. Denn wer heute einen (T-)DSL-Anschluss nutzt, muss zwangsweise zumindest einen analogen Telefonanschluss hinzu ordern. Eine alleinige DSL-Leitung ohne Telefonanschluss wird von den großen Voice-Carriern wohlweislich nicht angeboten.
Dass die IP-Telefonie bereits heute sehr gut angenommen wird, kann indes auch QSC-Vorstand Dr. Bernd Schlobohm anhand seiner positiven Geschäftszahlen bestätigen: »Das Ziel, mit diesem Zusatz-Dienst unseren Kunden eine innovative DSL-Anwendung zur Verfügung zu stellen, geht voll auf«, freut er sich. Über den Marktstart von Sipgate ist Schlobohm nicht erstaunt: »Es überrascht uns nicht, dass jetzt auch Service Provider mit entsprechenden Lösungen auf den Markt gehen.«
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