Zugefallen

22. April 2004, 0:00 Uhr |

Zugefallen. Geschäftsmodelle fallen oft unerwartet vom Himmel und werden ? ganz im Sinne biblischer Happy-End-Geschichten ? nicht selten aus der Not heraus geboren. Man muss sie nur erkennen, was zugegeben nicht immer leicht ist.

Zugefallen

Ehemalige Manager der größten IT-Firma der DDR, Robotron, haben ihre Chance leider nicht genutzt. Als interessierte Investoren aus Japan damals Anfang der 90er Jahre durch den Vorzeige-VEB geführt wurden und anschließend höflich für den Rundgang durch die historischen Produktionsstätten dankten, hätte es bei den Ostdeutschen klingeln müssen: Ein IT-Museum des ehemaligen Ostblocks ? das wärs gewesen!

Ein Schwabe wie Wolfgang Grupp (besser bekannt als Trigema-Chef, Sie wissen schon: der mit dem Affen) hat so einen Riecher fürs Geschäft. Lange bevor der BDI das Thema Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland zur Überlebensfrage für die deutsche Wirtschaft ausgerufen hat, hatte der elegant gekleidete Unternehmer schon längst erkannt, dass seine Firma einmal zu einer Pilgerstätte werden wird. »Wir werden auch in Zukunft nur in Deutschland produzieren und unsere 1.200 Arbeitsplätze sichern«, klingt es uns noch im Ohr. Und der viel belächelte Freund der Schimpansen hat Recht. Wo, bitte schön, wird man in 20 Jahren noch ein produzierendes Unternehmen in Deutschland ? zumal aus der Textilbranche ? besichtigen können? In Burladingen auf der Schwäbischen Alb: Eintritt heute schon 3 Euro, 6 Euro für den Imbiss, einschließlich alkoholfreiem Getränk. Ob dort noch richtige Menschen oder bereits Primaten aus dem Kongo am Fließband stehen, dürfte sich gleichermaßen positiv auf die Besucherzahl niederschlagen.

Ein Modell, das grundsätzlich auch für Maxdata geeignet wäre. Allerdings passen Affen nicht so recht zur Firmenfilosofie, denn beim PC-Hersteller hat der Vorstand eine »Koalition der Vernunft« ausgerufen ? sprich eine freiwillige Arbeitszeitverlängerung und zwei Tage weniger Urlaub. Die Weisheit in Marl könnte in absehbarer Zeit vielleicht schon so aussehen: Die Arbeiter verzichten ganz auf ihren Jahresurlaub und arbeiten 80 oder mehr Stunden die Woche, Samstag inklusive. Das senkt Kosten und schafft zudem völlig neue Umsatzpotenziale, denn vom Wohlstand saturierte Zeitgenossen können sich hier wochenweise einmieten und den ultimativen Kick erleben. Arbeite und lebe im Geiste des übelsten Manchester-Kapitalismus ? eine esoterische Variante speziell für bekennende Workaholics.

Einen ähnlichen Erfolg bei der Erschließung neuer Einnahmequellen könnte demnächst auch Klaus Weinmann, Chef vom Apple-Systemhaus Cancom, verbuchen. Er soll in Verhandlungen mit einer Produktionsgesellschaft stehen, wonach der nächste Bond-Film (Arbeitstitel »Lizenz zum Löten«) größtenteils im futuristischen Firmengebäude in Jettingen-Scheppach gedreht werden soll. Angeblich soll der clevere Schwabe gleich die halbe Belegschaft für die Stunts mitvermietet haben, um Personalmaßnahmen zuvorzukommen ? wie gemunkelt wird.


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