Ein WLAN wird ähnlich wie die strukturierte Verkabelung immer stärker als universelle und flächendeckende drahtlose Infrastruktur für Firmengebäude verstanden. Für die Gebäudeverkabelung haben sich feste Planungs- und Installationsstrategien eingebürgert. Ein systematischer Planungsablauf ist auch bei WLAN-Infrastrukturen die Voraussetzung für eine sichere Funktion. Der bald verfügbare Standard IEEE 802.11n erhöht die zu erwartende Leistungsfähigkeit dieser Infrastrukturen um ein Vielfaches auf bis zu 300 und 600 MBit/s. Um die hohen Übertragungsraten tatsächlich zu er- halten, bedarf es jedoch einer systematischen Planung sowie entsprechend ausgelegter Analyse-Tools.
Aus der WLAN-Vergangenheit stammen die Begriffe WLAN-Ausleuchtung und Standortbegehung (Site
Survey). Sie beschreiben die Vermessung eines Referenz-Access-Points in einem Gebäude, das mit
einem WLAN-Netz ausgestattet werden soll. Diese Technik verfeinerten dann WLAN-Planungswerkzeuge
wie Ekahau Site Survey, Airmagnet Survey oder Visiwave Survey. Dabei dient ein WLAN-Client,
idealerweise ein Tablet-PC mit WLAN-Karte, als Messplattform. Über die halbautomatische Verknüpfung
des Begehungswegs und der gemessenen Empfangssignalstärken eines Referenz-Access-Points erstellen
diese Systeme eine detaillierte Ausbreitungskarte einer WLAN-Funkzelle auf einem Gebäudeplan. Für
Unternehmen, die ein bestehendes Gebäude mit WLAN nachrüsten möchten, bringt diese Methode nach wie
vor die größte Planungssicherheit. Allerdings steigt mit zunehmender Gebäudefläche auch der Aufwand
für die WLAN-Planung per Standortbegehung. Außerdem muß die Planungsbegehung zu einem Zeitpunkt
stattfinden, an dem das Gebäude bereits voll ausgebaut ist oder zum Beispiel Lagerregale mindestens
zu drei Viertel gefüllt sind. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllbar sind oder ein neues noch nicht
existentes Gebäude zu planen ist, bietet sich eher die WLAN-Simulation als Planungsmethode an.
Bei Neubauten und bei Sanierungen kann die WLAN-Simulation dem Elektroplaner oder Installateur
zur rechten Zeit im Projektablauf die genauen Montagepunkte für die Datendosen liefern, an denen
Access Points anzuschließen sind.
Ein fiktives Beispielprojekt beschreibt den systematischen WLAN-Planungszyklus bestehend aus
Simulation, Installation und Dokumentation der fertigen Infrastruktur.
Dabei geht es um eine eingeschossige Messehalle, für die es einen Gebäudeplan gibt. Die Halle
lässt sich als ein einfaches Rechteck von 98 mal 64 Metern Kantenlänge beschreiben. Die Deckenhöhe
liegt bei zehn Metern. Auf der Mittelachse der Halle verteilen sich vier aus Stahlbeton bestehende
quaderförmige Säulen.
Um die Anzahl der benötigten Access Points (APs) und deren Montagepunkte bereits vor dem Aufbau
von Messeständen festlegen zu können, setzt der Planer im ersten Schritt eine
WLAN-Simulationssoftware ein. Dazu entwirft er in der Software ein Gebäudemodell und lässt sich von
ihr die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen für die WLAN-Frequenzen dreidimensional
vorausberechnen. Die Software errichtet hierzu schichtweise aus mehreren übereinanderliegenden
Etagengrundrissen ein 3D-Gebäudemodell und liest die einzelnen Gebäudepläne zum Beispiel im
JPG-Format in das Programm ein. Bei der Simulationssoftware RF3D von Psiber Data beispielsweise
hilft ein Softwareassistent bei der Skalierung und genauen Ausrichtung der Etagenpläne sowie bei
der Einstellung der Abstände zwischen den einzelnen Gebäudeebenen von einer definierten Nulllinie
ausgehend. Da die Beispielmessehalle nur eine Etage besitzt, erübrigt sich das. In der Regel fragen
solche Simulationsprogramme im nächsten Schritt nach den Decken- und Wandmaterialien, die der
Anwender aus einer Datenbank des Tools möglichst passend zum vorhandenen Baumaterial auswählt. Bei
manchen Lösungen muss der Anwender die Struktur mit den jeweiligen Materialien nachzeichnen. Es
gibt aber auch Lösungen, bei denen er eine variable Umgebungsdämpfungsvariable einsetzen kann. Im
Fall einer Messehalle mit vielen Messeständen aus Leichtbaumaterialen könnte der Planer auch mit
einer vorkonfigurierten Einstellung wie "Factory/Warehouse" eine realistische Simulation
erzielen.
Daraufhin wählt er ebenfalls aus einer im Programm integrierten Datenbank passende APs aus und
platziert sie in der Halle. Die Datenbank sollte einfach zu aktualisieren sein und natürlich die
verschiedenen 3D-Charakteristiken der zugehörigen Antennen abbilden können. Für die Simulation sind
folgende Eigenschaften solcher virtuellen APs interessant: Name, Sendeleistung (typischerweise 16
dBm oder 40 mW), Frequenzband und verwendeter IEEE-Standard sowie die Kanalnummer. Es ist
ausreichend, wenn die APs so im Gebäude verteilt sind, dass eine flächendeckene Verfügbarkeit von
mindestens -70 dBm Empfangssignalstärke erreicht wird. Weiterhin sollte der Planer darauf achten,
dass der Monteur bei gerichteten Antennencharakteristiken den Montagewinkel in der horizontalen und
vertikalen Ebene an die real zu konfigurierenden Gegebenheiten anpasst. Die Montagehöhe der APs
über der jeweiligen Geschossebene beeinflusst ebenfalls die Ausbreitung der Funkzelle.
Die WLAN-Planung per Simulation birgt folgende Planungsrisiken:
fehlerhafte Bemaßung,
nicht oder unzureichend beschriebene Wandmaterialien,
falsche oder nicht aktuelle Planungszeichnungen sowie
falsch konfigurierte virtuelle Access Points.
Die Beschaffung der korrekten und aktuellen Planungsdaten liegt in der Verantwortung des
künftigen WLAN-Betreibers. Am besten lässt sich der Planer die Gebäudemodellierung vor der
AP-Simulation vom WLAN-Betreiber oder Gebäudeeigner bestätigen.
Im Idealfall kann eine WLAN-Simulation die genauen Standorte der APs vorgeben, sodass diese ohne
spätere kostspielige Verlagerungen dort auch montiert werden können.
Um nach der Installation der APs eventuelle Planungsfehler aufzudecken und das errichtete WLAN
zu dokumentieren, muss die Verteilung der Empfangssignalstärken protokollarisch kartografiert
werden. Dazu eignet sich eine WLAN-Mapping-Software. In der Regel genügt eine Standortbegehung mit
einem Durchlauf der gesamten Installation, bei dem die Empfangssignalstärken aller APs erfasst
werden. Durch die protokollarische Standortbegehung wird auch die korrekte Umsetzung der
Planungsvorgaben dokumentiert. Dabei wird überprüft, ob die Monteure die APs sowie die Antennen
richtig positioniert und montiert haben und ob sie optimal konfiguriert sind. Mängel können auf
dieser Grundlage kontrolliert abgestellt werden, sodass am Ende eine fehlerfreie Funktion des WLANs
gewährleistet ist.
Ein Vergleich der Ergebnisse von Simulation und Vermessung zeigt die Unterschiede bezüglich
Ausdehnung und Verteilung der Funkzellen. Bei dem Beispiel-WLAN wirkt die simulierte WLAN-Funkzelle
kleiner als die gemessene. Dies liegt zum einen an den unterschiedlichen Antennencharakteristika
und dem eingesetzten Wert für die Umgebungsdämpfungsvariable. Darüber hinaus lassen marktübliche
WLAN-Simulationswerkzeuge lediglich die Dämpfung in die Berechnung einfließen und vernachlässigen
Effekte wie Beugung, Streuung und Reflexion der elektromagnetischen Wellen.
Der für das Beispielprojekt beschriebene systematische Planungsablauf erfüllt die Anforderungen,
die für den künftigen WLAN-Standard IEEE 802.11n gelten werden. Dieser Draft setzt zwar komplexere
Techniken voraus als bisherige WLAN-Standards. Die für die Planung relevanten physikalischen
Ausbreitungseigenschaften von elektromagnetischen Wellen bei 2,4 und 5 GHz bleiben jedoch gleich.
So müssen nach IEEE 802.11n auch weiterhin Empfangssignalstärke und Signal-Rausch-Abstand
berechnet, vermessen und visualisiert werden. Dabei kann die Vermessung der Empfangssignalstärke
für künftige 802.11n-Netze auch auf der Basis eines 802.11abg-Referenz-APs erfolgen.
Schwieriger wird es, die zu erwartenden Datenraten und Cross-Channel-Interferenzniveaus zu
visualisieren: Die Datenrate ist bei 802.11n zum Beispiel abhängig von der Modulation (BPSK, QPSK
16-QAM, 64-QAM), der Anzahl der durch MIMO (Multiple Input Multiple Output) räumlich parallel
übertragenen Datenströme (1 bis 4) und der Kanalbandbreite (20 oder 40 MHz). Je nach Kombination
der genannten Parameter sind im Bereich von 6 bis 600 MBit/s insgesamt 147 verschiedene
Übertragungsraten möglich. Für die Visualisierung der Cross-Channel-Interferenzen sind die einfache
und die doppelte Kanalbandbreite (Channelbonding) zu berücksichtigen. Die Hersteller von
WLAN-Planungs- und Mappingsoftware müssen diese Änderungen in ihre Lösungen einarbeiten.
Das verfügbare Spektrum bei 2,4 GHz beträgt 83 MHz. Damit lassen sich im 2,4-GHz-Band
bestenfalls zwei gebündelte Kanäle interferenzfrei betreiben. Eine Cross-Channel-interferenzarme
Kanalplanung in mehrzelligen WLANs wird damit schwierig. Da diese Problematik vor allem auch
Nachbarnetze betrifft, wurde im 802.11n-Draft inzwischen vorgesehen, Channelbonding optional nur
dann zuzulassen, wenn dadurch Nachbarnetze nicht zu stark gestört werden. Die Wahrscheinlichkeit,
dass ein Channelbonding bei üblicherweise etwa zehn gut "hörbaren" 2,4-GHz-WLANs im urbanen Umfeld
ohne merkliche Interferenzen realisierbar ist, dürfte gering sein. Die maximal mögliche Bitrate
ohne Channelbonding definierte das Normungsgremium bei 289 MBit/s.
Dies erfordert aber vier durch MIMO räumlich parallel übertragene Datenströme. Derzeit können
marktübliche Pre-N-Produkte bestenfalls zwei dieser spatialen Datenströme übertragen. Die maximale
Datenrate endet dann bei 145 MBit/s. Wer also die maximalen Bitraten von 300 oder 600 MBit/s nutzen
möchte, benötigt Channelbonding. Das dazu geeignete Spektrum liegt bei 5 GHz.
In Europa stehen mit dem 5-GHz-Band im unteren Band 200 MHz und im oberen Band 255 MHz zur
Verfügung. Damit können insgesamt neun interferenzfrei zu nutzenden Kanäle bei doppelter
Kanalbandbreite betrieben werden. Auch künftig zu erwartende höhere Funkzellendichten bei 5 GHz
werden nur in Extremfällen zum Zurückschalten auf 20-MHz-Kanalbandbreite führen.
Auf dieser Grundlage lässt sich folgendes Migrationsszenario für 802.11agb- auf 802.11n
ableiten: Ältere Notebooks mit b/g-konformem WLAN und mobile Kleingeräte wie Smartphones oder PDAs,
die aus Stromspargründen immer noch nur mit b/g ausgestattet werden, nutzen das 2,4-GHz-Band. Neue
Notebooks mit Pre-N-konformen WLAN-Schnittstellen werden für 5-GHz-Access-Points optimiert sein und
sollten darüber die volle Netzwerkleistung erhalten. Obwohl 5-GHz-Funkzellen kürzere Reichweiten
erzielen, lässt sich mit planerischem Geschick mit Dual-Band-APs ein WLAN errichten, das für beide
Frequenzbänder die gleichen Montagepunkte nutzt. Hierzu reduziert der Planer die Sendeleistung der
2,4-GHz-Funkzelle etwas und stattet bei Bedarf die 5-GHz-Funkmodule der APs mit Antennen aus, die
die 5-GHz-Funkzelle durch eine höhere Sendeleistung ausweiten.
Im Beispielprojekt installierten die Planer ein solches Dual-Band-WLAN. Die installierten APs
unterstützen mittels doppeltem Funkmodul gleichzeitig die Standards 802.11a/h,b/g, um die auf
Messen zu erwartende sehr hohe Auslastung im 2,4-GHz-Band zu berücksichtigen. Das 5-GHz-WLAN bietet
aufgrund seiner nahezu unverrauschten 19 interferenzfrei zu betreibenden 20-MHz-Kanäle
beziehungsweise neun 40-MHz-Kanäle wesentlich mehr Kapazitäten als das 2,4-GHz-Band. Damit wird die
Verfügbarkeit der WLAN-Infrastruktur auch unter aussergewöhnlichen Lastzuständen
sichergestellt.
Weitere 802.11n-bezogenen Planungsprobleme betreffen nicht die Luftschnittstelle, sondern die
verkabelten Zugänge zu den APs. Der Planer muss hier mit Nettodurchsätzen von etwas mehr als 100
MBit/s pro Funkschnittstelle rechnen sowie mit mindestens zwei Funkmodulen pro AP. Damit kann ein
100Base-T-Netzwerkzugang zum Flaschenhals werden. Deshalb gehört ein GbE-Interface zur
Standardausstattung eines Pre-N-APs. Daüber hinaus benötigen viele, bisher dem Markt vorgestellte
Pre-N-APs mehr elektrische Leistung als Power over Ethernet (PoE) gemäß IEEE 802.3af bereitstellen
kann. Der Planer einer Access-Point-Zugangsverkabelung muss demnach Voraussetzungen schaffen, damit
Gigabit Ethernet in Kombination mit dem leistungsstärkerem PoE nach IEEE 802.3at genutzt werden
kann.
Mit der Einführung von IEEE 802.11n-konformen Infrastrukturen ändern sich die bisherigen
WLAN-Planungs- und Dokumentationsmethoden prinzipiell nicht. Wegen des zur Durchsatzsteigerung
genutzten Channelbondings wird aber neben dem 2,4-GHz-Band die Nutzung der 5-GHz-Bänder zur
Pflicht.