Nach der Sun-Übernahme durch Oracle sieht Gartner-Analyst Andrew Butler vier Rechenzentrumsriesen, um die niemand mehr herumkommt: neben Larry Ellisons Konzern IBM, HP und Cisco. Er erwartet, dass Oracle im Dienstleistungsbereich aufstockt.
CZ – War es sinnvoll, dass Oracle Sun gekauft hat?
Butler – Grundsätzlich ja. Es existieren weniger Überschneidungen im Produktportfolio als es sie
im Fall einer Übernahme durch IBM gegeben hätte. Oracle will ins Systemgeschäft, wie schon zuvor
Cisco sein Engagement im Data Center verstärkt hat. Wir glauben, Oracle hegt vergleichbare
Absichten. Und beide haben bereits lange eng zusammengearbeitet. Aber natürlich wird es wie bei
jeder Übernahme Gewinner und Verlierer geben.
CZ – Passen die Unternehmenskulturen? Daran scheitern Fusionen ja oft.
Butler – Unbedingt. Beides sind typische kalifornische Unternehmen.
CZ – Sun soll 1,5 Milliarden zu Oracles Gewinn beitragen. Ist dieses Ziel realistisch?
Butler – Da sind die Planer wohl von Idealbedingungen ausgegangen. Nur dann ist das möglich.
Suns Einnahmen aus Geschäften, die hohe Margen abwerfen, wie dem Unix-Server-Business sind in den
vergangenen Jahren stark gesunken. Das Unternehmen hat ausgezeichnete Software-Produkte, aber sich
schwer getan, diese zu Geld zu machen. Oracle beherrscht dieses Geschäft besser. Zweifellos sind
die Chancen von Oracle größer, mit Sun-Software Geld zu verdienen.
CZ – Und wie sieht es mit der Hardware aus?
Butler – Auf diesem Gebiet gibt es die meisten offenen Fragen. Es ist ungewiss, ob alle
Produktlinien von Sun diese Akquisition überleben werden. Ich würde zwar nicht sagen, dass Grund
zur Panik besteht. Aber es bleibt abzuwarten, ob Oracle in alle Sparc-Technologien weiter
investiert. Das betrifft den Rock-Prozessor ebenso wie die T-Series-Server. Die Investitionen in
x86-Server und die Kooperation mit Fujitsu sind fraglich. Der Vertrauensverlust, den das
Unternehmen in jüngster Zeit erlitten hat, wird durch die Übernahme durch Oracle eher noch
verstärkt.
CZ – Wegen welcher Technologien hat dann Oracle Sun eigentlich gekauft?
Butler – Produktseitig war wohl Solaris ausschlaggebend sowie das Ökosystem, das sich darum
herum gebildet hat, mit den ganzen Tools und Utilities. Oracle hat betont, dass seine größte
Kundengruppe Solaris-Anwender sind. Aber man muss sehr genau untersuchen, ob es Sparc- oder
x86-Solaris war, das Sun so attraktiv für Oracle gemacht hat. Suns Virtualisierungslösung xVM
basiert auf Xen und ist daher komplementär mit Oracles Investitionen auf diesem Gebiet. Beim
Identity-Management ist Sun stark. Und ganz offenkundig ist Java ein sehr wichtiger Aktivposten.
Allerdings ist fraglich, ob Oracle sich mit der Offenheit dieser Sprache anfreunden kann und ob
etwa IBM nach der Übernahme weiter so stark auf Java setzen wird wie bisher.
CZ – Und was wird aus MySQL?
Butler – Dass MySQL zunehmend gegen Oracles Datenbank-Systeme konkurriert hat, wurde für den
Konzern ungemütlich. Jetzt kann er eine klare Grenze zwischen beiden ziehen.
CZ – Oracle gilt nicht als Open-Source-Liebhaber.
Butler – Ja, Oracle ist da Microsoft sehr ähnlich. Aber wie Microsoft hat das Unternehmen
gelernt, mit Open-Source zu leben. Jedoch, es stimmt, die meisten Bedenken gibt hinsichtlich der
quelloffenen Software. Wenn die Oracle gehört, kann der Konzern damit machen, was er will. Er kann
sie aus dem Open-Source-Bereich nehmen oder die Nutzungsbedingungen ändern. Ich glaube allerdings
nicht, dass Oracle sich da in ein Abenteuer stürzen wird. Wir denken auf diesem Gebiet zu stark in
Schwarz-Weiß-Kategorien. Sun wird heute als Open-Source-Company akzeptiert. Noch vor drei Jahren
galt Sun als ein Unternehmen mit einer äußerst proprietären Ausrichtung. Erst in jüngster Zeit hat
es Sun geschafft, anders wahrgenommen zu werden. Aber natürlich ist auch nicht deren gesamte
Software Open-Source. Es ist ihnen – wie beispielsweise auch Novell – gelungen, ein Gleichgewicht
von Investitionen in den quelloffenen Bereich und der Kontrolle über ihr geistiges Eigentum
herzustellen.
CZ – Und wie geht es nach der Übernahme weiter?
Butler – Ich erwarte oder hoffe, wenn Sie so wollen, dass Oracle diese Politik fortsetzt. Der
Konzern wird die moralische Verpflichtung, die Sun eingegangen ist, nicht beenden. Das würde viel
zu viel Unmut hervorrufen.
CZ – Wird Oracle versuchen, den Kunden Suns Hardware und Systemsoftware aufzudrücken?
Butler – Dann wären sie verrückt. Sie werden betonen, dass sie in der Lage sind, vollständige
Lösungen anzubieten, bestehend aus Rechnern, Speichern und dem gesamten Software-Stack. Sie werden
vermutlich Appliance-artige Systeme anbieten. Aber sie werden die installierte Basis darüber nicht
vernachlässigen. Damit würden sie nur die Munition für die Konkurrenz wie SAP und Microsoft
liefern.
CZ – Befindet sich Oracle jetzt auf Augenhöhe mit IBM und HP?
Butler – Man kann auch noch Cisco einbeziehen. Es gibt jetzt vier Rechenzentrumsriesen. Man wird
künftig keine Data-Center-Strategie mehr fahren können und einen davon außen vor lassen. Allerdings
in Sachen Services ist IBM allen anderen überlegen. Aber vielleicht kauft Oracle ja auch noch einen
Dienstleister. Auf jeden Fall wird der Konzern in den nächsten Monaten seine Service-Kapazitäten
erheblich ausbauen.
Achim Killer/CZ
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