VoIP-GSM-Gateways

Ausgeklügelte Tools zum Kostensenken

29. Juli 2009, 22:56 Uhr | Bernhard Emmert und Falko Schreiter/pf Bernhard Emmert ist Entwicklungsleiter für GSM-Gateways bei Vierling Communications. Falko Schreiter arbeitet im Bereich Technischer Support für GSM-Gateways bei Komsa Systems.

Unternehmen setzen GSM-Gateways ein, um Verbindungskosten mit Mobilfunknetzen zu senken. Zunehmend schalten sie dazu GSM-Gateways per VoIP an ihre TK-Systeme an. Welche speziellen technischen Voraussetzungen müssen diese Gateways dafür erfüllen? Welche zusätzlichen Einsatzmöglichkeiten eröffnet VoIP bei GSM-Gateways? Welche weiteren Herausforderungen gilt es zu berücksichtigen?

Die Kosten für landesweite und internationale Festnetzverbindungen sind in den vergangenen
Jahren dramatisch gesunken. Hoch geblieben sind die Gebühren für Verbindungen zwischen Fest- und
Mobilfunknetzen. Geschäftskunden zahlen für die meisten Anrufe vom Festnetz in die Mobilfunknetze
zwischen 13 und 19 Cent. Flatrates gibt es nur für Kunden mit privatem Nutzerprofil, zum Beispiel
von einem T-Home-Anschluss zu T-Mobile oder von Arcor-ISDN ins Vodafone-Netz. Die hohen Kosten
gelten unabhängig davon, ob der Festnetzanschluss per ISDN oder VoIP besteht.

Eine Lösung bieten GSM-Gateways: Klassisch per S0, E1, FXS oder FXO (Foreign Exchange
Station/Office) an die TK-Anlage angeschlossen – oder per IP – dienen sie als GSM-Adapter, der alle
Verbindungen mit den Mobilfunknetzen als direkte GSM-zu-GSM-Verbindungen herstellt. Dazu verfügt
ein GSM-Gateway über die gleichen GSM-Module, wie sie in Handys verbaut sind, ein oder zwei
Antennen sowie SIM-Kartensteckplätze. In Abstimmung mit den Mobilfunkbetreibern lassen sich in
GSM-Gateways beliebige SIM-Karten einsetzen. Damit sind alle erdenklichen kostengünstigen Tarife
nutzbar: Flatrates ebenso wie günstige Tarife in einzelne Netze. Die Amortisationszeiten liegen
meist unter sechs Monaten.

Was einfach klingt, ist oft nicht ganz so trivial: Hinter GSM-Gateways steckt ausgeklügelte
Technik. Dies gilt insbesondere bei Verbindungen zwischen VoIP und GSM. Dabei kommen so genannte
VoIP-GSM-Gateways zum Einsatz, die in der Regel auf dem Session Initiation Protocol (SIP)
basieren.

Professionelle VoIP-GSM-Gateways wie etwa das Ecotel VoIP von Vierling müssen an der
SIP-Schnittstelle eines TK-Systems unter allen denkbaren Konfigurationsarten funktionieren. Das
Gateway muss sich als SIP Server, SIP Trunk Server/Client sowie als Single User Agent Client
konfigurieren lassen. Erschwerend kommt die fehlende Standardisierung der SIP-Schnittstellen der
verschiedenen TK-Hersteller hinzu. Diese macht sich besonders bei SIP-Supplementary-Services wie "
Re-Invite" oder "Session Progress" bemerkbar. Soll ein VoIP-GSM-Gateway nicht schon bei der
Inbetriebnahme zu Verdruss führen, muss es mit den Eigenarten der TK-Systeme klarkommen.

Server, Trunk oder Single User

Entscheidend für die SIP-Konfiguration des Gateways ist, welches Verhalten die TK-Anlage vom
Gateway erwartet. Siemens-Hipath-Systeme oder Alcatel-Lucent OXO und OXE sowie Microsoft OCS und
Asterisk erwarten ein Verhalten als Server. Dieses ermöglicht Server-zu-Server-Verbindungen Proxy
auf Proxy. Avaya und Aastra Detewe dagegen ziehen den Anschluss per SIP Trunk Client vor. Gerade
solches SIP-Trunking ist für viele einfache VoIP-GSM-Gateways nicht möglich. Kleinere Anlagen zum
Beispiel von Agfeo, Auerswald oder Funkwerk erwarten einen Anschluss als SIP Single User Agent.

Bei der Verbindung Proxy zu Proxy kommunizieren TK-Anlage und GSM-Gateway als Server auf
gleicher Ebene. Diese Anschlussart ist vergleichbar mit einer ISDN-Querverbindung. Bei der
Konfiguration des Gateways als SIP Trunk Server fungiert das GSM-Gateway gegenüber der TK-Anlage
als Server. Es verhält sich dabei wie ein SIP-Provider. Dieses Szenario ist dem Anschluss der
TK-Anlage an einem ISDN-Amtsanschluss vergleichbar. Bei der Anschaltung als SIP Single User Client
ist das GSM-Gateway als VoIP-Endgerät konfiguriert, das sich bei der TK-Anlage registriert.

SIP ist nicht gleich SIP

SIP ist relativ unscharf spezifiziert, und es hat bereits Jahre gedauert, bis die TK-Hersteller
auf dem heute weitgehend einheitlichen Stand waren. Herstellerabhängig gibt es jedoch noch immer
eine ganze Reihe Besonderheiten. Mit diesen SIP-"Dialekten" muss ein professionelles GSM-Gateway
arbeiten können, andernfalls funktioniert es mit bestimmten TK-Anlagen überhaupt nicht, oder
wichtige Funktionen stehen nicht zur Verfügung.

Fehlende Funktionen aufgrund von Protokollunterschieden betreffen oft die
SIP-Supplementary-Services. Will ein Teilnehmer zum Beispiel zwischen zwei GSM-Teilnehmern makeln,
so bietet ihm das SIP-Protokoll hierfür einen entsprechenden Dienst. Ist ein GSM-Gateway
zwischengeschaltet, so muss dieses in der Lage sein, den SIP-Supplementary-Service zu erkennen und
die entsprechenden Steuerbefehle reibungslos durchzureichen. Ähnliche Schwierigkeiten können sich
beim Umschalten auf Music on Hold ergeben oder bei der SIP-Methode "183 Session Progress".
Unterstützt das Gateway Session Progress nicht, führt dies dazu, dass Ansagen vom Provider beim
Anrufer nicht ankommen – zum Beispiel "Der Teilnehmer ist im Moment nicht erreichbar ?".

Internationaler Einsatz

Ein professionelles VoIP-GSM-Gateway lässt bei Konfiguration und SIP-Protokoll keine Wünsche
offen. Auf einer solchen Basis sind Anwendungen realisierbar, die weit über die klassische
GSM-Gateway-Anwendung als Mobilfunkadapter hinausgehen. Ein deutsches Unternehmen hat an seinen
wichtigsten internationalen Standorten zum Beispiel Vierling-Gateways vom Typ Ecotel VoIP
installiert. Damit reduziert es zusätzlich den Rechnungsposten für internationale Verbindungen:
Sämtliche Anrufe zwischen den internationalen Standorten wickelt das Unternehmen gebührenfrei per
VoIP und VPN von Gateway zu Gateway ab.

Erheblich sind die Einsparungen, wenn Handys ins Spiel kommen: Ruft der Mitarbeiter zum Beispiel
von der russischen Niederlassung aus über seine russische SIM-Karte einen Kollegen in Deutschland
auf dessen Handy an, entstehen üblicherweise Minutenkosten im Euro-Bereich. Baut der russische
Mitarbeiter jedoch zunächst eine Verbindung innerhalb des russischen Mobilfunknetzes zum lokalen
VoIP-GSM-Gateway auf, verbindet ihn dieses gebührenfrei mit dem zweiten VoIP-GSM-Gateway in
Deutschland, das wiederum eine Verbindung ins deutsche Mobilfunknetz aufbaut. Beide inländischen
Mobilfunkverbindungen zusammen verursachen nur einen Bruchteil der Kosten der direkten Verbindung
von Russland nach Deutschland.

Problemfall: Faxen per GSM

Eine weitere technisch anspruchsvolle Anwendung von GSM- und VoIP-GSM-Gateways hat mit
Kostensenken nichts mehr zu tun: "Last Mile per GSM" heißt das Zauberwort. In dieser Anwendung
stellen die Gateways Telefonie-, Fax- und Datenverbindungen an Orten ohne Festnetzanschluss zur
Verfügung. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Baustellencontainer oder Einsatzfahrzeuge an
die Telekommunikationsnetze anschließen. Den Anwendern ist es dabei meist sehr wichtig, dass das
Gateway ein klassisches analoges Faxgerät anschließen kann. Doch gerade beim Faxen per GSM gibt es
viele technische Tücken.

Das Faxprotokoll T.30 ist Timing-kritisch. Das heißt, ein sendendes und ein empfangendes
Faxgerät erwarten jeweils Datenströme in klar abgegrenzten Zeitfenstern. Im GSM-Netz jedoch
schwanken die Signallaufzeiten erheblich, sodass diese Zeitfenster oft nicht einzuhalten sind und
Verbindungsabbrüche auftreten. Um zunächst die sendende Seite in den Griff zubekommen, liest
beispielsweise ein Vierling-Ecotel-Gateway die Faxdaten im ersten Schritt der Übertragung komplett
ein. Darauf ist es in der Lage, sich den Anforderungen der empfangenden Seite dynamisch anzupassen.
Je nach Bedarf der empfangenden Seite kann es mit Wiederholungen arbeiten und die Möglichkeiten des
Faxprotokolls zur Fehlerbehebung ausschöpfen. Das Verfahren bei eingehenden Faxen funktioniert
ähnlich.

Die zweite technische Herausforderung beim Faxen per GSM ist die unterschiedliche Interpretation
des Faxstandards durch die Gerätehersteller. Letztendlich bedient sich fast jedes Faxgerät
bestimmter Protokollbesonderheiten, die das GSM-Gateway verarbeiten muss. Bei einem etablierten
Gateway-Hersteller kann der Anwender davon ausgehen, dass viele Jahre Erfahrung in die
Gateway-Entwicklung eingeflossen sind und die Faxfunktion gut arbeitet. Niemand kann jedoch
garantieren, dass mit jedem Faxgerät gesendet und empfangen werden kann. Ausnahmen wird es immer
geben.

CLIP fehlt

Einen Wermutstropfen gibt es bei GSM-Gateways immer: Über das GSM-Netz lassen sich keine
Nebenstellennummern übertragen. Ruft ein Mitarbeiter von seinem Festnetzapparat über die
Telefonanlage und das GSM-Gateway auf einem Handy an, so erscheint dort lediglich die Nummer der
SIM-Karte im Gateway, nicht die Nummer der Nebenstelle (CLIP – Calling Line Identification
Presentation). Bei Nichterreichen ist es deshalb für den Mobilfunkteilnehmer schwierig, den
richtigen Mitarbeiter zurückzurufen.

Als Lösung bieten professionelle GSM-Gateways das Feature "adaptives Re-Routing". Dabei
speichert das GSM-Gateway bei jedem Nichterreichen eines Mobilfunkteilnehmers dessen Rufnummer
zusammen mit der Nebenstellennummer, von der der erfolglose Anruf ausging. Ruft der Handyteilnehmer
später über die Nummer der SIM-Karte im Gateway zurück, verbindet dieses automatisch mit der
Nebenstelle, die ihn zuletzt erfolglos angerufen hat.

Fazit

GSM-Gateways sind hocheffiziente Tools, um Verbindungskosten mit Mobilfunknetzen zu senken.
Immer häufiger kommen sie an SIP-Anschlüssen zum Einsatz. Aufgrund der technischen
Herausforderungen von SIP bei Anschlussarten und Protokolldialekten sind professionelle
VoIP-GSM-Gateways nötig. Weitere allgemeine technische Herausforderungen bei GSM- und
VoIP-GSM-Gateways, die nur durch Profigeräte zu bewältigen sind, liegen im analogen Faxen und in
der fehlenden Rufnummernübertragung.


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