Satellitentechnik bietet heute eine breitbandige und ortsungebundene Kommunikationsalternative zu terrestrischen WAN-Verbindungen. Entsprechende Lösungen eignen sich daher auch zur redundanten Absicherung von Unternehmensnetzen oder für den schnellen und flexiblen Einsatz in Katastrophenfällen. Die Integration so genannter VSAT-Module in WAN-Router sorgt für die nötige technische Anbindung und die automatische Umschaltung auf Satellitenbetrieb bei Verbindungsstörungen.
Seitdem vor fast 50 Jahren mit Sputnik I der erste künstliche Erdsatellit den Orbit erreichte,
wurden zivile Satelliten hauptsächlich für die Verteilung von TV-Programmen (Broadcasting)
verwendet, daneben aber auch für bidirektionale Kommunikationsdienste wie Telefonie und zunehmend
für Dienste, die auf IP basieren. Dabei erfreuen sich in den letzten Jahren so genannte
VSAT-Systeme immer größer Popularität. Der Begriff VSAT steht für "Very Small Aperture Terminal",
also Satellitenkommunikation mit Empfangsstationen, die Parabolantennen mit kleinem Durchmesser von
0,55 bis zwei Meter – typischerweise ein Meter – verwenden.
Für eine VSAT-Kommunikationslösung sind drei Elemente nötig:
eine stationäre Ankerstation (Provider-Seite) mit großem Antennendurchmesser
(bis zirka zehn Meter) – der so genannte Hub,
ein geostationärer Satellit beziehungsweise Kapazitäten auf einem Satelliten
(so genannte Transponder – Empfangs- und Sendeeinheiten, die das Signal auf einer bestimmten
Frequenz empfangen, eventuell aufbereiten und auf einer anderen Frequenz wieder abstrahlen)
sowie
die VSAT-Terminals, die aus einer "Outdoor Unit" (ODU – Antenne sowie
Hochfrequenzsender und -empfänger) sowie einer "Indoor Unit" (IDU – das eigentliche
Satellitenmodem, das die Endbenutzerseite mit der ODU verbindet) bestehen.
VSATs sind breit einsetzbar, in Unternehmensnetzen als Backup-Lösungen oder als Medium zum
Verteilen von Inhalten an viele Filialen. Tankstellen nutzen sie beispielsweise zur Autorisierung
von Kreditkarten, in Gegenden mit schlechter terrestrischer Infrastruktur oder nach Katastrophen
sind VSATs geeignet, einfach und flexibel Breitbandkommunikation anzubieten.
Von verschiedenen Analysten wie Contingency Planning Research oder Northern Sky Research (NSR)
wurde in den letzten Monaten und Jahren auf die zunehmenden Kosten hingewiesen, die mit
Datenverlusten und Ausfällen der IT- und Netzinfrastruktur verbunden sind. Contingeny Planning
Research fand heraus, dass bereits eine Stunde Ausfall für etwa die Hälfte der befragten Firmen mit
Kosten von zehn- bis fünfzigtausend Dollar verbunden war, der Rest der Unternehmen schätzte die
Verluste deutlich höher ein bis hin zu mehreren Millionen Dollar (pro Stunde!). Dass solche
Verluste über einen längeren Zeitraum existenzgefährdend sein können, bedarf nicht besonderer
Erwähnung. NSR fand in ihrer Studie "Disaster Recovery and Business Continuity via Satellite?
heraus, dass in den kommenden Jahren – auch durch den sich abzeichnenden Klimawandel – die
Bedeutung von Satelliten und VSATs für Ausfallsicherheit und die Bewältigung von Katastrophen
erheblich zunehmen wird, und prognostiziert der VSAT-Industrie ein hierdurch bedingtes starkes
Wachstum.
VSATs können helfen, solche Verluste zu verringern, da Satellitenverbindungen vollständig
redundant zu terrestrischen Verbindungen sind. Das Investment in das notwendige Equipment sowie in
Installation und Service rentiert sich angesichts der horrenden Kosten der Ausfallzeiten.
VSATs gewinnen gerade in den letzten Jahren an Bedeutung, da sie eine vergleichsweise einfache
und flexible Kommunikationsplattform darstellen, die sich schnell installieren lässt sowie durch
Digitalisierung und Fortschritte in der Leistungsfähigkeit der Elektronik wirtschaftlich
interessant wird. VSATs gibt es seit über zehn Jahren am Markt, derzeit sind weit über 500.000
Systeme im Einsatz. Die Hersteller von VSAT-Systemen und -Komponenten, Diensteanbieter und andere
Interessierte haben sich im "Global VSAT Forum" (GVF) zusammengeschlossen. Auf deren Website
www.gvf.org sowie in anderen einschlägigen Webressourcen finden sich weiterführende Informationen
zu allen Aspekten von VSATs.
Doch auch Router-Hersteller wie beispielsweise Cisco unterstützen diese Satellitentechnik:
Ausgangspunkt sind hier die modular aufgebauten Access Router der ISR-Familie (Integrated Services
Router). Neben der Basisfunktion des Routings bieten diese Geräte integrierte Sicherheitsfunktionen
(beispielsweise Firewall und Datenverschlüsselung) sowie die Anbindung drahtloser Geräte nach IEEE
802.11a/b/g. Darüber hinaus unterstützen die ISR-Router der 2800er- und 3800er-Reihe auch noch
IP-Telefonie durch Integration einer Callmanager-Express-Funktion sowie eine Vielzahl von
Netzschnittstellen, die als so genannte Netzwerkmodule erhältlich sind.
Im Juni 2006 stellte Cisco ein neues Netzwerkmodul für die modularen ISR-Router vor: Eine
VSAT-Indoor-Unit – ein Satellitenmodem, das sich in den Router integrieren lässt und somit als eine
zusätzliche Weitverkehrsoption die Kommunikation über Satelliten anbietet. Dieses Modul wurde in
enger Kooperation mit der Firma Gilat entwickelt (www.gilat.com) und arbeitet auf der Empfangsseite
("outbound") nach dem DVB-S-Standard, senderseitig ("inbound") wird ein von Gilat unter dem Begriff
Skyedge entwickeltes FTDMA-Verfahren verwendet. Bei diesem proprietären Zugriffsverfahren, das die
Ressourcenverteilung und -nutzung auf der VSAT-Seite regelt, handelt es sich um eine Kombination
von DAMA (Demand-Assigned Multiple Access) mit Zeit- (TDMA) und Frequenzmultiplexverfahren
(FDMA).
Für den Satellitenbetrieb ist zusätzlich zum VSAT-Modul ein Satellite Kit ("Satkit")
erforderlich: eine Outdoor Unit mit geeigneter Satellitenantenne sowie eine Stromversorgung für die
ODU. Router wird über Koaxialkabel an das Satkit angeschlossen.
Die wichtigsten Eigenschaften des IP-VSAT-Moduls sind:
Bidirektionale Sterntopologie, das heißt, Versand und Empfang erfolgen immer
zwischen einer zentralen Hub-Station und der Außenstelle/VSAT.
Das Modul arbeitet in den folgenden Frequenzbändern: C- und erweitertes C-Band
(4 bis 8 GHz) sowie Ku- und erweitertes Ku-Band (12 bis 18 GHz).
Bandbreite: 340 kBit/s bis 10 MBit/s in der "Outbound"-Richtung (also
Downstream vom Hub zum VSAT) sowie 60 kBit/s bis 1,5 MBit/s in "Inbound"-Richtung (Upstream vom
VSAT zum Hub des Providers).
Eingebaute TCP- und HTTP-Beschleunigung für eine verbesserte
Bandbreiteneffizienz – auch für verschlüsselte VPN-Verbindungen.
Reservierung dedizierter Bandbreite für hoch priorisierten Verkehr (DA – "
Dedicated Access", beispielsweise für Sprache).
Unterstützung dynamischer Routing-Protokolle (wie OSPF und EIGRP) sowie
Protocol Independent Multicast (PIM) über das Satellitennetz.
Das IP-VSAT-Modul wiegt zirka 350 Gramm und wird vom Router-Chassis mit Strom versorgt. Neben
der Kompatibilität mit den 2800er- und 3800er-Reihen der ISR-Familie lässt es sich aber auch in den
folgenden Routern verwenden: 2600XM, 2691 sowie die 3700er-Reihe der Cisco Access Router
(www.cisco.com/en/US/products/ps6989/index.html).
Für den Betrieb einer Satellitenstrecke in einem Unternehmensnetz benötigt der Anwender einen
geeigneten Satellite-Service-Provider (SSP). Dieser stellt nicht nur den eigentlichen
Kommunikationsdienst – also die bidirektionale Verbindung vom Hub zum VSAT sowie das Management der
Verbindungsressourcen – über eigene oder gemietete Transponder-Kapazitäten auf geostationären
Satelliten zur Verfügung.
In den meisten Fällen verkaufen oder vermieten SSPs auch die erwähnten Satkits und bieten eine
eventuell notwendige Inspektion der geplanten VSAT-Lokation (Überprüfung, ob der Satellit von dort
überhaupt erreichbar ist) sowie die Installation des Equipments als Dienstleistung an.
Üblicherweise teilen sich die von SSPs angebotenen Satellitendienste in zwei Kategorien:
"Always-on"-Verbindungen – also ein Dienst, der ständig genutzt werden kann,
beispielsweise für Load Sharing. Die Abrechnung erfolgt nach verwendeten Bandbreiten (und darin
eingeschlossenen Datenvolumina).
"On-Demand"-Verbindungen – solch ein Dienst ist prädestiniert für
Backup-Zwecke: Die Verbindung ist eingerichtet, wird aber nur bei Bedarf (wie dem Ausfall der
terrestrischen Anbindung einer Filiale) benutzt. Als Kosten treten hier ein monatlicher Grundpreis
für die Bereitstellung der Verbindung und das Management der VSATs auf sowie ein Entgelt für
tatsächliche genutzte Kapazitäten – meist gemessen an übertragenen Datenvolumina.
Wichtig ist, dass der SSP ein für das verwendete VSAT-Equipment zertifizierter Anbieter ist und
somit die im Hub des SSPs verwendete Technik kompatibel mit der des VSATs ist. Die deutsche Firma
Satlynx ist der erste europäische, für das IP-VSAT-Modul zertifizierte SSP (www.satlynx.com).
Das VSAT-Modul basiert vollständig auf IP und bietet die Möglichkeit, Satellitenverbindungen für
IP-basierende Daten-, Sprach- und Videokommunikation zu verwenden. Dadurch eröffnen sich vor allem
Großunternehmen und Behörden, aber auch kleinen und mittelständischen Unternehmen neue
Kommunikationsmöglichkeiten.
In vernetzten Konzernen mit vielen Außenstellen kann der Ausfall von terrestrischen
Netzwerkverbindungen durch (Natur-)Katastrophen oder andere Ereignisse (beispielsweise
Stromausfälle) mit erheblichen finanziellen Konsequenzen verbunden sein. Eine redundante
Absicherung der Weitverkehrsanbindung über ein Satelliten-Backup bietet hier eine kostengünstige
und breitbandige Alternative zu terrestrischen Netzen und erhöht die Verfügbarkeit der
Kommunikationsverbindungen zu den Filialen erheblich. Durch die Integration in den Router kann beim
Ausfall der terrestrischen Anbindung autonom und sofort auf die Satellitenverbindung umgeschaltet
werden. Ausfallzeiten und Datenverluste lassen sich so vermeiden.
Ferner erlaubt das IP-VSAT-Modul die schnelle und zuverlässige Herstellung von breitbandigen
Verbindungen zwischen Firmen- oder Behördenzentralen und abgesetzten temporären Einsatzgebieten wie
Baustellen oder Bohrinseln, aber auch zu Gebieten, die von Naturkatastrophen betroffen sind. Dies
konnte zum Beispiel im Sommer 2005 nach dem Hurricane Katrina in New Orleans eindrucksvoll
demonstriert werden: Ein Lösungsbündel (Instant and Mobile Integrated Communications Solution –
IMICS) aus Standardkommunikationsprodukten wie Switches, Router, drahtgebundene und drahtlose
IP-Telefone oder Wi-Fi-Hotspots wurde lokal vernetzt und mittels eines IP-VSAT-Moduls und einer
sich automatisch auf den Satelliten ausrichtenden Antenne (Auto-Acquisition Antenna) breitbandig an
die Einsatzleitung angeschlossen (siehe auch www.cisco.com/web/strategy/docs/gov/IMICSAt-
A-Glance.pdf). Diese Lösung lässt sich in einen normalen IATA-konformen Transportkoffer verpacken
oder fest montiert auf einem Wagen schnell und flexibel bei Notfällen zum jeweiligen Einsatzort
transportieren sowie innerhalb von etwa zehn Minuten über Satellit verbinden und einsatzbereit
machen.
Geostationäre Satelliten sind aber auch ein ideales Instrument, um große Datenmengen und "
streaming data" wie Livevideos mit großer Bandbreite an viele Empfänger beziehungsweise
Außenstellen eines Unternehmens gleichzeitig zu verteilen. Solche Szenarien bieten die Möglichkeit
der Übertragung von Livevideos und Audios von Firmeninformationsveranstaltungen, Trainings oder von
anderen Inhalten wie großen Dateien und Dokumenten, Video-on-Demand oder der Verteilung von
Software-Updates.
Ein VSAT-Modul für Router bietet die Möglichkeit, IP-basierende lokale Netze bidirektional und
breitbandig über Satelliten zu vernetzen. Durch die Integration in die Router und die Unterstützung
dynamischer Routing-Protokolle über die Satellitenverbindungen eignet sich diese Lösung besonders
als Backup zu terrestrischen Netzanbindungen und erhöht die Ausfallsicherheit. Auch in mobilen und
temporären Einsatzszenarien (beispielsweise Disaster Recovery) hat die Technik bereits ihre
Tauglichkeit demonstriert. VSAT stellt somit eine sinnvolle Ergänzung und zusätzliche
Weitverkehrsoption für modulare Router dar.