Optische Übertragungssysteme erforderten bis vor kurzem noch in jedem Verteiler- und Anschlusspunkt teure aktive Komponenten, die eine eigene Energieversorgung benötigten und sich durch massiven Platzbedarf auszeichneten. Im Zugangsnetz sind großflächige aktive Netze nur schwer realisierbar und auf lange Sicht unwirtschaftlich. Passive optische Netze sind hier die Lösung und für Metronetze hochinteressant. Doch welche Technik ist die sinnvollste?
Die Frage, wie am wirtschaftlichsten ganze Anschlussleitungsnetze mit Lichtwellenleitern zu
errichten seien, lief mit aktiven Systemen häufig ins Leere: Groß dimensi-onierte aktive optische
Verteiler einschließlich deren Energieversorgung standen gegen eine breit angelegte Versorgung
ganzer Anschlussbereiche mit optischen Leitungswegen. Diese waren nicht nur aufwändig zu
realisieren, sondern brachten auch hohe laufende Betriebskosten mit sich. Mithilfe passiver
optischer Netzwerke (PON) gibt es jedoch eine Lösung, die mit erheblich weniger aktiven
Komponenten, Platzbedarf und Wartungsaufwand auskommt. Sie ist in der Lage, die Verteilung der
Anschlüsse auf mehrere Benutzer auf rein optischer Ebene ohne aktive Elemente vorzu nehmen.
Der ursprüngliche Gedanke eines rein passiven optischen Access-Netzes sieht die Anbindung
einzelner Benutzer über individuelle Fasern vor, die bis in deren Häuser (Fiber to the Building,
FTTB) oder Wohnungen (Fiber to the Home, FTTH) verlegt werden. Hier sind die Lichtwellenleiter mit
Optical Network Terminals (ONTs) oder Optical Network Units (ONUs) angebunden. Netzseitig schließt
ein Optical Line Terminal (OLT) das optische Netz ab.
Optische Splitter teilen die vom OLT ausgehende Leitung auf mehrere Teilnehmeranschlussleitungen
auf. Diese Aufteilung erfolgt rein passiv. Die zu den Benutzern führenden Informationen werden
dabei in gleichem Umfang direkt an alle Teilnehmer gesendet, und die Teilnehmer können nur den
jeweils für sie bestimmten Inhalt decodieren (Downstream). Der Upstream hingegen ist
problematischer. Hier nämlich sind die individuellen Datenströme der einzelnen Benutzer in den
gemeinsam genutzten Lichtwellenleiter zwischen dem OLT und dem Optical Splitter einzukoppeln. Dabei
dürfen sich die Lichtsignale natürlich nicht gegenseitig beeinträchtigen.
Es existieren verschiedene Ansätze zur Aufteilung der optischen Anschlussleitung. Sie kann
konzentriert sternförmig oder mithilfe hintereingeschalteter, geografisch verteilter Koppler
erfolgen. Eine Stromversorgung ist hier nicht erforderlich. Genau dies zeichnet die passiven
optischen Netze aus und macht sie für große Infrastrukturen, die hohem Kostendruck gerecht werden
müssen, interessant.
Bei passiven optischen Netzen haben sich verschiedene Standards herausgebildet:
ATM-PON (APON),
Broadband-PON (BPON), ITU-T G.983.x,
Ethernet-PON (EPON), IEEE 802.3ah/IEEE 802.3av sowie
Gigabit-PON (GPON), ITU-T G.984.x.
Zudem entwickeln sich verschiedene Bestrebungen hin zu Wellenlängenmultiplex-Systemen
(Wavelength Division Multiplex PON, WDM-PON), die eine weitaus bessere Ausnutzung des optischen
Mediums versprechen als bisher standardisierte Lösungen.
APON basiert auf der ATM-Zellenstruktur, die durch einen speziellen Overhead erweitert wurde.
Das Verfahren erreicht dabei symmetrische Übertragungsraten von 155,52 MBit/s oder asymmetrische
Geschwindigkeiten von 622,08 MBit/s im Downstream und 155,52 MBit/s im Up-stream. Die erweiterte
Variante BPON sieht sogar Übertragungsraten von 622 MBit/s symmetrisch und 1024/622 MBit/s
asymmetrisch vor.
Zur Vermeidung von Kollisionen der Datenströme aus den angeschlossenen Benutzersystemen sendet
die OLT OAM-Zellen (Operations, Administration, and Maintenance) an die jeweilige ONU mit der
Erlaubnis, Daten zu senden. Dies stellt eine faire Aufteilung der Upstream-Ressourcen sicher.
Der Ansatz, Ethernet als Standard im Zugangsnetz zu etablieren, rührt aus dem Wunsch, schnell
und preiswert Zugangsnetze für die Etablierung von Triple-Play-Diensten und Business-Services zu
öffnen. Ethernet ist im Zugangsbereich heute das Transportprotokoll, auf das IP im Protokoll-Stack
aufsetzt. Im EFM-Standard (Ethernet in the First Mile) bietet sich die Möglichkeit, bestehende
aktive Kupfer- und Punkt-zu-Punkt-Glasfaser-Infrastrukturen zu nutzen. Daneben sind rein optische
passive Netze vorgesehen, auf denen Ethernet die Basis für die höheren Schichten bildet. EPON
basiert als Ethernet-Erweiterung auf einer Empfehlung des IEEE und nutzt die Funktionen, die im
EFM-Standard festgelegt sind.
Interessant ist bei EPON die spezielle Form der Punkt-zu-Multipunkt-Topologie. Auch hier erfolgt
die Verteilung an die jeweiligen Benutzer über passive optische Splitter. Zur Vermeidung von
Kollisionen kommt ein spezielles Protokoll, das Multipoint Control Protocol (MPCP) zum Einsatz.
Auf dem ersten Blick betrachtet erscheint EPON als eine herausragende Lösung, doch ist sie mit
verschiedenen Einschränkungen verbunden: EPON ist für die Betriebswellenlängen 1310 nm im Upstream
und 1490 nm im Downstream definiert. Splitting-Raten von bis zu 1:32 sind erreichbar, wobei die
Praxis in der Regel jedoch geringere Splitting-Verhältnisse vorsieht. Die symmetrische
Übertragungsrate von 1,25 GBit/s wirkt zunächst hoch, jedoch relativiert sich diese Sicht, wenn man
den recht erheblichen Protokoll-Overhead von rund 45 Prozent abzieht. Die Anschlussreichweite eines
1-GBit/s-EPON-Systems ist mit bis zu 20 km zwischen OLT und ONU angegeben. Japan und Südkorea
installieren derzeit EPON in großem Maßstab.
Gigabit-PONs bieten hohe Übertragungsraten von bis zu 1,25 GBit/s symmetrisch und bis zu
1,25/2,5 GBit/s asymmetrisch. Darüber hinaus unterstützen sie sowohl reinen ATM-Verkehr als auch –
eingekapselt in GEM-Frames (GPON Encapsulated Method) – IP, Sprache, Video sowie SONET/SDH in
nativer Form. GPON-Rahmen besitzen eine feste Struktur und eine definierte Länge von 125 µs. Die
von der ITU-T definierten Betriebswellenlängen sind im Downstream 1480 bis 1500 nm und im Upstream
1260 bis 1360 nm.
Viele Teile der Welt favorisieren GPON gegenüber EPON, wobei ein entscheidender Grund die
größere Effektivität im Verhältnis der Nutzdatenmenge zum Protokoll-Overhead ist: Während
EPON-Systeme einen Verlust von rund 45 Prozent aufweisen, liegt der Nutzdatenanteil bei GPON
deutlich über 90 Prozent. Das System lässt sich damit unter vergleichbaren Voraussetzungen
wirtschaftlicher betreiben.
Die parallele Übertragung von Daten in verschiedenen optischen Wellenlängen gestattet eine
bedeutend bessere Auslastung vorhandener Fasern, als sie bisherige Lösungen mit fest definierten
Wellenlängen erreichen können. Zudem lassen sich wesentlich sicherere Systeme entwickeln, wenn die
Netzabschlüsse in den Räumen des Kunden für jeweils individuelle Wellenlängen ausgelegt werden.
Dies bietet verschiedene Vorteile. So können Carrier die Bandbreiten individuell an die
Anforderungen des Kunden anpassen und problemlos weitere ONUs ergänzen oder außer Betrieb nehmen,
ohne komplexe Eingriffe in das Gesamtsystem – beispielsweise durch Umkonfiguration in der
protokollarischen Zugriffssteuerung – vornehmen zu müssen. Technisch lassen sich WDM-PONs in zwei
grundlegende Varianten realisieren: mit Aufteilung der gesamten optischen Energie wie beim
klassischen PON oder aber mit Aufteilung durch Selektion der einzelnen Wellenlängen.
In der ersten Variante ist der optische Splitter technisch am einfachsten realisierbar. Hier
wird die komplette Lichtenergie der gemeinsamen Faser auf alle ONUs aufgeteilt. Jede ONU empfängt
also das komplette Spektrum, wertet jedoch nur eine genau spezifizierte Wellenlänge aus. Die zweite
Variante basiert auf einem optischen Filter, so genanntem Arrayed Waveguide Grating (AWG). Am
Eingang des Bausteins wird das eintreffende Licht in sein Spektrum aufgefächert und über
verschieden lange, planare Lichtwellenleiter wieder an einem Punkt zusammengeführt. Dadurch
entstehen Interferenzeffekte, mit denen bestimmte Wellenlängen ausgelöscht, andere wieder verstärkt
werden.
Solche AWGs lassen sich zudem in optische Schalter und Multiplexer integrieren. Mit dem Einsatz
solcher optischer Filter im Splitter wird die ONU nur mit der für sie vorgesehenen Wellenlänge
beschickt. Die Lichtsignale anderer Wellenlängen erreichen sie nicht, wodurch ein zusätzliches Maß
an Sicherheit erreichbar ist. Es besteht jedoch die Möglichkeit, in periodischen Frequenzabständen
einzelne weitere Wellenlängen zu bereits genutzen Ausgangs-Ports zu routen.
Es gibt noch keine konkrete Standardisierung von WDM-PON, und die Techniken sind weitgehend noch
in der Entwicklung. Zwar sind bereits recht preiswerte Lösungen realisierbar, die Geschwindigkeiten
von 1 GBit/s pro Kanal bieten, jedoch sind technisch auch weitaus leistungsfähigere Systeme mit zum
Beispiel 4 bis 10 GBit/s pro Kanal möglich, die allerdings noch relativ teuer sind.
Bei diesen Betrachtungen bieten sich auf der Basis des WDM-PON hybride PON-Lösungen an, die das
WDM-PON mit den etablierten Grundtechniken EPON und GPON kombinieren. Allerdings sind auf
Standardisierungsebene noch verschiedene Vereinbarungen zu treffen, die insbesondere die Belegung
des Spektrums für den Up- und Downstream betreffen.
Derartige hybride PONs lassen neben dem Einsatz im Zugangsnetz auch weiterreichende Konzepte zu:
So erscheinen durch die Kombination des klassischen TDM/TDMA-Splittings (Time Division Multiplex
Access) mit dem WDM-Splitting über ein AWG Splitting-Raten von bis zu 1:1000 als realistisch. Unter
Einsatz von Verstärkern lassen sich zudem Distanzen von rund 100 km problemlos überwinden. Hybride
PONs werden deshalb auch im Backhaul von Metronetzen interessant.
In EPON- und GPON-Konzepten geht man per Definition von festen Wellenlängen für den Up- und
Downstream aus. Dies bietet auf der einen Seite der Industrie eine feste kalkulatorische Basis,
kompatible Baugruppen zu fertigen, was den Carriern Herstellerunabhängigkeit bei der Ausgestaltung
der Netze garantiert. Auf der anderen Seite engen definierte Wellenlängenbereiche die Optionen für
eine mögliche Skalierbarkeit deutlich ein. Allein aus dem immer weiter steigenden Bedarf an
Bandbreite auf Teilnehmerseite und den limitierten Kapazitäten der gemeinsam genutzten Faser
ergeben sich Grenzen in der Splitting-Rate. Diese liegen in der Regel bei 1:32 und bei steigenden
Anforderungen eher noch niedriger. Gründe dafür sind insbesondere in der erwarteten Nutzung
schneller Triple-Play-Services und mehrerer hochauflösender digitaler TV-Programme zu sehen.
Gleichzeitig sind jedoch auch fallende Endkundenpreise zu beobachten. Eine geringe Splitting-Rate
erfordert eine höhere Anzahl von Lichtwellenleitern zwischen dem OLT und dem Splitter und stellt
damit die Wirtschaftlichkeit des gesamten passiven optischen Systems in Frage.
Durch die Belegung mehrerer Wellenlängen des optischen Spektrums lässt sich jedoch ein einziger
Lichtwellenleiter parallel für mehrere Systeme nutzen. Der augenblicklich noch höhere Kostenaufwand
für optische Sender und Empfänger sowie für die passiven Filter- und Splittersysteme relativiert
sich schnell mit dem wachsenden Netzausbau und der steigenden Akzeptanz breitbandiger
Kommunikations- und Informationsdienste durch den Kunden.
WDM-PONs stellen deshalb mittelfristig eine wichtige Basis für ein wirtschaftlich und
gleichzeitig hoch leistungsfähiges optisches Anschlussleitungsnetz dar. Mehr noch: Die Möglichkeit,
sowohl im Wellenlängenbereich als auch im Zeitmultiplex zu "routen", eröffnet Betreibern von
Metronetzen zukunftssichere Optionen für die Errichtung schneller und kosteneffizienter
professioneller Netzwerke.
Während APON-/BPON-Systeme weitgehend an Bedeutung verlieren, können auch die derzeit fest
etablierten EPON- und GPON-Lösungen den zukünftigen Anforderungen der Kunden nicht gerecht werden.
Diese verlangen nach höheren Bandbreiten. Zudem ist davon auszugehen, dass die Kundenzahl allgemein
steigt und damit auch die Wirtschaftlichkeit von EPON/GPON als eigenständiger Lösung nicht mehr
gegeben ist. Erst die optimale Ausschöpfung des gemeinsam genutzten Lichtwellenleiters in all
seinen nutzbaren Wellenlängenbereichen eröffnet Perspektiven für eine preisgünstige und zugleich
hochwertige Ausgestaltung rein optischer Netzwerke. Dabei reichen die Netze ohne zusätzliche
Verwendung aktiver Komponenten bis in die Haushalte hinein. Splitting-Raten von theoretisch 1:1000
und überbrückbare Distanzen von bis zu 100 km sind Argumente, die diese Technik nicht nur allein im
ursprünglich angedachten Zugangsnetz interessant machen.