IBMs Strategie, neue Workload auf die großen Eisen zu locken, ist voll aufgegangen

Der Dinosaurier lebt: Etliche Unternehmen schaffen erstmals Großrechner an

8. Juli 2009, 22:58 Uhr |

Über 50 Anwender weltweit sind im vergangenen Jahr in die Systems-z-Welt eingestiegen. Vor allem kostengünstige Spezialprozessoren machen die großen Eisen auch für Unix- und Linux-User attraktiv. Über 60 Prozent der 2008 neu installierten Großrechnerkapazität wird demnach für Aufgaben verwendet, die auch unter Unix oder Linux erledigt werden könnten.

Lange Zeit sind Großrechner als die Dinosaurier der IT verspottet worden. Und hämische
Zeitgenossen fügten gerne hinzu, es müsse sich um Raubechsen handeln, die, wen sie einmal in ihren
Krallen haben, nie mehr loslassen. Inzwischen aber entschließen sich doch immer mehr Firmen, auf
die z-Series umzusteigen. Genauer gesagt: Es sind Unternehmen, die nicht ein Legacy-Problem mit
neuer Rechnerkapazität füttern, sondern sich aus freien Stücken dem vermeintlichen Raubsaurier
ausliefern.

Solche Neueinsteiger gibt es auch in Deutschland, allerdings kann IBM auf Nachfrage nur zwei
beim Namen nennen, den Finanzdienstleister EFiS Financial Solutions AG und das IT-Beratungshaus
Bearing Point, beide aus Frankfurt am Main. Bearing Point allerdings ist kein wirklicher Anwender,
sondern entwickelt lediglich für seine Kunden auf dem im vergangenen Jahr angeschafften Großrechner
Softwarelösungen. Die anderen hiesigen Neukunden von IBMs Mainframe-Sparte halten Details über ihre
Rechenzentrumsausstattung lieber geheim und möchten nicht bekannt werden.

Von 54 Neukunden weltweit, die 2008 in die Mainframe-Welt eingestiegen sind, schreibt Ian
Bramley vom Analystenhaus Software Strategies in einem vergangenen Monat veröffentlichten Vergleich
zwischen den High-end-Systemen von IBM und HP. Es handelt sich dabei offenkundig um eine von Big
Blue gesponsorte Kampfschrift gegen den Erzrivalen, deren Stärke nicht in der Objektivität, sondern
in der intimen Detailkenntnis liegt.

Nach den Zahlen der Untersuchung ist IBMs Strategie, ständig neue Workload auf die großen Eisen
zu locken, voll aufgegangen: Über 60 Prozent der 2008 neu installierten Großrechnerkapazität wird
demnach für Aufgaben verwendet, die auch unter Unix oder Linux erledigt werden könnten. "Moderne
Anwendungen, das Web-2.0-Umfeld sowie die Entwicklung zu dynamischen und serviceorientierten
IT-Infrastrukturen bringen die Stärken von Mainframes neu zur Geltung", interpretiert die deutsche
Plattformverantwortliche Uschi Wagner den Erfolg des Mainframes auf dem Standardrechnermarkt.

IBMs Lockmittel ist der Preis. Drei Spezialprozessoren hat der Konzern nacheinander eingeführt,
die IFL (Integrated Facility for Linux), den zAAP (Application Assist Processor) für Java und den
zIIP (Integrated Information Processor) für Datenbanken. Diese Verarbeitungseinheiten unterscheiden
sich von den General-Purpose-PUs durch ein bisschen Firmware und vor allem durch die niedrigeren
Lizenzkosten, die anfallen, wenn neue Workload darauf gefahren wird. Die verkaufte Kapazität dieser
Spezialprozessoren legte nach Bramleys Angaben im vergangenen Jahr um 68 Prozent zu.

Den absolut größten Brocken der neuen Workload bilden Linux-Programme. Die aktuell größten
Zuwächse verzeichnet Datenbank-Software, die auf dem jüngsten Spezialprozessor zIIP gefahren wird.
IBM hat 2008 mit Großrechnerhardware 11 Prozent mehr umgesetzt als im Jahr zuvor, berichtet
Bramley. Und die installierte Kapazität verachtfachte sich von 1,8 Millionen Mainframe-MIPS im
ersten Quartal 1997 auf 14,3 Millionen Ende 2008.

Unter Berufung auf IDC und Gartner hebt Bramley hervor, dass die z-Series auf dem
High-end-Server-Markt (definiert als jener für Systeme über 250.000 Dollar) gewaltig zugelegt hat.
Ihr Marktanteil hat sich demnach zwischen dem vierten Quartal 2000 und dem dritten 2008 nahezu
verdoppelt auf mittlerweile ein Drittel. Der Anteil von HP und Sun ist hingegen dramatisch
verfallen.

Das allerdings dürfte eher dem Umstand geschuldet sein, dass, was im Jahr 2000 High-end-Server
genannt wurde, heute beim Discounter zu bekommen ist. Von Mainframes im Niedrigpreissegment hat
hingegen noch nie jemand gehört. Und daran wird sich wohl trotz der heute unbestrittenen Modernität
der großen Eisen wohl auch kaum etwas ändern.

Auch bei Fujitsu ist man überzeugt, dass Mainframes nach wie vor aktuell sind. So unterstreicht
Joseph Reger, Chief Technology Officer bei Fujitsu Technology Solutions, den Beitrag des neuen
Betriebssystems – die Version 8.0 von BS2000/OSD – zur Zukunftssicherheit der IT-Infrastrukturen in
Rechenzentren; "Mit der neuen und unseren Mainframes profitieren Anwender von einer
zukunftssicheren Technologie, die den Anforderungen moderner IT-Infrastrukturen voll gerecht wird."

Wesentlich sei hier, dass das Betriebssystem mainframe-typische Eigenschaften wie hohe
Transaktionsleistung, Skalierbarkeit, Verfügbarkeit sowie Ausfallsicherheit, die die Grundlage für
reibungslose und sichere Abläufe im Data Center schaffen, unterstütze, so reger: Die neue
BS2000/OSD-Version unterstützt neben den BS2000-Mainframes der S- und SX-Serien auch die neuen
SQ-Business-Server, die auf High-End-Intel-Prozessoren basieren. Als Innovationen preist FTS eine
vereinfachte Steuerung sowie den hochautomatisierten Betrieb der Systeme sowie die erweiterten und
verbesserten Funktionen zur Integration von Speicherlösungen an.

Achim Killer/CZ

Über 50 Anwender weltweit sind im vergangenen Jahr in die Systems-z-Welt eingestiegen, die
vielen als "Dinosauriertechnik" aus dem 20. Jahrhundert gilt. Bild: IBM


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