Das Schlagwort "Unified Communications and Collaboration" zählt zu den aktuellen Topthemen in der IT. Trotz mancher positiven Entwicklungen scheint der Weg von traditionellem Fax und E-Mail hin zu integrierten Kommunikationslösungen mit Voice, Instant Messaging oder Web-Conferencing aber immer noch lang zu sein. Dies mag auch daran liegen, dass die Innovationen im Kommunikationsbereich oft schneller voranschreiten als die Konsolidierung der Produktlandschaft.
Als das Thema Unified Communications (UC) vor etlichen Jahren aufkam, ging es vor allem darum,
klassische Festnetztelefonie, Fax und E-Mail zu in konvergenten Netzen zusammenzuführen. Der
technische Ausgangspunkt war also Unified Communications, der heute oft verwendete Zusatz "and
Collaboration" folgte erst später.
Seit den Anfangstagen der Konvergenz hat sich viel getan. Voice over IP (VoIP) ist inzwischen
etabliert, sowohl auf der Ebene zentraler Lösungen wie den Telefonanlagen in Unternehmen als auch
mit dezentralen Lösungen für Privatanwender wie Skype oder Gizmo. Dazwischen angesiedelt sind reine
Dienstleistungs- und Outsourcing-Angebote wie virtuelle IP-basierenden TK-Anlagen im Internet.
Zunehmend mehr Bedeutung erlangen inzwischen auch Echtzeit-Kommunikationslösungen wie
Web-Konferenzen, die eine Vielzahl von Unternehmen anbietet wie etwa Microsoft, Cisco/Webex, Citrix
oder Netviewer – um nur einige zu nennen.
Speziell im Bereich von Kollaboration und Teamwork sind neue Trends zu verzeichnen. Neben die
klassischen "Groupware"-Ansätze treten Lösungen für die Online-Zusammenarbeit, wie sie etwa
Microsoft mit
Groove anbietet
oder auch das Schweizer Unternehmen Collanos (
www.collanos.com). Zudem hat auch
Instant Messaging für eine direkte Kommunikation im professionellen Umfeld an Gewicht gewonnen.
Hinzu kommt im Unternehmensbereich der Integrationsbedarf für eine wachsende Zahl mobiler Endgeräte
für UC wie Handy, Blackberry und Notebook, die bei vielen Mitarbeitern heute eher die Regel als die
Ausnahme darstellen. Dabei gilt es für die Benutzer häufig auch, beispielsweise mit mehreren
E-Mail-Postfächern und -Anwendungen parallel umzugehen.
Auch die zahlreichen sozialen Netzwerke mit ihren eigenen Kommunikationsmöglichkeiten können
nicht unberücksichtigt bleiben und erhöhen die Komplexität: Wie lassen sich beispielsweise
Xing-Nachrichten in einen UC-Ansatz einbinden? Lösungen scheitern dabei oft schon durch die
proprietäre Struktur solcher Netzwerke und den Mangel an Schnittstellen. All dies zeigt, dass heute
wesentlich mehr Kommunikationskanäle als noch vor wenigen Jahren existieren, die Herausforderungen
im Bereich UC damit aber auch gestiegen sind – und zwar sowohl für den Benutzer als auch im
Backend. Dabei ist es in den wenigsten Fällen gelungen, die Kommunikation für Endanwender
tatsächlich zu vereinfachen, obwohl genau dies das hehre Ziel ist, das UC-Ansätzen erreichen
wollen.
Damit stellt sich aber auch die Frage, wie erfolgreich UC-Ansätze überhaupt sein können. Der
Versuch, wirklich alle Kommunikationskanäle zu bündeln, stellt eine kaum zu lösende Herausforderung
dar. Vielmehr geht es darum, die Komplexität zumindest so weit zu reduzieren, dass sich Anwender
nicht in erster Linie mit dem Management der Kommunikation beschäftigen muss – angefangen von der
E-Mail-Weiterleitung an andere Postfächer bis hin zum Erlernen und zur Bedienung all der einzelnen
Kommunikationskanäle.
Entsprechend gilt es, die Herausforderungen sowohl des Betriebs der Backend-Systeme als auch des
Deployments von Client-Komponenten beherrschbar zu machen. Schon das Management der mobilen
Endgeräte ist für viele Unternehmen eine auch heute noch ungelöste Herausforderung. Schnell ergibt
sich daraus ein Sicherheitsrisiko, wenn sensible Daten wie vertrauliche E-Mails oder andere auf
diesen Geräten gespeicherte Informationen gefährdet sind. Da es in vielen Fällen nicht möglich ist,
zu einer Ideallösung für Kommunikation und Kollaboration zu gelangen, gilt es hier zu fokussieren
und an den Punkten anzusetzen, an denen sich für ein Unternehmen nennenswerte Fortschritte erzielen
lassen.
Bei großen Unternehmen besitzt die Konsolidierung im Backend im Rahmen einer UC-Strategie einen
hohen Stellenwert. VoIP-basierende Telefonanlagen, die sich mit anderen Kommunikationsdiensten
verknüpfen lassen, gewinnen hier deutlich an Bedeutung. Den Markt adressieren dabei sowohl Anbieter
wie Microsoft, die aus dem klassischen Messaging kommen, als auch Hersteller wie beispielsweise
Siemens, deren Historie in der Festnetztelefonie liegt. In diesem Bereich spielen einerseits die
Offenheit der Lösungen für unterschiedliche Kommunikations- und Kollaborationstechniken eine
zentrale Rolle und andererseits der koordinierte Übergang zu – respektive die Koexistenz mit –
vorhandenen Installationen speziell aus dem Segment der Telefonie.
Eine indirekt mit dem Thema UC verbundene Herausforderung ist für Unternehmen das bereits
angesprochene Management mobiler Endgeräten. Es ist sowohl aus Gründen der Sicherheit als auch des
Kosten-Managements unverzichtbar, diese Geräte zumindest zu kennen und zentral verwalten zu können.
Dennoch ist dieses Problem bei sehr vielen Unternehmen noch nicht adäquat gelöst. Die
Herausforderung reicht allerdings noch ein Stück weiter: Es geht nicht nur darum, die einzelnen
Geräte zu kennen, sondern auch darum, deren Variantenvielfalt einzuschränken sowie Regeln für die
Kommunikation und Kollaboration aufzustellen. Geschäftliche E-Mails, die Mitarbeiter beispielsweise
über private Web-Mail-Accounts versenden, sind aus dem Blickwinkel der Compliance durchaus kritisch
zu sehen. Auch das Agieren von Anwendern beispielsweise in sozialen Netzwerken – soweit sie dort
als Mitarbeiter eines Unternehmens auftreten – stellt ein brisantes Thema dar. Dieses ist zudem
angesiedelt in einem Grenzbereich zwischen Datenschutz, Betriebsrat, dem Wunsch nach einer
flexiblen Kommunikation und den entgegenstehenden Kontrollanforderungen, was zwangsläufig zu
Diskussionen führt. Klare Richtlinien sind dennoch unverzichtbar, um Probleme bei Kosten,
Sicherheit, Management und Compliance zu vermeiden.
Grundsätzlich bietet es sich bei größeren Unternehmen an, die Entwicklung der UC-Strategie
einerseits an den vorhandenen zentralen E-Mail-Plattformen und andererseits an den bestehenden
Lösungen für die Telefonie auszurichten. Denn diese Komponenten sind häufig fest vorgegeben und
wären zudem – wenn überhaupt – nur mit erheblichem Aufwand austauschbar.
Im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) können hingegen integrierte Lösungen durchaus
interessant sein. Dass allerdings auch dort Richtlinien für die Kommunikation sowie ein Management
der mobilen Endgeräte erforderlich sind, steht außer Frage. Gerade im KMU-Umfeld spielen jedoch
auch virtuelle IP-TK-Anlagen eine wichtige Rolle – womit allerdings die Frage Unified
Communications letztlich noch nicht beantwortet ist. Ein interessanter Lösungsansatz kommt
beispielsweise von Translumina Networks (www.translumina.ch), die in Verbindung mit Collanos
zumindest das Thema Telefonie und Kollaboration adressieren. Die klassische E-Mail-Kommunikation
bleibt dabei jedoch außen vor. Allerdings spricht viel dafür, dass sich das Angebot integrierter
Lösungspakete für das KMU-Segment in Zukunft deutlich ausweitet. Denn sowohl auf der Basis von
Appliances als auch mit gehosteten Lösungen lässt sich eine Menge realisieren. Hier liegt sicher
auch ein interessanter Marktbereich für klassische Telekommunikationsanbieter, die ihr Potenzial
bei der Vereinheitlichung von Kommunikation und Kollaboration noch längst nicht ausschöpfen.
Trotz etlicher interessanter Lösungsansätze, bleibt dennoch festzuhalten, dass aus der Sicht des
Anwenders die Entwicklung hin zu einer vereinheitlichten Kommunikation nur sehr langsam
fortschreitet. Die Vereinfachung, die sich durch die Bündelung von E-Mail, Sprachbox, Fax und
vielleicht auch noch Instant Messaging erzielen lässt, wird häufig durch ein Mehr an neuen,
zusätzlichen Kommunikationsformen kompensiert. Hingegen lässt sich im Backend-Bereich mit dem, was
es heute an Optionen zur Verfügung steht, doch einiges an Konsolidierung erreichen. Die Konvergenz
von klassischem Messaging und VoIP-Kommunikation schreitet munter voran und erleichtert
durchgängige Ansätze im Backend zumindest für die wichtigsten Kommunikationskanäle. Dies ist somit
auch ein schlüssiger Ansatzpunkt für Investitionen in UC. Über die reine Konsolidierung hinaus
spielen dabei auch Aspekte wie ein vereinfachtes Management der Netze eine wichtige Rolle.
Klar ist, dass Unternehmen heute keine isolierte Entscheidung mehr für eine E-Mail-Plattform
treffen werden. Diese muss stets im UC-Kontext fallen, also mit Blick auf die Unterstützung und
Integration unterschiedlicher Kommunikationskanäle. Eine Entscheidung zwischen beispielsweise
Microsoft Exchange, IBM/Lotus Domino, Novell Groupwise oder eventuell der einen oder andere
Open-Source-Alternative wäre – für sich allein – zu kurz gegriffen. Denn sie lässt sich nur im
Rahmen einer darüberliegenden UC-Strategie treffen, in die sich diese Lösungen ebenso integrieren
müssen wie andere Ansätze für die Kommunikation. Der Ausgangspunkt für eine Entscheidung kann also
nicht mehr das Messaging-System sein, sondern die Gesamtsicht auf UC. Auch wenn E-Mails immer noch
eines der wichtigsten Elemente in der Unternehmenskommunikation darstellen, sind sie doch als Teil
des Ganzen zu betrachten. Andererseits bilden die etablierten E-Mail-Plattformen natürlich auch
einen wichtigen Eckpunkt, den eine UC-Strategie einbeziehen muss. Es gilt daher im Vorfeld einer
UC-Entscheidung die Frage zu klären, ob die vorhandenen Systeme die Anforderungen, die das
Unternehmen an Unified Communications stellt, sinnvoll erfüllen können oder ob gegebenenfalls ein
Wechsel in Betracht zu ziehen ist.
Inzwischen hat sich auch das Hosting, also sozusagen "UC in the Cloud", zu einem wichtigen Thema
entwickelt. In einigen Applikationsbereichen sind Hosting-Lösungen sogar eher die Regel, wie
beispielsweise beim Web-Conferencing oder bei Online-Kollaborationslösungen wie Microsoft Groove
oder Collanos. In anderen Segmenten, sowohl bei den klassischen Messaging-Lösungen als auch
beispielsweise für Microsoft Sharepoint oder bei den virtuellen IP-TK-Anlagen, stellen sie
zumindest eine Option zum Betrieb im eigenen Unternehmen dar. Die Herausforderungen sind dabei
allerdings nicht zu unterschätzen. Definierte Service-Levels, das Management solcher Umgebungen,
die Anpassungsfähigkeit der Systeme und die Integrationsmöglichkeiten zwischen Lösungen
unterschiedlicher Service-Anbieter sind ebenso zu bedenken wie etwa rechtliche Probleme bei
Lösungen, die im Ausland – beispielsweise in den USA – gehostet werden.
Gerade bei gehosteten Lösungen wird der Anwender oft nicht das gleiche Maß an Flexibilität
erleben wie bei Systemen, die er im eigenen Netzwerk betreibt. Allerdings ist in Hinblick auf die
theoretische Vielfalt von Unified Communications auch zu bedenken, dass weniger oft mehr ist. Denn
Kommunikation ist immer noch ein Mittel zum Zweck. Sie muss sowohl für den Endanwender als auch für
den Betreiber beherrschbar bleiben.
Dies sollten die Verantwortlichen sowohl bei der Konzeption der UC-Strategie als auch bei den
Richtlinien für die Kommunikation und bei den Antworten auf die häufigen Forderungen nach neuen
Arten von Endgeräten und Kommunikationskanälen berücksichtigen. Eine Strategie, die sich auf wenige
Kernelemente der Kommunikation fokussiert und diese optimal integriert, ist mehr wert als
Teillösungen in vielen Bereichen. Und nicht jedes neue verfügbare Endgerät, jede neue VoIP-Lösung
im Internet oder jedes soziale Netzwerk mit eigenen E-Mail-Funktionen sind aus Unternehmenssicht
auch wirklich notwendig und sinnvoll. Solche Beschränkungen werden sich allerdings nur dann
umsetzen lassen, wenn sie auch von den Führungskräften vorgelebt werden.
Zusammenfassend bleibt beim Blick auf das Thema Unified Communications zu konstatieren, dass
zwar viele sinnvolle Entwicklungen existieren, die Unternehmen in Teilbereichen bei der
Vereinheitlichung von Kommunikation und Kollaboration voranbringen. Dem eigentlichen Ziel der
Vereinfachung sind die Anwender in den vergangenen Jahren jedoch nicht wirklich nähergekommen, da
zugleich die Zahl der Kommunikationsformen und -kanäle stark gestiegen ist.