CRN: Bislang gilt NFV noch weitgehend als Thema, das von den großen Providern getrieben wird. Sehen Sie NFV auch als interessantes Thema für klassische Enterprise-Unternehmen?
Jokiaho: NFV ist eine von mehreren digitalen Technologien, um Services und Applikationen effizienter von einer gemeinsamen Plattform aus bereitzustellen. Einige Unternehmen nutzen bei der Digitalen Transformation sowohl Network-Functions-Virtualization- als auch Software-Defined-Networking-Technologien. Sie können solche Lösungen in ihrem Rechenzentrum betreiben oder innovative Business-Services ihrer Telekommunikations- und ISP-Partner nutzen, die schneller und kostengünstiger implementiert werden können.
Durch die Kombination von NFV und 5G können Unternehmen von ihren Netzbetreibern eine kosteneffiziente Bereitstellung von sicheren, personalisierten digitalen Services und Applikationen erwarten. Anwender werden außerdem von einem stärker verteilten Bereitstellungsmodell profitieren, das aktuell noch nicht verfügbar ist. Das technologische Fundament für die Digitale Transformation in Unternehmen stellen Multi-Access Edge Computing, DevOps sowie Continuous-Integration- und Continuous-Development-Ansätze in einem Open-Source-Modell bereit. Unternehmen sind damit in der Lage, innovative Anwendungen für Augmented und Virtual Reality, das Internet of Things, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zu erstellen.
CRN: Welche Netzwerkfunktionen werden bereits häufig virtualisiert?
Jokiaho: In der Praxis haben sich die Netzbetreiber auf folgende Anwendungsszenarien konzentriert:
● Mobile VPN, um einen kontinuierlichen Service bereitzustellen, damit Benutzer nahtlos zwischen Zugangstechnologien und mehreren Public und Private Networks wechseln können;
● Virtual Evolved Packet Core, kurz EPC, mit dem Carrier und Service Provider bei Bedarf innerhalb von Wochen statt Monaten ein neues Mobilfunknetz erstellen können;
● Virtual Customer Premises Equipment, kurz vCPE, bei dem Netzwerkdienste an Unternehmen geliefert werden, die Software statt dedizierter Hardware (wie Routing, Firewall-Sicherheit und Virtual Private Network Connectivity) verwenden.
Über diese Anfänge hinaus bewegt sich die Cloudification in Richtung Funkbasisstationen - ein technisch und kommerziell anspruchsvolleres Anwendungsszenarium. Einige der großen Telekommunikationsunternehmen haben Projekte gestartet, die sich in den nächsten zwei bis drei Jahren weiterentwickeln werden.
Der nächste Schritt in Richtung 5G ist Cloud RAN (Radio Access Network) – die Virtualisierung des Funkzugangsnetzes, einschließlich Multi-Access Edge Computing (MEC).
Während sich NFV heute auf die Virtualisierung physischer Funktionen konzentriert, wird NFV in Zukunft durch Automatisierung ergänzt, sodass die Verwaltung und Skalierung der Funktionen automatisch in der Cloud erfolgt.